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Wo bleibt Europa?

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Kann Europa beim großen Spiel um die weltweiten Energieressourcen mithalten? Sollte Europa nach denselben, oftmals brutalen Regeln spielen oder sich für einen anderen Weg zum Ziel einer sicheren, bezahlbaren und umweltfreundlichen Energieversorgung entscheiden?

Seitdem mit dem Vertrag von Maastricht eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der Europäischen Union begründet wurde, hat sie sich von Problem zu Problem weiterentwickelt. Das Ziel der nachhaltigen Entwicklung steht, auch im Bezug auf die europäische Außenpolitik, schon im Maastricht-Vertrag. Klimaschutz und Energiesicherheit werden als Herausforderungen der EU-Sicherheitsstrategie von 2003 benannt.

Geographisch wächst die EU-Außenpolitik in konzentrischen Kreisen. In ihrer unmittelbaren Nachbarschaft, in Osteuropa oder im Mittelmeerraum ist die EU schon heute zum bestimmenden Faktor geworden. Weltweit gesehen ist die EU jedoch gerade erst aus den politischen Kinderschuhen herausgewachsen. Dabei ist sie in der internationalen Handelspolitik schon heute eine Weltmacht. Neben den USA, China sowie einigen großen Entwicklungsländern ist die EU der entscheidende Akteur innerhalb der Welthandelsorganisation. Der Euro hat sich in wenigen Jahren zur zweiten globalen Reservewährung neben dem Dollar entwickelt. In wahrscheinlich nicht allzu ferner Zukunft wird der Zeitpunkt kommen, wenn auch die globalen Ölgeschäfte neben dem Dollar in Euro abgewickelt werden. Auch in der globalen Klimapolitik, einem zentralen Baustein der Energiepolitik, spielt die EU eine Führungsrolle. Aus ihrer wirtschaftlichen Macht erwachsen auch politischer Einfluss und die Verantwortung, diesen zu nutzen.

Was die EU in den neunziger Jahren auf dem Balkan versäumt hat, nämlich bei der Lösung der Konflikte in ihrer eigenen Nachbarschaft die Führungsrolle zu übernehmen, sollte sie bei der Transformation der osteuropäischen Staaten in Richtung Demokratie, Sicherheit und Stabilität nachholen. Russland wird dabei als konstruktiver Partner gebraucht. Dort, wo die russische Regierung ihrer Verantwortung nicht gerecht werden möchte beziehungsweise von irregeleiteten Vorstellungen einer russischen Einflusssphäre, für die andere Regeln als in Europa gelten, motiviert wird, muss die EU auch gegen den Wunsch Moskaus und im Interesse ihrer Mitgliedstaaten und der demokratischen Bewegungen in ihren Nachbarländern handeln. Die Transformation Weißrusslands, der letzten Diktatur Europas, in Richtung Demokratie ist dabei der wichtigste Prüfstein für die EU-Russland-Beziehungen.

Der zweite wichtige Prüfstein für diese Beziehungen ist eine kooperative Gestaltung des paneuropäischen Energiemarkts. Leider wird das Verhältnis zwischen der EU und Russland heute vor allem durch die gegenseitige energiepolitische Abhängigkeit definiert. Russlands Außenpolitik wird zunehmend mit wirtschaftspolitischen Instrumenten, darunter am prominentesten durch Energieexporte und -investitionen, ausgeführt. Andere wichtige Aspekte der gegenseitigen Beziehungen, wie die oben genannten Sicherheitsherausforderungen oder eine auf breiterer Basis angelegte wirtschaftliche Beziehung, treten dabei in den Hintergrund. Eine gesamteuropäische Energiepolitik, wie sie in der Europäischen Energiecharta bereits angelegt ist, muss die wirtschaftlichen und politischen Interessen sowohl von Export-, Import-, als auch von Transitländern berücksichtigen. Die von der EU und Russland im Rahmen des Kioto-Protokolls eingegangenen Verpflichtungen zum Klimaschutz gehören ebenfalls zur weiteren Ausgestaltung des europäischen Energiemarkts.

Die Frage der zukünftigen Energiesicherheit zeigt exemplarisch, wie eng die Interessen Europas und Ostasiens im eurasischen Raum miteinander verknüpft sind. Die Volkswirtschaften Ostasiens definieren ihre Beziehungen zum bisher weitgehend vernachlässigten Nachbarn Russland vor allem über die erhofften Öl- und Gasimporte. Mehr und mehr treten die EU und die aufstrebenden ostasiatischen Volkswirtschaften dadurch in Konkurrenz zueinander. Diese muss durch ein stärkeres Engagement der EU in der Region konstruktiv gestaltet werden.

Je mehr globale Reichweite die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU entwickelt, desto wichtiger ist es, europäische Politik mit dem wichtigsten Partner Europas in der Welt – den USA – zu koordinieren. Auch wenn es zwischen EU und USA immer wieder zu Interessenkonflikten kommen wird, so können die wesentlichen globalen Herausforderungen und die meisten regionalen Sicherheitskonflikte nur dann gelöst werden, wenn EU und USA konstruktiv miteinander zusammenarbeiten.

In welchem institutionellen Rahmen und auf welcher vertraglichen Basis sollte diese Zusammenarbeit stattfinden? Der wichtigste Rahmen für die Lösung internationaler Probleme sollten weiterhin die Vereinten Nationen bleiben. Diese müssen dafür reformiert werden mit dem Doppelziel höherer Effizienz und Legitimität ihres Handelns. Nach dem würdelosen Gezerre zwischen Deutschland und anderen EU-Partnern um einen permanenten deutschen Sitz im Sicherheitsrat sollten die Kräfte darauf konzentriert werden, im Vorfeld wichtiger Entscheidungen eine gemeinsame EU-Position herzustellen und – aufbauend auf einer Erfahrung konstruktiver Zusammenarbeit – langfristig einen gemeinsamen europäischen Sitz anzustreben.

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