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d) Falsche Vergütungsrechnungen

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Fehler können sich in eine Vergütungsberechnung schnell einschleichen. Nur beispielhaft seien die häufigsten anzutreffenden Fehler aufgezeigt:

inhaltliche Fehler – d.h. es wurden die falschen Gebühren abgerechnet z.B. Terminsgebühr trotz außergerichtlichen Vertretungsauftrags; – Angabe eines falschen Gegenstandswertes; – Ansatz falscher Gebührensätze z.B. 1,5 Einigungsgebühr statt 1,0 Einigungsgebühr oder umgekehrt
falsche, fehlende oder unvollständige Angaben nach § 14 Abs. 4 UStG – z.B. falsche oder fehlende Rechnungsnummer
fehlender Abzug von Vorschüssen oder Zahlungen Dritter
falscher Abzug von Vorschüssen oder Zahlungen Dritter
falsche oder unvollständige Betreff-Angabe

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Fehlen Angaben in der Rechnung und ändert sich allerdings an der ausgewiesenen Umsatzsteuer nichts, kann die Rechnung ergänzt werden.

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Fehlen in der Rechnung Pflichtangaben gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 1 – 8 UStG, kann der Rechnungsadressat, hier also der Auftraggeber, wenn er Unternehmer ist, nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG die in der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer geltend machen. Gleiches gilt, wenn der Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht nach § 14 Abs. 4 Nr. 9 UStG (Grundstücksgeschäfte) fehlt.

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In folgenden Fällen kann eine Vergütungsberechnung durch ein formloses Schreiben, das sich eindeutig und spezifisch, d.h. unverwechselbar auf die zu berichtigende Rechnung bezieht gem. § 31 Abs. 5 UStDV[20] berichtigt werden:

fehlerhafte Bezeichnung des Rechnungsadressaten / Rechnungsempfängers
fehlender oder unvollständiger Leistungszeitraum
falsche Angabe einer Gebührenvorschrift (ohne dass sich Gebührensatz oder Gebührenhöhe ändern)
fehlende USt-ID-Nr. (VAT-Nr.) in Fällen, in denen die Steuerschuld verlagert wird (Reverse-Charge-System)

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Sofern sich die Gebührenbeträge und damit auch die ausgewiesene Umsatzsteuer ändern, ist ein formloses Schreiben nicht mehr ausreichend. Hier unterscheiden wir:

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Hat die Vergütungsrechnung das „Haus“ noch nicht verlassen oder sendet der Auftraggeber die Original-Rechnung zurück, kann eine Stornierung der Rechnung erfolgen.

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Hat die Vergütungsrechnung das „Haus“ bereits verlassen oder sendet der Auftraggeber die Original-Rechnung nicht zurück, weil er sie beispielsweise schon ausgeglichen hat, ist zu prüfen, ob die falsch ausgestellte Rechnung zu hoch oder zu niedrig war. Unproblematisch ist die zu niedrig ausgestellte Rechnung. Sie erstellen in diesen Fällen einfach eine neue korrekte Rechnung und ziehen den bereits gezahlten Rechnungsbetrag wie einen geleisteten Vorschuss ab. Hier kann der Abzug netto von netto erfolgen, so dass in dieser zweiten Rechnung nur noch die tatsächlich zu zahlende (und als Vorsteuer vom Rechnungsempfänger geltend zu machende Vorsteuer) ausgewiesen wird. Man kann auch Bruttobetrag (Rechnung 2) von Bruttobetrag Rechnung 1) abziehen, muss dann aber die im abzuziehenden Bruttobetrag enthaltene Umsatzsteuer betragsmäßig angeben („hierin enthalten 19% Umsatzsteuer, € . . . . „). Wurde die Vergütungsberechnung zu hoch ausgestellt, wird eine neue Rechnung mit neuer Rechnungsnummer mit den korrekten niedrigeren Gebühren ausgestellt; vom Bruttobetrag zieht man dann den bereits gezahlten zu hohen Bruttobetrag ab, so dass sich für den Mandanten ein Guthaben ergibt. In dieser neuen Rechnung ist die in Abzug gebrachte falsche Rechnung nochmals konkret anzugeben (Datum, Rechnungsnummer) mit Endbetrag, Umsatzsteuerbetrag und Umsatzsteuer-Satz (19%). Mit einigen Anwaltsprogrammen kann man auch weiterhin „Gutschriften“ für den Mandanten erstellen, die dann dort aber einfach entsprechend der Neuregelung Korrektur-Rechnung genannt werden. Hier wird zum einen eine neue korrekte Rechnung mit Rechnungsnummer erstellt. Daneben wird über die alte falsche Rechnung eine Korrektur-Rechnung mit einem entsprechenden Guthaben für den Mandanten erstellt.

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Bitte beachten Sie: Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag, als er nach diesem Gesetz für den Umsatz schuldet, gesondert ausgewiesen (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den Mehrbetrag, § 14c Abs. 1 UStG.

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Umsatzsteuerrechtlich nicht korrekt ist die früher angewendete Erteilung einer Gutschrift, wenngleich die fehlerhafte Bezeichnung keine Auswirkungen auf die Steuerschuld haben soll.[21] Der Gesetzgeber hat dies zum 30.6.2013 geändert,[22] so dass der Begriff „Gutschrift“, der bisher gerne zur „Neutralisierung“ einer falschen Rechnung verwendet wurde, indem man dem Mandanten „dieselbe falsche Rechnung“ mit der Bezeichnung „Gutschrift“ nochmals übersandte, nicht mehr verwendet werden sollte. Mit einer Gutschrift wird vielmehr seit der Neuregelung die Berechnung des Umsatzes durch den Leistungsempfänger (sogen. „self-billing“) bezeichnet. Der umsatzsteuerliche Begriff der Gutschrift (§ 14 Abs. 2 S. 2 UStG) ist daher ein völlig anderer, als der im kaufmännischen Bereich verwendete und sollte daher auch nur noch dann verwendet werden, wenn die am Leistungsaustausch Beteiligten z.B. vereinbart haben, dass der Leistungsempfänger über den Umsatz abrechnet. Aus der Praxis sind mir bisher keine Fälle bekannt, bei denen Anwaltskanzleien mit ihren Mandanten so verfahren, d.h. der Mandant für die Kanzlei eine Gutschrift ausstellt, die er – der Mandant – dann an die Kanzlei überweist. Ob dies z.B. interessant sein könnte für eine deutsche im EU-Ausland tätige Anwaltskanzlei, muss dort beurteilt werden. Vereinbaren die am Leistungsaustausch Beteiligten, dass der Leistungsempfänger über den Umsatz abrechnet (Gutschrift im Sinne des § 14 Abs. 2 S. 2 UStG), muss die Rechnung die Angabe „Gutschrift“ enthalten. Anerkannt sind weitere Bezeichnungen der jeweiligen EU-Länder, die Sie dem BMF-Schreiben der nachfolgenden Randnummer entnehmen können.

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Zum richtigen Ausstellen und Korrigieren von Rechnungen sowie der EU-weiten Bezeichnungen des Begriffs „Gutschrift“ vgl. auch das ausführliche BMF-Schreiben vom 25.10.2013, Az. IV D 2 – S 7280/12/10002, das im Internet kostenfrei beigezogen werden kann. Diesem Schreiben kann auch entnommen werden, dass die „falsche Verwendung“ des Begriffs „Gutschrift“ anstelle einer Stornierung bzw. Korrektur der ursprünglichen Rechnung umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich bleiben und nicht allein zur Anwendung des § 14c UStG führen soll. Gleichwohl empfehle ich zur Vermeidung von Diskussionen bei einer Betriebsprüfung oder auch mit Unternehmer-Mandanten die korrekte Begriffsbezeichnung Stornierung oder Rechnungskorrektur, wenn eine Rechnung zu korrigieren ist.

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Tipp

Denken Sie daran, ggf. auch die Rechtsschutzversicherung über die Korrekturrechnung zu informieren.

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Häufig wird bei Vergütungsberechnungen gerade der Betreff wenig sorgfältig angegeben. Im eigenen Interesse, aber auch im Interesse des Auftraggebers, der möglicherweise einen Vorsteuerabzug geltend machen möchte, sollte die konkrete Angelegenheit genau bezeichnet werden. Sofern die Rechnung für ein Unternehmen erstellt wird, muss aus dem Betreff zweifelsfrei hervorgehen, dass die Leistung konkret für das Unternehmen erbracht worden ist, da ansonsten ein Vorsteuerabzug nicht geltend gemacht werden kann. Nicht ausreichend wäre in einer Rechnung gegenüber einer GmbH daher beispielsweise lediglich anzugeben „wegen Beratung“. Nachlässigkeiten im Betreff rächen sich oft erst Jahre später, wenn ein Betriebsprüfer in der Kanzlei oder im Unternehmen des Mandanten solche Unzulänglichkeiten feststellt und ein vorgenommener Vorsteuerabzug nachträglich aberkannt wird. Fraglich ist, ob der Rechtsanwalt, der die Rechnung nicht konkret ausgestellt hat, für spätere Schäden gegenüber dem Unternehmen haftet, wenn Umsatzsteuerbeträge nachgefordert werden. Nach meiner Auffassung ist es vornehmlich Aufgabe des Unternehmens, den Anwalt auf Unzulänglichkeiten der Rechnung, die den Vorsteuerabzug gefährden, hinzuweisen. Das Unternehmen trifft jedoch m.E. eine Pflicht, jede eingehende Rechnung bei Geltendmachung eines Vorsteuerabzugs gegenüber dem Finanzamt selbst darauf hin zu prüfen, ob die Rechnung die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt.

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Da Rechnungsnummern laufend zu vergeben sind, bieten sich zwei Wege an für eine korrekte Neu-Berechnung zu sorgen. Arbeitet die Kanzlei ohne Anwalts- und/oder Buchhaltungsprogramm, so kann dieselbe Rechnung mit derselben Rechnungsnummer korrigiert nochmals ausgestellt werden, wenn das Original der ursprünglichen falschen Rechnung wieder zurückgereicht wird. Sofern jedoch mit Anwalts- oder Buchhaltungsprogramm gearbeitet wird, scheidet dieser Weg häufig aus. Es ist dann eine Korrekturrechnung über die zunächst falsch erstellte Rechnung zu erstellen und eine neue Rechnung mit neuer Rechnungsnummer auszustellen.

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Erst Mitte November 2014 wurde dem EuGH vom Niedersächsischen Finanzgericht[23] die Frage vorgelegt, ob bzw. wann eine Rechnungsberichtigung zu einem rückwirkenden Vorsteuerabzug berechtigt. Das Niedersächsische FG bat den EuGH um Klarstellung, ob die Entscheidung des EuGH i.S. „Terra Baubedarf-Handel" getroffene Feststellung,[24] dass der Vorsteuerabzug erst im Zeitpunkt der Erstellung einer ordnungsgemäßen Rechnung vorzunehmen ist, auch für den Fall der Ergänzung einer unvollständigen Rechnung gelten soll oder ob in einem solchen Fall eine Rückwirkung zulässig ist. Weiter wurde der EuGH für den Fall, dass eine rückwirkende Rechnungsberichtigung möglich ist, gebeten zu klären, ob und welche Mindestanforderungen an eine solche rückwirkungsfähige Rechnung zu stellen sind, insbesondere ob die (ursprüngliche) Rechnung bereits eine Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Rechnungsausstellers enthalten muss. Liegen die umsatzsteuerrechtlichen Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Rechnung nicht vor, kann ein Vorsteuerabzug nicht erfolgen; was ggf. zu Nachzahlungszinsen gem. § 233a AO führen kann. Wäre eine rückwirkende Berichtigung der Rechnung zulässig, würden derartige Zinsen entfallen. Gerade bei hohen Rechnungsbeträgen (z.B. Verfahren im gewerblichen Rechtsschutz) kann diese Frage daher eine hohe Bedeutung haben. Die intensive Behandlung steuerrechtlicher Fragen – insbesondere auch solcher noch nicht geklärter Fragen – kann an dieser Stelle nicht erfolgen.

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Tipp

Informieren Sie sich ggf. über die korrekte Vorgehensweise bei Ihrem Programmanbieter und Steuerberater.

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Hinweis

Berichtigen darf eine Rechnung nur der Aussteller, nicht aber der Rechnungsempfänger; auch nicht im Einverständnis mit dem Aussteller.

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