Читать книгу Der Dynamitkönig Alfred Nobel - Rune Pär Olofsson - Страница 12

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»Ein störrischer Esel ist ein Wunder an Willfährigkeit, verglichen mit Ihnen, Vater!«

»Und du bist eine diebische Elster, Alfred. Ich war es und nicht du, dem zuerst eingefallen ist, Nitroglyzerin mit Pulver zu mischen. Jetzt versuchst du, das Patent für eine Entdeckung zu bekommen, die nicht die deine ist!«

Alfred traute seinen Ohren kaum. Plötzlich bekam er keine Luft mehr und krümmte sich, während er sich zu beruhigen suchte.

Wie konnte er Vater überzeugen? Wenn doch Mutter zu Hause wäre! Doch sie stand wieder einmal hinter dem Ladentisch ... Emil – vielleicht konnte Emil ihn zu Verstand bringen? Doch Emil studierte am Technologischen Institut und wohnte in der Regeringsgatan in der Stadt drinnen. Er hatte hier in dem engen Heleneborg keinen Platz, wo Immanuel und Andriette sich das Haus mit einem Kesselschmied und seinem Gehilfen mit Frau und fünf Kindern teilten.

Heleneborg – ein äußerst schäbiges Vorstadtgebäude in Söder. Noch einmal im Viertel der Tabakspinner! Immanuel und Alfred saßen in dem kleinen Schuppen auf dem Hof, der Vaters Laboratorium genannt wurde ...

Wie merkwürdig, daß auch Emil die Begeisterung für die Chemie teilte! Für diese Mixtur aus Magie und Unerbittlichkeit.

Alfred hatte bisher weder die Mutter noch den Bruder sprechen können. Er war mit dem Frühschiff angekommen, um diesen notwendigen Blitzbesuch bei seinem starrköpfigen Vater abzustatten. Doch wenn ihr Zusammensein weiter auf diese Weise verlief, würde er sofort wieder nach Petersburg zurückkehren – nur Mutter wollte er noch umarmen! Emil war gegen Abend zu erwarten, falls er Alfreds Nachricht überhaupt rechtzeitig erhalten hatte und sich freimachen konnte. Gleich nach dem gelungenen Experiment in Ludwigs Kanal hatte Alfred einen Brief an Immanuel geschrieben und ihm davon berichtet. Um die Zensur auszuschalten und den Transport zu beschleunigen, war er zum Hafen hinunterspaziert und hatte ein Schiff ausfindig gemacht, das nach Stockholm fahren sollte. Nur einige Tage darauf hatte er ein ebenso enthusiastisches Schreiben vom Vater erhalten: Er habe eine Mischung aus Pulver und Nitroglyzerin hergestellt, die zwanzigmal stärker als gewöhnliches Schwarzpulver sei! Alfred solle sofort zu General Totleben gehen und ihm davon berichten: Die Entdeckung habe größte Bedeutung für Rußland! Alfred begriff, daß Vater auf der falschen Fährte war: Er hatte das Nitroglyzerin weiter auf die alte, erfolglose Weise mit dem Pulver gemischt und das Neuartige an Alfreds getrennten Ladungen nicht erkannt.

Er beschloß, umgehend nach Stockholm zu reisen. Er wollte wenigstens sehen, wie Vater zu Werke gegangen war, um den angeblich wirksamen Sprengstoff herzustellen. Zugleich konnte er im Detail berichten, wie er selbst vorgegangen war. Offenbar hatte er sich in seinem Brief zu knapp ausgedrückt. Und jetzt das! Immanuel war gänzlich uneinsichtig. Er sah überhaupt keinen Unterschied zwischen Alfreds Methode und der seinen. Ja, nun beschuldigte er Alfred sogar, ihm die Entdeckung gestohlen zu haben!

Alfred hatte gehofft, während seines Aufenthalts in Stockholm ein Patentgesuch beim Kommerzkollegium einreichen zu können. Doch nun war seine ganze Kraft bei diesem unsinnigen Streit aufgebraucht worden.

Hin und wieder hatte er in den vergangenen Jahren begeisterte Briefe von Immanuel erhalten über dessen Erfolge beim schwedischen Militär mit seinen Minen, und wer weiß was sonst noch alles. Einmal trafen Zeitungsausschnitte ein über gelungene Demonstrationen auf Djurgårdsbrunnsviken, dann wieder umfangreiche Artikel, die Immanuel für ›Aftonbladet‹ geschrieben hatte: Darin schilderte er seine Minen als die Rettung Rußlands im Krimkrieg ...

Alfred hatte sie zerstreut, doch mit immer größerer Beklemmung gelesen. Der Vater war aus dem Gleichgewicht geraten. Er kämpfte um seine Existenz – und wie sollte er da im Gleichgewicht sein können! Aus all seinen Plänen war nach der Rückkehr nach Schweden nicht das geringste geworden.

Alfred wagte es erneut, einen Blick auf den Vater zu werfen. Das ergraute Haar stand wie Schneegestöber um die hochrote Stirn. Seit Alfred die Luft weggeblieben war, hatte Immanuel geschwiegen. Alfred hörte nur seinen schweren, erregten Atem. Vielleicht glaubte Vater, er habe sich seinem harten Urteil gebeugt, hätte dem nichts entgegenzusetzen.

Er beschloß, noch einmal zu versuchen, den Vater von seinem Irrtum abzubringen.

»Vater«, begann er, »Ihre Experimente waren doch nur äußerst oberflächlich, das wenigstens müssen Sie doch zugeben. Über dieses Bleirohr dort sind die Versuche doch nicht hinausgekommen und also nicht in größerem Umfang erprobt worden. Dennoch haben Sie diese falschen Vorspiegelungen gemacht und wollten mich zu General Totleben schicken – ohne eine gesicherte Faktengrundlage, ohne auch nur auf eine einzige Versuchsreihe verweisen zu können. Hieße das nicht, den Namen Nobel unnötigerweise in Mißkredit zu bringen? Lassen Sie uns doch auf jeden Fall die Versuche unter realistischen Bedingungen wiederholen und ...« »Ich habe eine Unmenge Versuchsreihen durchgeführt«, unterbrach ihn Immanuel, »ich weiß, wovon ich rede! Deine sogenannte Methode ändert an der Sache nichts. Du kommst mit Extrakunststückchen, die ich ...«

»Extrakunststückchen! Vater, ich kann Ihnen Schritt für Schritt erklären, wie meine Methode funktioniert und auch, warum – doch Sie wollen ja nicht einmal zuhören.«

»Ich höre keinem Dieb zu!«

Alfred ließ die Hände auf die Knie sinken. Er erhob sich mühsam.

»In dem Fall haben wir uns nichts mehr zu sagen ... Darf ich noch erfahren, wo Mutters Laden liegt?«

»In der Renstiernagatan«, murmelte Immanuel. »Das habe ich doch schon erwähnt.«

Alfred nahm sein Reisegepäck und berührte die Hutkrempe. Er sah Vaters Hände auf dem Lederschurz zittern.

Der Dynamitkönig Alfred Nobel

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