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Kapitel 11 - TEUFELSLOCKE

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MENDRICK.

Mir fehlten die Worte. "Erwin, du…? Zeldarianer…? Mein Vater… ich meine… was hat er dazu gesagt?" - "Balthaszar weiß nichts davon", sagte Erwin bedrückt, "dadurch, dass ich das Gandulf'sche Lehrbuch aber genauestens studiert, und Zauberer, die diese Kunst anwenden, exakt beobachtet habe, konnte ich lernen, ihre Bewegungen und ihr Auftreten perfekt nachzuahmen. Durch meine Adern jedoch fließt das Blut eines Zeldarianers." - "Wieso hast du denn nicht umgelernt, wenn dich die Kunst der Gandulf'schen Zauberlehre doch viel mehr interessiert hat als alles andere?", fragte Pauline. "Das ist nicht möglich", sagte ich, "hat sich ein reinblütiger Zauberer einmal einer Zauberkunst verschrieben, so wird er dieser auf ewig treu bleiben. Es ist ein Schwur, die nicht aufgehoben werden kann." Zigeunermädchen Shamandra räusperte sich aus dem Hintergrund. "Was ist denn so tragisch daran, dass der Typ ein Zeldarianer ist? Ist doch alles dasselbe." - "Die Art seiner Zauberkunst tut wenig zur Sache, solange er sie klug gebraucht", gab ich zu, "tragisch ist, dass er uns und vor allem meinen Vater so belogen hat und sich für jemanden ausgab, der er nie war." - "Es tut mir Leid", beteuerte Erwin, "aber was hätte ich denn tun sollen, Mendrick? Dein Vater hätte mich niemals in den Orden aufgenommen, hätte er gewusst, dass ich nie zuvor einen Gandulf'schen Zauber angewendet habe. Du weißt, was dein Vater von der Zauberkunst Zeldars hält." Ich musste auflachen. "Mein Vater hätte sich nicht daran gestoßen, dass du Zeldarianer bist, wenn du ihn von Anfang an ehrlich unterstützt hättest! Er sah in dir einfach einen Gleichgesinnten! Einen teuren Freund. Es wäre ihm egal gewesen, welcher Zauberei du angehörst." - "Ich entschuldige mich für mein Verhalten. Es war nicht richtig. Aber ich hatte einfach Angst vor Balthaszars Reaktion." - "Das wäre also geklärt", unterbrach uns Shamandra, "können wir jetzt endlich zu unserem Fluchtplan zurückkehren?" - "Wenn Erwin uns nicht hier raus bringen kann", sagte Pauline, "dann musst du es tun, Mendrick." - "Hast du mir vorhin nicht zugehört?", blaffte ich sie an. "Ich kann noch keine großen Gedankenzauber vollbringen." - "Dann musst du einen normalen Explosionszauber anwenden, das geht doch." - "Ohne Zauberstab? Beeindruckender Plan." - "Höre doch erstmal zu! Dein Zauberstab tut ja nichts anderes als deine mentalen Impulse und deine Zauberkraft nach außen zu leiten, nicht wahr? Also brauchen wir einfach einen Zauberstabersatz – irgendetwas aus Holz, zum Beispiel Shamandras hölzerner Armreifen. Das Prinzip ist das gleiche." - "Klingt einleuchtend!", bemerkte Shamandra erfreut. "Es könnte wirklich funktionieren", stimmte Erwin zu. "Vorausgesetzt, Mendrick gibt sich ordentlich Mühe", sagte Pauline frech. "Wofür hältst du mich?", gab ich zurück und brannte darauf, es auszuprobieren. "Macht bloß keinen Lärm", meldete sich Yuri aus der Ecke, "sonst macht ihr noch die Wachen auf euch aufmerksam." - "Keine Sorge", sagte Pauline. "Ich darf doch?", fragte ich und deutete auf Shamandras Armreifen. Das Zigeunermädchen nickte, legte ihn ab und gab ihn mir mit den Worten: "Was immer uns hier raus bringt." Ich tastete den Reifen sorgsam ab, damit ich mich an die Form und die Größe des Gegenstands gewöhnen konnte und atmete dann ein paar Mal tief durch, um mich zu konzentrieren. "Leise jetzt", mahnte Pauline Shamandra, als diese den Mund öffnete, um meine Atemübung zu kommentieren. Nachdem mein Geist und mein Körper spürbar ruhiger geworden waren nahm ich den Armreifen fest in die rechte Hand, während ich mit meiner linken die Gitterstäbe des Kerkerfensters griff, um die Energie besser überleiten zu können. "Viel Erfolg, Junge", sagte Erwin. Ich schloss die Augen, damit ich mich zur Gänze auf die Magie einlassen konnte, und stellte mir die Situation so vor, wie ich sie gerne hätte: durch meinen Zauber würden die Gitterstäbe zuerst grünfarben zu glühen beginnen und anschließend in kleine Teile zerbersten. Ich sah in Gedanken den grün leuchtenden Funken, der in einen der Gitterstäbe überging, sah, wie der Funke nach und nach auf die anderen Stäbe überspringen würde, wie ein Lauffeuer; ich hatte den Geruch der sich zersetzenden Stäbe in der Nase und alles schien ganz klar und echt und ich erwartete, dass meine Fingerkuppen augenblicklich, wie beim Zaubern üblich, leicht zu brennen anfangen würden, aber nichts passierte. Ich schlug die Augen auf. Absolut nichts hatte sich gerührt. Shamandra schnaubte enttäuscht, ich gab nicht auf, versuchte es noch einmal. Ohne Erfolg. Es ging nicht, so sehr ich mich auch anstrengte. Ich war nicht stark genug. "Versuch du es, Erwin! Gibt es keine zeldarianische Spruchformel, die den Zauber auslösen könnte?", bat ich und bedauerte, dass ich meine Gandulf'sche Ausbildung nicht wenigstens bis zum Kapitel Musterzauberer zu Ende gebracht hatte. "Das hat wohl keinen Sinn", meinte Erwin niedergeschlagen, "ich bräuchte einen richtigen Zauberstab. Solange wir keinen zur Verfügung haben wird das hier ohnehin nichts." - "Mumpitz", sagte Pauline und stellte sich dicht neben mich, "komm schon, Mendrick, du schaffst das!" Sie legte aufmunternd ihre Hand auf die meine, in der ich Shamandras hölzernen Armreifen hielt. Gestärkt durch ihre Unterstützung versuchte ich es noch einmal. Ich senkte die Lider abermals, um die Vorstellung vor meinem inneren Auge so deutlich wie nur möglich zu sehen, und als Pauline meine Hand losließ und der Klang von zerberstenden Gitterstäben in meinen Ohren dröhnte, riss ich die Augen auf. "Schnell, raus hier!", zischte Erwin, als augenblicklich die schnellen Schritte der Rothüte ertönten. Ich ließ Shamandras Armreifen fallen, um skeptisch meine Hände zu begutachten. Sie waren ganz kalt. Bis jetzt hatte ich immer deutlich gespürt, wenn ein magischer Impuls durch meinen Körper gezuckt war; dieses Mal nicht. "Mendrick, worauf wartest du?", drängte Pauline, die bereits mit Erwins Hilfe durch das Kerkerfenster nach draußen geklettert war. "Ich hab nichts gespürt", stieß ich verwirrt hervor, "gar nichts…" - "Darüber kannst du dir später den Kopf zerbrechen! Mach voran!", schnappte Shamandra und stieß mich in Richtung Fenster. Erwin half zuerst Yuri, sich hochzustemmen und ins Freie zu hieven, dann mir. Shamandra hatte ihren Armreifen vom Steinboden aufgehoben und kletterte nun ebenfalls nach draußen. Zuletzt folgte Erwin. Gerade noch rechtzeitig, denn in dem Moment stürmten die Rothüte in unsere Zelle. "Ich brauche einen Zauberstab! Rasch!", rief ich, als uns Handlanger der Schneekönigin mit diversen Fluchzaubern attackierten. Ihrem Gebrabbel nach zu urteilen benutzten sie Zauberformeln, was für Zeldarianer typisch war. Pauline schrie auf, als ein Fluchzauber ihren Oberarm streifte und einen tiefen, roten Schnitt hinterließ. Mein Magen drehte sich um; Paulines Arm verfärbte sich grau und sie konnte ihn nicht mehr bewegen. Es schien, als wäre er aus Stein. "Nein, nein!", brüllte ich, als sie vor Schreck das Gleichgewicht verlor und zu Boden ging. Erwin packte sie, hob sie hoch und warf sie wie einen Sack Mehl über seine breiten Schultern. Wir rannten weiter, der Labyrinthgasse entgegen, die ihrem Namen alle Ehre machte. Shamandra kramte in der Seitentasche ihres schäbigen Faltenrocks herum und zog dann eine kleine, dunkelblaue Kugel heraus. "Was ist das?", rief ich, da hatte sie die Kugel unseren Verfolgern bereits vor die Füße geschmissen und es knallte augenblicklich so laut, dass ich fürchtete, die Rothüte hätten einen Explosionszauber auf uns geschleudert; aber dem war nicht so. Shamandras Kugel war aufgebrochen und gab einen stinkenden, gelblichen Rauch frei, der die Rothüte zum Husten brachte und ihre Sicht verschleierte. "Schwefelkugel", keuchte Shamandra, als wir die kreuz und quer verlaufenen Sträßchen weitereilten, "aus einem Scherzartikelladen in Baldur!" Ich grinste breit und wir kamen an eine Weggabelung. "Links, links!", rief Shamandra. "Zum Zeltlager meiner Familie! Dort können wir uns verstecken!" Wir liefen so schnell uns unsere Füße trugen und erreichten schließlich das Zeltlager. "Was ist denn los?", rief eine magere Frau aufgeregt, die dieselben dunklen Locken wie Shamandra hatte und große, gold schimmernde Ohrringe trug, "wo warst du, Shamandra?" - "Ich erkläre dir alles später, Ma! Schnell, lass mich und meine Freunde ins Zelt, um uns zu verstecken!"

Wir hörten, wie die Rothüte ins Lager drangen und Shamandras Gefährten nach uns ausfragten. Pauline lag mit ihrem Kopf in meinen Schoß gebettet und presste die Lippen aufeinander, um nicht vor Schmerzen, die ihr der Arm bereitete, aufzuschreien. "Hier ist niemand entlang gekommen", lauschten wir dem Dialog zwischen den Zauberern und Shamandras Mutter, "und ich würde doch wohl meine eigene Tochter erkennen, wenn sie an mir vorbeiliefe. Was habt Ihr mit ihr gemacht? Wieso seid Ihr hinter ihr her?" - "Die Fragen stellen wir", blaffte der Zauberer, "und wenn du nicht hören willst, wirst du deiner Tochter im Kerker gleich Gesellschaft leisten." Ihre Schatten tanzten auf der Zeltwand auf und ab. Ich tauschte mit Erwin angespannt die Blicke aus. Pauline schien das Bewusstsein verloren zu haben. Endlich ließen die Rothüte von den Zigeunern ab und verschwanden. Erleichtert atmete Shamandra auf. "Zum Glück!" Sie stürmte nach draußen. "Danke, Ma!" - "Du bist mir einiges an Erklärungen schuldig, Teufelslocke!" - "Später, Ma, zuerst brauchen wir Hilfe. Jemand wurde von einem Fluchzauber getroffen. Wir brauchen Medizin. Oder einen Zauberstab. Aber ich schätze, so etwas besitzen wir nicht." - "Zauberstab?", wiederholte Shamandras Mutter verwirrt, reichte uns aber Arznei ins Zelt. "Das ist eine Salbe aus Silberhirschfett", erklärte sie, "die müsste helfen, den Schmerz zu mildern." - "Danke", sagte ich und rieb Paulines Arm ein, der immer noch gräulich glänzte. Die Wunde selbst war blutrot und eitrig. "Was machen wir denn jetzt?", fragte Yuri besorgt in die Runde. "Ich meine, wir müssen den Fluch aufheben…" - "Alles zu seiner Zeit, Yuri", sagte ich, bemüht, ruhiger zu wirken, als ich war, "Erwin und ich brauchen dringend Zauberstäbe, damit wir uns verteidigen und den Fluch rückgängig machen können." - "Zauberer also", stellte Shamandras Mutter wenig erfreut fest. "Sie sind Verbündete Balthaszars", erklärte Shamandra zugleich. "Nun gut", erwiderte ihre Mutter, wirkte aber immer noch etwas misstrauisch. Ein etwa vierzig Jahre alter Mann mit kurzen, rabenschwarzen Locken steckte den Kopf ins Zelt herein. "Was geht da vor sich, Lundira? Wer sind die Fremden, und was wollten die Rothüte hier?" - "Keine Aufregung, Nando. Die Fremden sind uns gut gesinnt, sagt Shamandra, und sie sind mit ihr gemeinsam aus dem Gefängnis entflohen." - "Das war mir klar, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis sich unsere Tochter wieder beim Stehlen erwischen lässt", sagte der Mann namens Nando genervt. "Was war es denn diesmal, Teufelslocke?" Shamandra seufzte tief. "Den neuen Ring der Königin." Lundira schlug sich die Hand vor den Mund. "Shamandra…!" - "Was denn? Sie wollte einen neuen haben, weil ihr der alte anscheinend nicht gut genug ist, und in Abeytu wollte sie ihn anfertigen lassen, da hab ich mir gedacht, den braucht sie ja gar nicht, sie hat ja schon einen, und wir könnten ihn für ein Vermögen verkaufen..." - "Dafür hättest du an den Galgen kommen können!", rief Nando entrüstet. "Ich weiß, Pa", sagte Shamandra leise. "Du musst vorsichtiger sein! Bei allen Göttern, was ist bei der Geburt dieses Kindes bloß falsch gelaufen?" Er verschwand wieder nach draußen. Pauline gab einen leisen Klagelaut von sich. Dann öffnete sie schließlich die Augen.

Yuri

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