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Neuausrichtung der Militärstrategie

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Wegen dieser besonderen Gefährdung steht der Schutz der Energieinfrastruktur bei allen großen Mächten im Zentrum ihrer Militärstrategie.

Das wichtigste Ölexportland der Welt, Saudi-Arabien, wurde in den vergangenen Jahren systematisch mit US-Militärtechnik ausgerüstet, um seine umfangreiche Ölinfrastruktur gegen terroristische Anschläge verteidigen zu können. Nach ihrem absehbaren Abzug aus dem Irak wollen die USA weiterhin Truppenkontingente im Land stationiert lassen. Die bisher geplanten Kasernenstandorte befinden sich nicht zufällig in der Nähe der großen Ölförderanlagen des Irak. Die neue Ölpipeline vom aserbaidschanischen Baku bis zum türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan wird durch AWACS-Flugzeuge der NATO beobachtet. Neben NATO-Partner Türkei wurde auch Georgien mit moderner US-Militärausrüstung, angeblich sogar mit unbemannten Militärflugzeugen – sogenannten Drohnen – ausgerüstet. Besonders brisant ist sowohl im Fall Saudi-Arabiens als auch beim Irak und Georgien, dass damit neue Waffen in Krisengebiete geliefert werden, die im Zweifelsfall nicht nur zum Schutz der Energieinfrastruktur, sondern auch für andere Zwecke eingesetzt werden können.

Auch die Bundeswehr soll zukünftig vermehrt Aufgaben der Sicherung der deutschen Energie- und Ressourcenversorgung und der freien Handelswege übernehmen. Die nach den Anschlägen vom 11. September vom Deutschen Bundestag beschlossene Operation »Enduring Freedom« beinhaltet bereits, die Seefahrtswege am Horn von Afrika – einer der wichtigsten weltweiten Tankerrouten – militärisch abzusichern. In dem 2005 an die Öffentlichkeit gelangten Entwurf des neuen Bundeswehrweißbuchs zur Sicherheitspolitik heißt es etwas holprig: »Sicherheitspolitik muss auch auf geografisch entfernte Regionen zielen, um Spannungen und Feindschaften zwischen Ethnien, regionalen Krisen, Staaten, in denen sich organisierte Kriminalität und Terrorismus ausbreiten, sprunghaft wachsenden Gesellschaften, die keine Zukunftsperspektive bieten, entgegenzuwirken. Die Vertiefung und Entwicklung guter Beziehungen zu strategischen Schlüsselstaaten in den verschiedenen Regionen, Beiträge zur Bewältigung von Krisen und Konflikten sowie zur Förderung regionaler Stabilität sind wichtige Handlungsfelder deutscher Sicherheitspolitik. Hierbei gilt es wegen der Import- und Rohstoffabhängigkeit Deutschlands, sich insbesondere den Regionen, in denen kritische Rohstoffe und Energieträger gefördert werden, zuzuwenden.« Diese lange Liste von Aufgaben gehört bisher nicht zum Auftrag der Bundeswehr. Um eine Militarisierung der deutschen Außenpolitik abzuwenden, sollte es so auch bleiben.

Die hochkomplexe Energieinfrastruktur unserer globalisierten Wirtschaft kann nicht militärisch verteidigt werden. Dagegen können sowohl unsere Energieversorgungssysteme als auch die politischen Rahmenbedingungen so gestaltet werden, dass das Risiko militärischer Angriffe und terroristischer Anschläge minimiert wird. Statt die Wachmannschaften von Kraftwerken zu verstärken, paramilitärische Einheiten entlang wichtiger Pipelines zu postieren, sollte die zukünftige Energieinfrastruktur von vornherein so ausgerichtet werden, dass sie weniger verletzlich ist. Das bedeutet eine Abkehr von zentralen Großtechnologien hin zu dezentralen Netzwerken. Durch die Stärkung einheimischer Energiequellen, beispielsweise aus erneuerbaren Energien, und eine Diversifizierung der Einfuhren kann die Abhängigkeit von wenigen Versorgungsrouten vermindert werden. Die beste Rückversicherung gegen die Bedrohung unserer Energieinfrastruktur bietet allerdings eine Politik, die politische Spannungen reduziert und die regionale Zusammenarbeit fördert.

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