Читать книгу Die Erben des Lichtervolks - Sabrina Schluer - Страница 13

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Bestätigung

Jason saß noch eine ganze Weile in seiner Wohnküche. Er machte sich große Sorgen um seine kleine Maja. Auch wenn sie eigentlich nicht mehr seine Kleine, sondern bereits eine Frau war, und eine verdammt schöne noch dazu, so wusste er doch um ihre Verletzlichkeit und dass sie sehr sensibel war. Keineswegs empfindlich, das beim besten Willen nun nicht. Sie war schließlich genau genommen in der Wildnis aufgewachsen und wusste, wie man sich selbst behilft. Aber Maja hatte geweint. Sein kleines, starkes Mädchen hatte geweint, weil es Angst hatte. Das hatte Jason sehr erschrocken, selbst wenn er nicht leugnen konnte, dass es sich gut angefühlt hatte, sie mal wieder im Arm zu halten.

Seine wunderbare Tochter war nie ein gewöhnliches Kind gewesen. Ihre starke Verbundenheit zur Natur und deren Geschöpfen waren schon immer am auffälligsten gewesen. Sie konnte sich selbst den scheuesten Tieren nähern, ohne dass diese zurückgewichen wären, oder sich erschreckt hätten. Sie hatte ein unglaubliches Geschick, wenn es um die Aufzucht und Hege der Tiere und Pflanzen in der Siedlung ging. Auch zu den Bewohnern pflegte sie eine ganz besondere Beziehung. Jede war auf ihre Art speziell und einzigartig. Niemand konnte Maja böse sein, oder ihr nicht vertrauen. Sie verfügte über eine beinahe untrügliche Intuition und das größte Einfühlungsvermögen, dass Jason jemals bei einem Menschen beobachtet hatte. Und sie tat so viel für alle hier. Sie war immer zur Stelle, wenn Hilfe gebraucht wurde, und war sich für keine anfallende Arbeit zu schade. Sie meisterte jede Herausforderung, war eine gute Strategin, eine zielsichere Schützin und ausgezeichnete Jägerin. Sie war so oft mit auf die heiklen und gefährlichen Beutezüge gegangen und hatte auch in brenzligen Situationen einen kühlen Kopf bewahrt. Dass sie nun Angst hatte, machte Jason seinerseits Angst. Sie so am Boden zerstört zu sehen, ja, sie sogar weinen zu sehen, das hielt er kaum aus. Sie hatte nicht mehr geweint, seit sie damals von diesem Kastanienbaum gefallen war. Und da war es nur mehr der Schreck als der Schmerz über die kleine Schramme am Knie und die Schürfwunden in den Handflächen, die sie sich damals zugezogen hatte. Es musste ein Warnsignal sein, dass Maja sich so fühlte, wie sie es ihm beschrieben hatte.

Während Jason darüber nachdachte, was es mit Majas unbestimmtem Gefühl auf sich hatte, erlosch die Küchenlampe mit einem zischenden Geräusch und einem letzten schwummrigen Flackern. Jason stöhnte auf und erhob sich, um zu dem alten Hängeschrank zu gehen. Es war der einzige Hängeschrank in der Küche und er bot neben dem kleinen Schränkchen unter der Spüle ein wenig Stauraum in diesem ansonsten recht spärlich möblierten Zimmer. Jason war besonders stolz auf den uralten Küchenofen, der wie durch ein Wunder praktisch unversehrt in dieser Hütte gestanden hatte. Er hatte damals nur ein paar kleinere Ausbesserungen an den Schamottsteinen der Brennkammern vornehmen und einen der Griffe reparieren müssen. Man konnte ihn mit Holz beheizen. Kohle wäre besser gewesen, aber die konnten sie nur sehr selten ergaunern, da die Barracken der Sklaven kaum jemals beheizt wurden und es einfach zu gefährlich war, sich allzu häufig an den Vorräten der Aufseher zu schaffen zu machen.

Es kam oft vor, dass Jason noch am Küchentisch saß, wenn das Licht erlosch. Immer wieder vergaß er am Abend noch eine der Öllampen auf den Tisch zu stellen und sie rechtzeitig zu entzünden. Gut, dass er sich hier auch blind zurechtfand. Er öffnete den Schrank und holte die Lampe hervor, die darin aufbewahrt wurde. Mit einem kleinen Feuerzeug, es konnte den Sauerstoff in der Luft in eine kleine Flamme umwandeln und war ein sehr kostbares Erbstück seines Vaters, versuchte er den Docht zu entzünden. Doch es tat sich nichts. Natürlich, sie war leer. Im funzeligen Schein der kleinen Feuerzeugflamme tastete Jason in dem Hängeschrank umher und fand schließlich die Ölflasche, die er immer benutzte, um die Lampe aufzufüllen. Doch auch sie war leer und ein weiteres Stöhnen entfuhr ihm. Das hieß also, dass er nun, nur mit dem Licht seines Feuerzeugs, nach draußen gehen musste, um im Schuppen an dem großen Fass seine Ölflasche aufzufüllen. Es nützte nichts, sich zu ärgern, es wurde schließlich nicht heller draußen. Also machte er sich mit dem Feuerzeug, der Flasche und der Lampe in den Händen auf den Weg.

Nachdem beide frisch befüllt waren, entzündete Jason endlich das warme Licht. Er drehte die Flamme ein wenig höher, sodass er sie nutzen konnte, um sich den Weg zurück ins Haus zu beleuchten. Als er den Hebel für das Glas der Lampe herunterdrückte, hörte er etwas am Waldrand. Gerade war jemand durch ein Gebüsch auf die Lichtung getreten. Jason blickte in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war, und sah vier Gestalten, eine von ihnen seltsam unförmig, auf den Marktplatz zugehen.

Jason stellte die Ölflasche auf den Boden und humpelte den Neuankömmlingen entgegen. Er hätte wohl besser seinen Stock mitgenommen, dachte er, während sein Oberschenkel wütend ziepte. Schon von weitem erkannte er, dass es sich um die Jagdgesellschaft um Billy und Mike handelte. Doch im Näherkommen sah er, dass Chris jemanden trug, was erklärte, warum er aus der Entfernung so unförmig ausgesehen hatte. Etwa zehn Meter vor ihnen blieb Jason stehen und wartete, dass die kleine Truppe zu ihm aufschloss. Der Mann, der über Chris’ Schulter hing, war offenbar bewusstlos oder er schlief. Er war an Händen und Füßen gefesselt, seine Augen und sein Kopf, der schlaff herunterbaumelte, waren verbunden. Jason konnte erkennen, dass der Stoff am Hinterkopf blutig war.

„Wen habt ihr uns da mitgebracht?“, fragte er ein wenig argwöhnisch und überrascht, ehe die Jungs endgültig bei ihm waren. Tobi nahm das Obwatch vom Kopf und wollte schon antworten, doch es war Billy, der zuerst das Wort ergriff.

„Wir haben seine Fallen heute Morgen im Wald entdeckt und wenig später auch ihn selbst. Chris meint, er könnte ein entflohener Soldat sein. Aber er sieht nicht wie einer aus und hat auch ansonsten keine Sachen bei sich, die danach aussehen.“

„War es nötig, ihn k.o. zu schlagen?“, wollte Jason wissen, doch es lag keine Schärfe in seinen Worten. Diesmal war es Chris, der antwortete.

„Ich hab vor ein paar Tagen per Obwatch einen Trupp Soldaten beobachtet, die nach einem ihrer Leute gesucht haben. Sie hatten es offenbar sehr eilig und der, den sie gesucht haben, schien auch irgendwie wichtig zu sein. Und dieser Typ hier hat sich benommen wie ein verdammter Soldat, da bin ich mir sicher“, versuchte er sein vorschnelles Handeln zu verteidigen. „Ich dachte eben, dass mit dem was nicht in Ordnung ist. Und Mike meinte auch, er könnte ein Spion sein.“ Er wandte sich, um Unterstützung bemüht, an den Hauptstrategen der Gruppe.

Mike wiederum erwiderte: „Ja, es erscheint mir schon verdächtig, dass er so ganz ohne Ausrüstung unterwegs war. Vielleicht dient das nur der Tarnung und er soll hier eingeschleust werden. Andererseits war er schon ziemlich am Ende seiner Kräfte, als wir ihn gefunden haben.“ Er schaute zu dem schlaffen Körper hoch. „Wenn er ein Soldat ist, dann kein besonders guter“, lautete sein abschließendes Urteil.

„Fakt ist, wir konnten nicht sicher sein, dass die Zenties nicht schon in der Nähe auf ihn gelauert haben, also haben wir ihn hierhergebracht“, sagte Billy ruhig und schloss dann mit der Frage, was sie nun mit dem Gefangenen machen sollten. Jason überlegte einen Augenblick, dann deutete er auf den alten Vorratskeller, der über eine Eisengittertür in seinem gemauerten Eingangsschacht verfügte.

„Bringt ihn da runter. Das dürfte vorerst sicher genug sein.“

Jason öffnete die Tür und wartete oben, während Chris und Mike den Bewusstlosen hineinbrachten und ihn auf den nackten Lehmboden legten. Billy war schnell zu sich nach Hause geeilt, um ein dünnes Bettlaken zu holen, womit er den Mann zudeckte. Es würde reichen, um ihn halbwegs warm zu halten. Trotz der inzwischen fortgeschrittenen Nacht war es nicht wirklich kalt, eher angenehm kühl.

Beim Verschließen der Tür achtete Jason darauf, dass sie besonders gut gesichert wurde. Erneut war es Billy, der losging, um ein großes Vorhängeschloss aus der Werkstatt zu holen. Jason beauftragte Tobi, der, wie er wusste, darauf brannte, etwas Nützliches zu tun, mit der ersten Wache.

„Wenn er dich anspricht, bevor ich wieder hier bin, antworte ihm nicht“, sagte er eindringlich und Tobi nickte ernst.

Dann ging Jason mit den drei Männern in seine Hütte, um zu reden. Sie setzten sich im Schein der Öllampe an den großen Holztisch und Jason bat sie darum, möglichst leise zu sprechen, um Maja nicht zu wecken. Er wollte nicht, dass sie aufwachte, nachdem es ihr heute so schlecht gegangen war. Wenn er ihr erzählte, dass tatsächlich etwas geschehen war, als die Jungs von der Jagd zurückgekehrt waren, würde sie das nur zusätzlich beunruhigen.

„Okay, erzählt mir alles. Chris, bitte fang mit dieser Patrouille an, die du beobachten konntest“, bat Jason, bereit sich ein umfassendes Bild der Ereignisse zu machen. Er spürte die Herausforderung, die diese Angelegenheit mit sich bringen würde, schon auf sich zukommen.

„Ich hab das Ob’ einfach wild durch die Gegend schweifen lassen“, nahm Chris sogleich die Erzählung auf. „Das war vor drei Tagen, und da hab ich einen Trupp Soldaten entdeckt, die sich schnell aus östlicher Richtung, ich schätze mal von der Vorstadt aus, genähert haben. Sie hatten den Wald schon erreicht und waren etwa viereinhalb Tagesmärsche von hier entfernt. Als sie eine Rast eingelegt haben, konnte ich ein Gespräch zwischen zwei der Typen belauschen. Sie waren definitiv nach einem ihrer eigenen Leute auf der Suche, denn die beiden haben sich gefragt, ob er wohl abgehauen ist oder ob bei einem Wachdienst etwas schiefgelaufen ist. Die wussten scheinbar selbst nicht, ob sie auf der Jagd nach einem Unbeugsamen oder auf einer Rettungsmission für einen Kameraden unterwegs waren. Aber es schien sehr wichtig zu sein, dass sie ihn schnell fanden. Deswegen kam mir der Typ gleich verdächtig vor, als wir ihn entdeckt haben.“

Auf diese Worte hin fragte Jason, was genau geschehen war und wie sie auf ihn aufmerksam geworden waren.

„Wir waren schon am Morgen auf eine Falle gestoßen, die wir definitiv nicht selbst aufgestellt hatten“, nahm nun Mike den Faden auf. „Darin war ein Kaninchen. Wir haben uns das Kaninchen genommen und ein paar deutliche Spuren hinterlassen, sodass der Fallensteller denken musste, ein Tier habe sich den Leckerbissen geholt. Dann haben wir uns auf die Lauer gelegt und es hat etwa zwei Stunden gedauert, da kam er auch schon durch die Bäume auf uns zu gestolpert“

Chris ergänzte: „Er war wohl schon ziemlich am Ende, zugegeben, aber er hat sich zusammengerissen, sich kurz gesammelt und ist dann mit einer ganz anderen Körperhaltung und einer anderen Art, sich zu bewegen, weitergegangen. Es war von dem Augenblick an schwerer, ihn im Auge zu behalten. Der Typ wusste, was er da tat.“

Dann ergriff Mike wieder das Wort. „Ja, das stimmt. Und dann hat er seine Falle leer vorgefunden und sich kurz aufgeregt. Hat gegen ’nen Stein getreten und ungewollte Geräusche gemacht. Ich denke mal, spätestens da hätten wir ihn eh gehört. Hat sich ordentlich über sich selbst geärgert, da möchte ich für wetten“, meinte er mit einem gemeinen Grinsen.

„Und als er dann wieder abgelenkt war, nachdem er sich umgeschaut hat wie ein Luchs auf Beutezug, hab ich ihm mit der Armbrust eins übergebraten und wir haben ihn hierher mitgenommen“, schloss Chris nun.

Billy nickte stumm, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust, als wenn er sagen wollte, er habe dem nichts mehr hinzuzufügen.

„Okay, danke“, sagte Jason. Er hatte sich alles ruhig und ohne Einmischungen angehört und stützte nun den Kopf auf die Hände, die Fingerspitzen um seinen Mund gelegt, und überlegte. Es konnte doch kein Zufall sein, dass Maja heute Angst hatte, und dann tauchte dieser Fremde auf. Vage und unausgereifte Befürchtungen begannen sich in Jasons Hinterkopf zusammenzubrauen.

Nach einigen Augenblicken fragte er schließlich: „Und er hatte nichts bei sich, was auf seine Identität oder seine Herkunft schließen lassen würde?“

„Nein, wir haben seinen Rucksack und seine Taschen durch-sucht“, brach Billy nun doch sein Schweigen. „Er hatte praktisch nichts mehr bei sich. Eine leere Trinkflasche, eine Regenjacke und ein paar Wechselsocken. Ansonsten nichts, was ihm da draußen genützt hätte.“ Er machte eine Pause und strich sich langsam über den angegrauten Drei-Tage-Bart. „Wenn ich recht darüber nachdenke, dann glaube ich nicht, dass er ein Spion ist. Er wäre innerhalb der nächsten paar Tage gestorben, so wie er aussieht“, schlussfolgerte er, die Stirn in tiefe Falten gelegt, als müsste er über ein kniffliges Rätsel nachgrübeln.

Jason überlegte noch einen Augenblick, dann traf er zumindest eine kleine Entscheidung.

„Ich werde mit ihm reden. Danach werden wir ihn genau durchleuchten müssen.“

Zustimmendes Nicken in der Runde bestätigte, dass alle verstanden, was Jasons Worte bedeuteten, und er seufzte einmal schwer. Er rieb sich die müden Augen, dann meinte er, dass sie alle in ihre Hütten und zu Bett gehen sollten. Er würde Janosh informieren und Tobi in zwei Stunden zur Wache ablösen. Chris bot an, ebenfalls eine Schicht zu übernehmen, und auch Billy und Mike deuteten ihre Bereitschaft an. Jason bedankte sich und sie sprachen die Wachen kurz miteinander ab. Chris würde Jason in sechs Stunden ablösen, dann würde Mike den Rest des Morgens und den Vormittag übernehmen. Jason wollte während seiner Schicht versuchen, mit dem jungen Mann zu reden und herauszufinden, was er eventuell im Schilde führte. Vielleicht war er ja nur ein Idiot, der sich vorgemacht hatte, in der Wildnis überleben zu können. Andererseits hatte es schon seit mindestens zehn Jahren keine richtigen Fluchtversuche mehr gegeben. Nicht seit Mike und Brina mit ihren beiden Kindern in die Siedlung gekommen waren. Sie waren die Letzten gewesen, die hier eine Hütte gebaut hatten und sesshaft geworden waren.

Jason überlegte nicht zum ersten Mal, dass es den Forschern im Zentrum wohl inzwischen gelungen sein musste, den freien Willen der Menschen endgültig und nachhaltig zu unterdrücken. Denn das war in seinen Augen die einzige logische Erklärung dafür, dass die Fluchtversuche aufgehört hatten. Es musste auch der Grund sein, warum es keine neuen Siedler mehr gegeben hatte, schon bevor die Gemeinschaft beschlossen hatte, niemanden mehr hineinzulassen. Denn das hatten sie zum Wohle aller Bewohner vor sieben Jahren so festgelegt. Noch immer lief es Jason kalt den Rücken herunter, wenn er an diesen schwarzen Tag dachte. Es war der Schlimmste in seinem Leben gewesen. Noch heute hörte er Anitas wehklagende Schreie in seinem Kopf nachhallen. Er würde sie wohl niemals vergessen können. Damals hatten sie von den neuen Lieblingsspielzeugen des Zentrums erfahren und Jason war sich absolut sicher, dass dieser Gefangene eines dieser Spielzeuge im Gehirn hatte.

Schnellen Schrittes ging er nun zu Tobi hinüber, um ihn auf den neuesten Stand zu bringen. Er hatte eine Tasse mit Wasser und eine dünn mit Butter bestrichene Scheibe Brot auf einem Holzbrettchen dabei, um sie dem Gefangenen vor die Gittertür zu stellen. Die unteren Spalten darin waren breit genug, sodass ein Erwachsener hindurchgreifen konnte. Tobi hatte sich an einen der Obstbäume, etwa anderthalb Meter von der Tür entfernt, gelehnt und flocht ein dünnes Lederseil. Dieser Junge hatte immer irgendetwas zum Basteln dabei. Er liebte es einfach, nützliche Dinge herzustellen, und hatte immer wieder gute Ideen, die sie in der Siedlung oft zu ihrem Vorteil umsetzen konnten. Seine Fischernetze waren vor allem bei Billy und Ben sehr beliebt und er tüftelte gerne an mechanischen Konstruktionen, wie zum Beispiel der Pumpe für den großen Brunnen. Als er Jason entdeckte, richtete sich Tobi auf, sodass er nicht mehr an dem Baum lehnte. Dabei fiel Jason auf, dass er sich die Schlüssel für das Vorhängeschloss an den Gürtel gebunden hatte, ganz wie ein richtiger Gefängniswärter. Er salutierte salopp, indem er mit seinem linken Zeigefinger kurz an die Stirn tippte und ihn dann schräg in die Luft streckte, bevor er ihn wieder sinken ließ.

„Und, gibt’s schon ’nen Urteilsspruch von den Weisen aus dem Ältestenrat?“, scherzte er, wohl wissend, dass Jason diese Bezeichnung nicht gern hörte. Die obersten Machthaber im Zentrum wurden schließlich die Ältesten genannt.

„So schnell urteile ich über niemanden, das solltest du wissen“, sagte Jason streng. „Hat er irgendeinen Mucks von sich gegeben?“

„Nö, schläft wohl noch“, sagte Tobi gelangweilt.

„Na ja, er hat ’nen ordentlichen Schlag von Chris kassiert“, überlegte Jason. „Was hältst du von der Theorie, dass er ein Spion sein könnte?“

„Ich weiß nicht. Wenn er einer ist, dann wollten sie ihn vermutlich loswerden“, meinte Tobi achselzuckend. Jason schaute ihn schräg an, aber mit einem leichten Schmunzeln.

„Warum meinst du das?“

„Na, er war schließlich komplett ohne Ausrüstung unterwegs. Kann natürlich sein, dass die was gebastelt haben, womit man seine Ausrüstung unsichtbar und unaufspürbar machen kann. Aber dann wär das wohl auch gründlich nach hinten losgegangen, er konnte sie ja offensichtlich selbst nicht finden.“

Tobis Grinsen war ansteckend. Jason schätzte seine Art zu denken und war immer an seiner Meinung interessiert. Manchmal eröffnete er ihm neue Richtungen, in die er noch nicht gedacht hatte.

„Ich komm in zwei Stunden und löse dich ab“, sagte Jason lächelnd. „Bis dahin bleibt es dabei, dass du nicht mit ihm sprichst, bis ich nicht die Gelegenheit dazu hatte. Verlass deinen Posten nicht, okay?“, fügte er etwas ernster hinzu.

„Aje, Sir!“, rief Tobi immer noch grinsend, dann salutierte er richtig und lehnte sich wieder an den Apfelbaum.

Jason schüttelte lächelnd den Kopf, winkte zum Abschied und machte sich auf den Weg zu Janosh. Dieser würde sich zwar nicht darüber freuen, mitten in der Nacht geweckt zu werden, aber er würde es noch weniger gutheißen, nicht auf dem aktuellsten Stand der Dinge zu sein.

Die Erben des Lichtervolks

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