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Prolog

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Mein Name ist Heirik. Ich bin ein uralter Priester. Ich sitze im normannischen Rouen und schreibe meine Erinnerungen nieder, damit die Zeit vergeht. Ich meine: die Zeit bis zu meinem Tod. Es muss ein Fehler in das himmlische Register geraten sein - oder sie können sich nicht entscheiden, wo ich landen soll. Mein Hinscheiden ist unter allen Umständen unanständig verzögert worden.

Während der Wartezeit muss ich ja etwas zu tun haben, da ich nun weder lahm noch blind bin, sondern im Gegenteil unverschämt gut sehe. Also schreibe ich.

Die wichtigsten Jahre meines Lebens habe ich in der Normandie zugebracht und in der Nähe der Herzogsfamilie gelebt - oder was diese Familie werden sollte. Ich hatte gedacht, über diese Zeit und über diese Menschen zu berichten. Aber bereits Cicero - oder war es Cato der Ältere - wusste, dass das Alter geschwätzig und mit sich selbst beschäftigt ist, weshalb ich fürchte, meine eventuellen Leser werden unnötig viel in diesem Buch finden, was von meiner Wenigkeit handelt. Wenn ich jetzt meine Aufzeichnungen lese, merke ich, am wortgewandtesten zu werden, wenn ich „wir“ sagen kann. Ich tröste mich damit, dass die Theologen immer meinten, St. Lukas würde besonders interessant sein, wenn er „wir“ in seine Acta Apostolorum schreiben kann. Er war doch dabei - persönlich!

Vieles in diesem Bericht würde jedoch unverständlich sein, wenn ich nicht versuchen würde, den Hintergrund der Hauptpersonen zu schildern und alles, was geschah, bevor ich gewissermaßen in die Handlung kam. Dem werde ich mich eine ganze Weile widmen und dafür jetzt meine Egozentrik bändigen. Über dieses oder jenes werdet ihr euch sicherlich wundern: Wie kann er das wissen? Wenn ihr es bis zum letzten Blatt schafft, werdet ihr vielleicht verstehen warum ...

Etwas muss ich jedoch jetzt schon über mich selbst sagen, sonst würde mein Auftreten in der Geschichte noch unverständlicher werden, als es mir selbst vorkommt - jetzt, wo ich zurückdenke.

Ich wurde am Ende des 9. Jahrhunderts nach Christi auf Gotland geboren. Mein Vater war Großbauer und Kaufmann; er unterhielt viele Schiffe, die jedes Frühjahr über das Baltische Meer segelten und nach längerer oder kürzerer Zeit zurückkehrten, manchmal wohl fast vor Kostbarkeiten und Merkwürdigkeiten berstend.

Aufrichtig gesagt weiß ich nicht weshalb, aber eines Frühlings nahm mein Vater meine Mutter und meine Geschwister mit sich auf ein Schiff und segelte südwestwärts. Ich habe eine dunkle Erinnerung an Streit und harte Worte vor unserer Abfahrt. Ich kann auch durch die Andeutungen meiner Mutter ahnen, dass wir übereilt auf den Weg kamen und dass sie meinen Vater dafür tadelte. Ich verstand auch durch das, was die Männer an Bord untereinander besprachen, dass die Fahrt in ungewohnte Richtung gehen würde: Auf dem Westweg waren sie vorher nie mit meinem Vater gewesen. Aber ich war zu klein, um zu erfassen, wohin wir fuhren und weshalb, und es bekümmerte mich wohl nicht sehr. Alles war neu und spannend - zumindest am Anfang.

Dann begannen die Unglücke.

Meine Geschwister ertrugen die See nicht oder es war etwas anderes, was sie nicht vertrugen. Kurz und gut, sie starben, während wir auf See waren. Ich erinnere mich, dass meine Mutter viel weinte und mein Vater gar nicht, während ich mit einer gewissen Zufriedenheit feststellte, dass ich mehr Schlafplatz bekam, als sie fort waren. Ich erfuhr auch oft die Gunst, bei meiner Mutter schlafen zu dürfen. Das war mir vorher nicht erlaubt worden ...

Nahe einer Küste gerieten unsere Schiffe mit anderen Schiffen in einen Kampf und das größte meines Vaters ging unter. Ich habe später begriffen, dieses Schiff war eine knarra, also ein Handelsfahrzeug. Wahrscheinlich führte mein Vater auf diesem Schiff seine Handelswaren und andere Kostbarkeiten; wahrscheinlich war er durch diesen Verlust verarmt. Und doch war dieser Verlust in meinen Augen nicht der schlimmste. Die Segelstange eines der feindlichen Schiffe schwang über unser Freibord herein. In der Vorbeifahrt fegte diese meine Mutter mit sich über Bord, und wir sahen sie nie wieder.

Wir erreichten einen Hafen in Friesland oder Flandern. Vater verkaufte die Hälfte der Schiffe, die er aus dem Seekampf gerettet hatte, und dann lagen wir einen Winter an Land, um Kräfte zu sammeln und Handel zu treiben; ich weiß nicht so genau. Aber während dieses Winters konnte ich so weit heranwachsen, dass ich einen besseren Begriff darüber bekam, welche Länder wir besuchten und was wir vorhatten.

Mein Vater kaufte und verkaufte nicht mehr und Bauer war er auch nicht mehr. Er war nicht besonders munter dabei und ich nehme an, es beruhte darauf, dass es schlecht für ihn lief. Wir machten Strandüberfälle, um uns Nahrung zu verschaffen, und ich bekam manchmal das Vertrauen, Eier zu stehlen oder in einen Winkel zu kriechen, in den die Großen nicht gelangen konnten. Zeitweise hungerten wir, aber manchmal hatten wir Überfluss an Essen und Trank. Das schwankte mit den Konjunkturen in unserem „Gewerbe“.

Nun werde ich jedenfalls weitschweifig - ich sollte versuchen, mich kurz zu fassen ... Mit seinen zwei verbliebenen Schiffen begab sich mein Vater unter irgendeinen Anführer, auf den er vor Valland stieß, und zusammen mit diesem fuhren wir die Seine hinauf. Da setzte ich mein erstes Haus in Brand! Das war lustig.

Dann wurde es weniger lustig, weil der Anführer fiel oder gefangen genommen wurde und Vater so wieder sein eigener Herr. Wir setzten die Fahrt um Westfranken und die Bretagne fort und kamen schließlich zu dem Ort, der Noirmoutier genannt wird, einer Insel vor der Mündung des Flusses Loire. Dort hatten sich Nordmänner bereits früher niedergelassen und von dort schikanierten sie alles und alle, so weit sie ins Land vermochten - und es war nicht viel, was sie nicht vermochten.

Vater begab sich unter einen neuen Anführer und war öfters mit den anderen Nordmännern auf Raubzug fort. Aber in Noirmoutier hatte er sich mit einer widerwärtigen Frau zusammengetan - mindestens meinte ich das so. Ich hasste meinen Vater für diesen Verrat an meiner Mutter, aber noch mehr hasste ich diese neue Frau. Es wurde festgelegt, dass sie meine neue „Mutter“ sein sollte, aber daran hatten weder sie noch ich große Freude während des langen Jahres, das wir zusammen verbrachten. Nun, mich sah sie wohl kaum mehr als zu den Mahlzeiten und in den Nächten, und an die Nächte möchte ich kaum erinnert werden, weil Vater und sie sich nicht schämten, miteinander zu buhlen, obwohl ich mich in der Kammer befand. Für den Raubzug war ich zu jung, weshalb ich wohl zugeben muss, einen Haufen Unfug gelernt zu haben, während ich mir selbst überlassen war, zusammen mit anderen kleinen Rackern.

Noch ein Frühling kam und die Schiffe wurden ausgerüstet, um nach Süden zu fahren. Dieses Mal wollte der Anführer ins Mittelmeer hinein, wenn auch manche abrieten. Vater und seine Leute sollten mit auf diese ferne Fahrt und man war der Meinung, ich sollte bei Vaters Hure bleiben, bis er zurückkehrte.

Bitten halfen nicht und Tränen auch nicht: Ich war eben zu jung, um unter Seefahrern und Kämpfern etwas zu taugen. Also versteckte ich mich an Bord.

Als man mich fand, erhielt ich natürlich Prügel. Aber es war zu spät umzukehren, und sie konnten mich nicht irgendwo an Land setzen. Ich musste mit nach Spaniens Küste herunter und hinein durch den Njörvasund. Für mich endete die Fahrt am Strand neben dem Delta des Flusses Rhône, aber meinen Vater sah ich nie wieder. Wenn mir jemand in diesen Tagen gesagt hätte, ich würde in einigen Jahren ein gelehrter Mann und christlicher Priester sein und meine Tage in Rouen beschließen, ja, da hätte ich ihn wohl für verrückt gehalten.

Aber - genug jetzt hierüber.

Der Normannenfürst

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