Читать книгу Der Normannenfürst - Rune Pär Olofsson - Страница 10

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So trafen sie aufeinander, Rollo und Popa.

Am Anfang entsetzte sie sich viele Male: Was war in sie gefahren, dass sie sich beinahe ungenötigt mit den Normannen eingelassen hatte? Was würden ihr Vater und ihr Bruder und andere Verwandte denken, wenn die erfuhren, was sie getan hatte? Sicher meinten die, sie hätte lieber den Tod wählen sollen, als sich einem Heiden und Feind ihres eigenen Volkes und Landes als Buhle zu geben. Außerdem war der mehr als doppelt so alt wie sie.

Die einfache Wahrheit war, sie wollte ihn haben - und er sie. Eine Antwort, welche wohl vor ihren Verwandten nicht gelten würde ... Doch wessen Fehler war es, dass sie in Bayeux zurückgelassen wurde?

Auf dem Weg von Bayeux nach Rouen - „Adieu Bayeux!“ - hatte sie den Mönch so viel, wie sie wagte, ausgefragt. Denis hieß er, wie der Schutzpatron des Frankenreiches, und kam von Jumièges. Der Mönch war von seltsamer Art, und sie glaubte erst, seine Schweigsamkeit käme aus einem moralischen Grund: In seinen Augen musste sie eine Sünderin sein, zumindest eine werdende. Recht bald fand sie, Denis war von Natur aus bitter, wenn auch auf seinen Erlebnissen beruhend. Dass er Dänisch konnte, hing damit zusammen, dass er Sklave eines dänischen Häuptlings war, der dann ein mächtiger Herr beim dänischen König im östlichen England wurde. An und für sich hatte er es nicht so schlecht am dänisch-englischen Hof. Sein Herr hatte ihn an König Gudrum verschenkt, der sich nach seiner christlichen Taufe Adelstan nennen ließ, und dieser ungelehrte König hatte Denis als Schreiber benutzt. In Franreich waren seine Frau und seine Kinder zurückgeblieben, und während seiner Jahre in England hatte er nicht gewusst, ob sie lebten oder nicht.

„Aber dann kam Rollo nach England“, berichtete Denis. „Am Anfang war es wohl so und so mit der Freundschaft zwischen ihm und dem König. Aber nach einem Plünderungszug entlang der Küste des Kontinents kam Rollo mit großen Reichtümern zurück. Und was noch besser war: mit einem richtigen Heer, welches sich an Adelstanes Seite gegen andere englische Könige schlug. Danach stand Rollo hoch in der Gunst. Der König wollte, dass Rollo als Jarl in seinem Reich verbleiben sollte, aber Rollo lehnte dankend ab; aus einem gewissen Grund glaubte er, sein Glück würde auf ihn in Frankreich warten.“

„Ist Rollo getauft?“, wollte sie wissen.

„Nein, nur primgesegnet. Unterbreche mich nun nicht, nachdem ich in Gang gekommen bin, auf deine vielen Fragen zu antworten. Kurz und gut, Rollo fasste Zuneigung zu mir. Vielleicht war es, weil ich ein wenig Dänisch konnte, vielleicht hatte er Nutzen davon, was ich vom Land um die Seine herum zu berichten wusste. Als er hierher von dannen zog, bat er den König, mich freizukaufen und mit sich nehmen zu können. Wie du bemerkt hast, bin ich so eine Art Dolmetscher für ihn. Er ist ein guter Mann, mitten in seinem heidnischen Unverstand - möge St. Denis mit ihm sein auf allen seinen Wegen. Und mit dir auch; ich glaube, du wirst ihm Segen bringen.“

Sie verstummte beinahe vor Verwunderung.

„Ich dachte, du würdest mich verachten“, antwortete sie schließlich.

Denis schüttelte mit dem Kopf. Als er nichts weiter herausbrachte, versuchte sie es erneut mit einer Frage:

„Aber wenn nun der englische König getauft und Rollos Freund ist, weshalb überredete er da nicht Rollo, sich taufen zu lassen?“

Denis schüttelte erneut seinen Kopf, zog eine Zwiebel heraus und begann davon zu essen.

„Das sollst du versuchen, selbst herauszufinden", schlug er vor. „Rollo mag es merkwürdigerweise nicht, darüber zu reden. „Das hat Zeit." antwortet er, wenn ich ihm zusetze. Ich glaube, er rechnet damit, sich eine Art Vorteil von einem hohen Herrn zu verschaffen, wenn er sich taufen lässt - vielleicht vom fränkischen König sogar. Aber er ist kein Heide schlecht und recht und überhaupt kein Feind der christlichen Kirche. Im Gegenteil, als er von seinem flandrischen Zug kam und bei Jumièges an Land ging, hatte er die Reliquien von St. Hameltrudis bei sich und legte diese auf den Altar von St. Vaas. Und er hat heilige Träume gehabt – aber über die soll er selbst berichten, wenn er meint, sie sollten berichtet werden."

Heide und doch nicht ... Sie brachte es nicht zusammen. Das war genauso schwer erklärbar wie, dass sie hier in Rollos Boot saß, auf dem Weg, seine Geliebte zu werden.

„Jumièges“, erinnerte sie sich. „Hast du etwas über die Deinen erfahren?“

„Ja und nein“, antwortete er kurz und schwieg dann. Denis hatte für dieses Mal genug geredet. Auf ihre nächste Frage antwortete er gar nicht und dann setzte er sich woanders hin.

An der nächsten Flussmündung lag eine Flotte normannischer Schiffe, und diese schlossen sich nun Rollos Schiffen an. Aus dem fröhlichen Gespräch zwischen den Booten zog sie den Schluss, dass auch diese Männer beim Überfall auf Bayeux dabei gewesen waren. Sie fragte Denis, und dieser bekräftigte ihr Raten mit einem Nicken. Also waren sie im Gegensatz zu dem, was Bayeux erwartet hatte, mit ihren Entertreppen über den Landweg gekommen ...

Popa war noch niemals so weit ostwärts bis zur Seinemündung gewesen. Wie gewöhnlich warteten die Schiffe die Flutzeit ab und ritten auf dem Rücken der Flutwelle die Seine hinauf; sonst hätte man gegen den Strom rudern müssen. Von Booten hatte Popa wenig Ahnung, aber diesen Kniff konnte sie nicht genug bewundern!

Von der Seinemündung und ein gutes Stück aufwärts lief die Flussrinne gerade und breit durch eine flache Landschaft; man fand dort nicht viel, was das Auge erfreute. Aber jetzt machte der Fluss eine scharfe Wendung und die Hänge wurden steiler, immer grüner, immer blühender. Das war schön! Sie erhob sich, stellte sich an die Reling und nahm mit all ihren Sinnen auf, was sie sah, hörte und fühlte. Ein gellender Pfiff ließ sie sich nach achtern wenden. Es war Rollo, der mit den Fingern im Mund von seinem Platz oben auf dem lyfting gepfiffen hatte. Er winkte sie zu sich und sie kam. Dann hob er sie zu sich herauf, setzte sie sich auf seine Knie und hielt sie um ihre Mitte. Seine freie Hand machte einen weiten Bogen.

Ja, sie sah. Der steile Kalkfelsen, der Steilhang leuchtete zwischen üppigen Gewächsen, die hinauf und herunter in allen Regenbogenfarben wuchsen.

Die Fahrt ging mit Windeseile im Takt der Springflut. Der Fluss machte eine neue Biegung und gleich noch eine schärfere. Sie brausten an einer gewaltigen Schlange entlang voran, und unbewusst drückte sie sich dichter an Rollo: Wenn der Rudersmann nicht aufpassen und sie quer zur Strö-mung geraten oder geradeaus fahren würden, statt zu schwenken! Rollo lachte; er verstand, was sie fühlte.

„St. Vandrille Backbord“, unterwies er sie. „Altes Kloster.“

Ja, sie verstand; aber von dem Kloster war nicht viel geblieben. Freveltat der Normannen, dachte sie und wurde mit Schmerzen an das brennende Bayeux erinnert. Sie hoffte auf den Augenblick, in dem sie es ihm in seiner Sprache sagen konnte! Jetzt musste sie sich damit begnügen, sich zu wenden und auf die Ruinen zu zeigen, mit dem Kopf zu schütteln und böse auszusehen. Er lachte wieder sein dröhnendes Lachen, sodass sie auf seinen Knien hüpfte.

„Ich werde das alles bald wieder aufbauen!“, rief er, ließ sie los und formte mit den Händen, weshalb sie nahe daran war, von seinen Knien zu fallen. Er nahm sie erneut in den Griff, fester nun und höher; seine großen Hände umfassten jede eine ihrer Brüste, und die Hände wussten bald, dass die Brüste wussten. Popa fühlte, wie die Warzen unter seinen wandernden Fingern steif wurden. Kein Mann hatte vorher ihre Brust berührt, und nun, da er es tat, breitete sich ein kribbelndes Gefühl in ihrem Körper aus und schlug gerade dort Wurzel, wo er sie am Strand von Bayeux angefasst hatte; auch dort hatte sie bisher noch kein Mann berührt. Erschreckt fragte sie sich, ob die anderen Männer an Bord bemerkten, was mit ihr geschah, aber da ließ er plötzlich ihre linke Brust los und zeigte wieder:

„Jumièges! Das Kloster, von dem Denis herkommt - das steht zumindest noch, jedenfalls das meiste. Sankt Per geweiht.“

Dann wechselte er den Griff wieder zur linken Brust und mit der rechten Hand in einem neuen Bogen heraus:

„Dort St. Vaast! Dort setzte ich zum ersten Mal meinen Fuß auf fränkische Erde.“

Dem meisten, was Rollo sagte, konnte Popa dank ihres Gesprächs mit Denis folgen. Plötzlich bog sich die Seine so gefährlich, dass Popa für einen Augenblick glaubte, sie würden wenden. Rollos Hand kehrte nicht zurück, und die linke Hand vergaß, was sie vor sich hatte, und sank auf ihren Bauch. Rollo war in Gedanken versunken: Er erinnerte sich zurück und träumte voraus. Popa war dafür dankbar, gleichzeitig, wie sie seine Hände vermisste ...

Zwei schwindelnde Biegungen erreichte die Flut, dann waren sie vor Rouen. Die Ruderer mühten sich aus Leibeskräften, das Schiff aus der Hauptströmung und in ruhigeres Wasser nach Backbord zu bringen.

Der Normannenfürst

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