Читать книгу Der Regisseur. Mein Buch, dein Tod. - Sarah Markowski - Страница 37
ОглавлениеMontag, 01.07.2019, 08: 00 Uhr
- Oliver -
Der Aufzug brummt, pünktlich um acht kommt das Frühstück – wie jeden Tag. Das altbekannte Pling ertönt, und die Türen gleiten leise nach links und rechts auseinander. Vier Tabletts mit jeweils einer Flasche Wasser und einer Cloche, unter der entweder ein Brötchen mit Rührei und Obst oder Müsli mit getrockneten Früchten steckt. Olivers Magen grummelt beim Gedanken an etwas zu essen. Vor lauter Aufregung um Helena hat er gar nicht gemerkt, wie hungrig er ist.
„Hast du Hunger?“, fragt er mehr auffordernd als fragend. Helena schüttelt den Kopf. Die Erlebnisse von gestern noch einmal hervorzurufen, hat sie ganz schön aufgewühlt.
„Ich kann nicht…“
Oliver streichelt ihr beruhigend über den Arm. Dicke Tränen kullern über ihre Wangen.
„Was hast du?“
Sie antwortet nicht.
„Ich kann nicht…“
„Hast du keinen Hunger?“
Helena schüttelt den Kopf.
„Das ist es nicht.“
Oliver neigt den Kopf zur Seite und schaut sie fragend an. In ihren Augen spiegelt sich Angst, Ungewissheit, beinahe Panik.
Was hat das Mädchen bloß erlebt?
„Oliver“, flüstert sie heiser und fängt genau in diesem Moment an, unheimlich zu zittern. „Ich kann mich nicht bewegen.“
Er braucht einen Moment und eine weitere Erklärung, bis er ihre Worte richtig deuten kann.
„Seit dem Sprung aus dem Gebäude kann ich sie nicht bewegen.“
Helena deutet auf ihre Beine. Sie sucht Hilfe, schreit förmlich nach einer Antwort auf die Frage, was mit ihr los ist, was mit ihr passiert ist. Doch sie ahnt es ebenso wie er. „Schau, ich spüre nichts.“
Ihre Stimme wird lauter, schneller, panischer. Sie ballt die Hand zur Faust und schlägt verzweifelt auf ihre Beine ein. „Ich spüre nichts! Oliver, ich spüre nichts!“
„Helena, halt an!“
Nun eilt auch Julius zur Hilfe. Er wirft sich auf den Boden neben die Matratze und greift nach ihrem Arm. „Das bringt doch nichts!“
„Ich spüre nichts. Ich kann sie nicht bewegen.“
Ihre Augen füllen sich erneut mit Tränen. „Bitte hilf mir.“
Flehend schaut sie ihn mit ihren großen, dunklen Pupillen an. Oliver schluckt. Er hat sich in seinem Leben noch nie so klein und hilflos gefühlt wie in diesem Moment.