Читать книгу Der Normannenfürst - Rune Pär Olofsson - Страница 14
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ОглавлениеJe mehr es auf den ersten Abend im Lager zuging, desto mehr begann sich Popa zu ängstigen.
Nicht, weil sie Rollos Umarmung fürchtete. Geistig war ihr Körper bereit, ihn entgegenzunehmen. Aber sie war wirklich „Virgo“ und von all dem Unbekannten beunruhigt, das mit ihr geschehen sollte. Das Schlimmste war, dass Rollo berauscht zu ihr kommen würde. Je länger das abendliche Fest dauerte, desto mehr Toasts mussten die Männer trinken. Und sie tranken keine Schlückchen: Das Horn musste in einem Zug geleert werden, sonst musste sich der Trinkende schämen.
Zuerst hatten sie auf Odin und dann auf Thor getrunken; das hatte sie vielleicht erwarten können, stutzte jedoch davor. Dass darauf auf Christi getrunken wurde, überraschte sie fast noch mehr. Dann wurde es Zeit für einen Toast auf Popa, und da musste sie schließlich bis zum Boden trinken. Davor hatte sie sich hartnäckig geweigert, guten Rat anzunehmen, sondern genippt, wie sie es gewohnt war.
Zum Glück bekam sie roten Wein. Viele von ihren Tischnachbarn tranken auch Wein. Die meisten, auch mehrere Frauen tranken Bier. Sie bekam es zu kosten und fand es bitter. Manche hielten sich an Met, aber der war aus Honig gemacht und erschien ihrem Gaumen allzu süß.
Aber - wie die aßen, diese Normannen! Flink schnitten sie große Fleischscheiben mit ihren langen Messern in Streifen und schaufelten mit beiden Fäusten ein. Dann wurde es Zeit für Geflügel: Es sah aus, als ob ein halber Vogel für jeden das geringste war. Natürlich musste das alles heruntergespült werden. Und das öfter. Wenn sie sich ein wenig erholt hatten, knabberten sie an getrocknetem Fisch oder schnitten eine Keule ab, die um den Tisch herumwanderte oder über ihnen hing. Sie probierte ein Stückchen; es war geräuchert und schmeckte vortrefflich. Vielleicht Hirsch? Sie suchte Denis mit den Augen, hielt ein Stück hoch und machte ein Fragezeichen.
„Bär“, schrie er zurück. „Die glauben, sie werden von Bärenfleisch stark.“
Da wollte sie nicht noch mehr haben ...
Die Männer - und die Frauen auch für diesen Teil des Abends - zechten und schwirrten um sie herum. Fackeln knisterten an den Wänden und das Feuer brannte auf dem Herd. Wofür dieses - jetzt mitten in der Sommerwärme! Die Hitze war stark, fast unerträglich und der Rauch kroch immer weiter vom Dach herunter, es brannte in ihren Augen. Sie dämmerte vor Sattheit, Wein und Müdigkeit, wo sie saß, dahin und zuckte ab und zu zusammen, wenn ein Knochen in das Feuer flog und das Fett aufflammte. Bekamen die niemals genug? Irgendein Barde war aufgesprungen und sang ihr zu Ehren, und sie musste lachen und ihm zutrinken, obwohl sie kein Jota verstand. Dann sprachen Rollo und mehrere andere. Der eine nach dem anderen sprang auf und sprach darüber, wer er war und welche Taten er ausgeführt hatte. Sie würde sich nicht an einen einzigen von all diesen Namen erinnern. Und sie sollte nun zu all diesem mit ihrem Buhlendienst beginnen ...!
Sie musste einen Augenblick eingeschlummert sein. Denn plötzlich stand Rollo auf und hielt sie um die Schultern. Sie war hellwach und dachte: Jetzt! An ihrer Seite stand der Dolmetscher. Aber Rollo sprach laut zu allen:
„Die Jungfrau ist nach einem langen und gewaltsamen Tag mit großen Umwälzungen in ihrem Leben müde. Dafür bietet sie uns allen tausend gute Nächte. Bruder Denis folge ihr zu ihrem Quartier, weil Arlette offenbar eingeschlafen ist.“
Alle applaudierten ihr zu, Rollo richtete sie auf und küsste ihre Stirn. Und sie! Sie zog es vor, sich vor ihm zu verbeugen. Woher in aller Welt sie das nun hatte ...
Oh, endlich war sie draußen an der frischen Luft! Sie atmete laut aus und zog dann die Lungen mit einem tiefen Atemzug voll. Vom Wall duftete eine Pflanze stark und einschläfernd; sie wollte am Morgen nachsehen, welche das sein konnte.
Es war Rollo, der sie erinnerte hatte, wie lang der Tag gewesen war. Im Morgengrauen wurde sie durch den Überfall der Normannen geweckt. Und dann war ihr mehr geschehen als während ihres ganzen früheren Lebens. Gewiss war sie zu Tode erschöpft - aber die Normannen mussten noch müder sein. Schliefen die nie? Selbst war sie jetzt so erregt, dass sie eigentlich keine Lust hatte, sich hinzulegen. Die Nachtluft hatte sie auch aufgemuntert, vielleicht hatte sie auch drinnen in der Wärme eine ganze Weile geschlafen. Sie ging zwischen der Halle und dem Wall mit dem schweigenden Bruder neben sich hin und her. So, wie sie sich während des Abends danach gesehnt hatte, allein zu sein - so wollte sie nun nicht, dass er sie verlassen würde! Sie fühlte sich auch darüber erleichtert, dass Rollo sie diese Nacht schonen wollte. Sie wünschte, über all das mit Denis sprechen zu können, fand aber keine Worte.
„Verzeih mir“, sagte sie plötzlich, „ich halte dich auf. Du willst vielleicht zu den anderen gehen?“
„Nein“, seufzte er, „ich bin froh, solange ich es nicht brauche. Ich bin nun kaum noch Mönch, aber freitags pflege ich zu wachen - aus alter Gewohnheit.“
„Oh“, sagte sie und blieb einen Moment stehen. „Ist heute Freitag? Das hatte ich vergessen! Deshalb hattest du so wenig gegessen. Ich sah es und verglich dich mit den Normannen. Es schien, als ob du keiner von ihnen bist, meine ich.“
Er lachte trocken. Das war das erste Lachen aus seinem Hals, obwohl es nicht gut klang.
„Ich habe im Vergleich mit denen nichts, mich zu rühmen. Dass ich mich nicht vollsaufe und kein Fleisch an einem Freitag esse, rechne ich mir nicht als Verdienst an. Eher ..."
Er vollendete niemals seinen Gedankengang und sie vermochte nicht zu fragen.
„Nun sollst du mich endlich verlassen“, lachte sie. „Sonst kann unser Fürst da drinnen auf den Gedanken kommen, du nahmst, wovon er so höfisch in dieser Nacht Abstand genommen hatte ... Dass er dich schickte und nicht Arlette weckte, das verwunderte mich jedenfalls.“
Er blieb in der Dunkelheit plötzlich stehen. Nur die Fackel an der Ecke der Halle warf ihren flackernden Schein über sein Gesicht.
„Es ist gut, dass du das gleich über mich weißt - besser so als von jemand anderem. Rollo weiß, dass ich lendenlahm bin. Er hat selbst dafür gesorgt, dass ich es wurde.“
Jetzt verstand sie nicht richtig?
„Ich war auf einem Raubzug in England dabei. Hinterher feierten wir den Sieg. Ich soff mich voll und vergewaltigte eine Jungfrau. Schlimmer war, als es sich zeigte, dass die Jungfrau einem der Normannen gehörte. Zur Strafe für meine Untat bekam ich das Glied abgeschnitten, mit dem ich gesündigt hatte. Auch das ist „More danico“. Sage niemals, sie sind Heiden, die keine Gesetze haben!“
„Dass du nicht aus seinem Dienst entflohen bist!“
„Weshalb sollte ich das tun? Mir konnte er keine größere Wohltat angetan haben! Und nun: Gute Nacht! Sei nicht ängstlich - keiner wird kommen und dich stören; es gibt nichts Sichereres als ein normannisches Heerlager.“
Er folgte ihr zur Treppe, sah zu, dass sie glücklich die Stiege hinaufkam, und blieb zurück, bis sie die Tür hinter sich geschlossen hatte.
Es dauerte lange, bis sie schlief. Jedes Mal, wenn sie an der Schwelle war, sah sie vor sich, wie Vergewaltiger bestraft wurden.