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Kapitel 7 - DER MAMPFENDE MERLIN

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MENDRICK.

Es war mir wirklich schwer gefallen, die Meliade zurückzulassen. Ich wusste nicht genau, was es war, das mich nachdenklich stimmte, aber irgendwie machte es mich traurig, wenn ich mir vorstellte, Gwen einige Zeit lang – und wer wusste schon, für wie lange? – nicht wieder zu sehen. Ich dachte während unseres Fußmarsches nach Abeytu oft an ihr unbeschwertes, ansteckendes Lachen.

Yuri hatte sich in der Nacht vom ersten auf den zweiten Tag (wir übernachteten in einem unbewohnten Fuchsbau) leise und unbemerkt wieder in einen Menschen zurück verwandelt, was ihn für einige Stunden sehr schwächte und es für ihn so gut wie unmöglich machte, Schritt zu halten. Also blieben wir bis zum Abendrot noch an der Grenze des Schmetterlingswaldes zu Baldur, dem Vorort Abeytus. Baldur war ein kleines, gemütliches Dorf, in dem sich hauptsächlich Wirtsleute, Gaukler und Künstler aufhielten und als typischer Ort zum Kurzaufenthalt diente, wenn man auf Reisen war. Als sich Yuri von den Strapazen seiner Verwandlung einigermaßen erholt hatte, überquerten wir die Grenze und kehrten in den Mampfenden Merlin, ein Dorfgasthaus, ein, wo wir auf die zweite Gruppe unseres Klans warteten.

Im Mampfenden Merlin war es laut, stickig und es roch nach angebrannten Zwiebeln und vielerlei Arten von Schmoggs. Schmoggs, das sind speziell aromatisierte Zaubererzigarren; sie sind in allen Farben und Geschmacksrichtungen erhältlich und äußerst beliebt.

Der Wirt, ein stämmiger, kahlköpfiger Mann, machte eine einladende Geste, als er uns sah. "Rein mit Euch, rein mit Euch. Gerade ist ein großer Tisch frei geworden." - "Bietet Ihr auch Nachtlager für eine Gruppe Reisender an?", fragte ich. "Wie lange wollt Ihr und Eure Gefährten bleiben?", erwiderte der Wirt. "Bloß eine Nacht", erklärte ich, "morgen ziehen wir weiter." - "Aus wie vielen Leuten besteht Eure Gruppe?" - "Es kommen noch ein paar dazu. Insgesamt wären wir dann fünf Männer, elf Frauen und vier Kinder." - "Und was ist mit dem Halbwüchsigen da?", fragte der Wirt und deutete auf Yuri. "Ach so", sagte ich, "ja… das ist… er zählt auch noch dazu." - "Also einundzwanzig Leute… hmm… habt Ihr denn so viel Geld bei Euch, dass Ihr Euch das Lager für einundzwanzig Leute leisten könnt?" - "Nun, ich habe noch einige Silberstücke bei mir..." - "Ich bin nicht sicher, ob einige Silberstücke reichen." Er überlegte. "Ach, hab doch ein Herz, Norbert!", rief eine dicke, rothaarige Frau von der Theke zu uns herüber. "Sei still, Weib", gab der Wirt namens Norbert zurück, "ich bin hier immer noch der Herr im Haus!" Er verschränkte streng die Arme vor der gewaltigen Brust. "Bitte", hakte ich ein, "es ist ja nur für eine Nacht. Einer unserer Kameraden ist verwundet. Weder er noch die Kinder würden noch weitere Nächte ohne Speis und Trank und Wärme da draußen im Frost überleben." Norbert schnaubte wenig begeistert, erwiderte dann aber: "Nun gut, die paar Münzen reichen wohl für eine Nacht."

Nachdem unser Klan vollständig war, führte uns Norberts Frau Irma die Treppen des Wirtshauses zu den kleinen, schlichten, aber ausreichenden Schlafzimmern hoch und sagte zu mir: "Ihr müsst meinen Mann entschuldigen. Er wirkt oft strenger und kälter als er ist. Er mag manchmal ein Grobian sein und als solcher auftreten, aber er hat einen weichen Kern. So sind alle Männer in Norberts Familie." Sie entzündete die Wandlaternen und fuhr dann unter vorgehaltener Hand fort: "Wir sind leider keine richtigen Mors, keine reinblütige magische Familie. Norberts Mutter war zwar Zauberin, aber er hat diese Fähigkeiten aus irgendeinem Grund nicht von ihr geerbt. Ich bin eine normale Sterbliche - aber zum Glück ist Norberts Kusine ersten Grades eine reinblütige Hexe und das hat unseren Ruf gerettet. Sonst hätte Norbert womöglich sein Wirtshaus weder in Baldur noch in Abeytu aufmachen können! Die Regeln sind ja hier in der Zauberstadt doch recht streng. Nun, jedenfalls - ich bin froh, dass Norbert doch eine Hexe in der Verwandtschaft hat." Ich rümpfte die Nase. Ich mochte Hexen nicht besonders. Vielleicht deshalb, weil meine Mutter eine Hexe gewesen war und mich und meinen Vater für einen reichen Magiehistoriker verlassen hatte. Oder aber auch, weil die Schneekönigin Hexenkräfte besaß. Ich war mir nicht sicher.

Die Mütter brachten ihre Kinder zu Bette und Peadir begab sich ebenfalls zur Nachtruhe. "Woher kommt Ihr und Eure Leute und wer seid Ihr?", fragte Irma. "Mein Name ist Mendrick…" - "Mendrick", wiederholte Irma und legte nachdenklich die Stirn in Falten, "dieser Name kommt mir irgendwie bekannt vor…" Pauline stieß mich in die Seite. Da erst begriff ich, dass ich hier in der Gegend kein Wort darüber verlieren sollte, wer ich war, denn all diese Zauberer waren Verbündete der Kalten Hexe und wussten, dass mein Vater und ich sich ihnen entgegen stellten anstatt ihre Ansicht zu teilen. "Menderich", verbesserte ich hastig, "ich heiße Menderich. Und ich komme Euch wirklich bekannt vor?" Sie überlegte kurz und schüttelte dann ihren Lockenkopf. "Ich dachte, ich hätte einen anderen Namen vernommen. Nun denn, schlaft gut. Aber spätestens zu Mittag solltet Ihr morgen mit Eurer Gruppe aufbrechen." - "Ja, Hausherrin. Das werden wir." Sie nickte und ging dann die Stufen hinab zurück in die Gaststube.

Yuri schlief bei mir im Zimmer.

Es war sehr klein und dunkel. Wir zündeten Kerzen an und tauschten die dreckigen Bettlaken gegen zwei Decken aus dem Dorf. Yuri legte sich ins untere Stockbett und ich setzte mich zu ihm an die Bettkante. "Sag mal, du warst so erschöpft und kraftlos nachdem du dich zurückverwandelt hast. Wie ist das Transformieren eigentlich? Ist es wirklich so anstrengend?", fragte ich ihn. Er starrte an die gegenüberliegende Wand. "Ich weiß nicht recht, wie ich es beschreiben soll", antwortete er nachdenklich, "im Nachhinein erinnere ich mich ja kaum noch dran. Es passierte auch dieses Mal so plötzlich und unerwartet." - "Als du den einen Morgen verschwunden warst, kurz nachdem dich Pauline und ich in unser Dorf brachten", sagte ich, "da hast du dich auch verwandelt, oder?" - "Ich denke schon. Ich ging noch vor Sonnenaufgang raus, um etwas von dem Regenwasser zu trinken, das ihr in diesen großen hölzernen Trögen sammelt. Da ist es auf einmal geschehen. Warum, weiß ich nicht. Ich weiß nur noch, dass ich, als ich wieder Mensch war, vom Wald zurück ins Dorf gehen musste." - "Und als du aus dem Schloss der Kalten Hexe ausgebrochen bist", fragte ich, "weißt du davon noch irgendetwas?" Er schlug die Augen nieder. "Nein. Nichts. Ich erinnere mich nicht." - "Tut es weh?" - " Was?" - "Die Transformation. Ich meine, ist das wie der Geburtsschmerz einer Mutter, den sie, sobald ihr Baby da ist, wieder vergisst?" - "Nein, es ist kein richtiger Schmerz. Es ist aber auch nichts Angenehmes. Es ist… eigenartig." - "Eigenartig", wiederholte ich murmelnd, fragte Yuri aber nicht weiter aus, denn er schien sehr müde und erschöpft zu sein. Kurz bevor ich in mein Bett klettern wollte, klopfte jemand an unsere Tür. Ich öffnete und blickte in Paulines Gesicht. "Kann ich dich einen Augenblick sprechen?", fragte sie mich. Ich bejahte und lehnte die Tür hinter mir an.

"Du hast noch keine Antwort von deinem Vater bekommen", bemerkte Pauline leise. Ihre blaugrauen Augen glänzten im Schein der Wandlaternen. "Woher willst du wissen, dass er uns überhaupt erwartet? Ich meine… wieso hat er dir keine Antwort auf deinen Brief zukommen lassen?" - "Es ist ganz klar, dass mein Vater keinen Raben zurückgesandt hat", antwortete ich wie selbstverständlich, "bestimmt hätte irgendein Spion der Königin das Tier abgefangen und die Nachricht konfisziert. Dieses Risiko wollte Balthaszar nicht eingehen." - "Ja, gut, aber was, wenn wir umsonst hierher gekommen sind? Was, wenn dein Vater gar nicht in Abeytu ist? Was machen wir dann? Ich meine, du warst Ewigkeiten nicht mehr in deiner Heimat. Wie kannst du dir da sicher sein, dass dein Vater noch hier ist? Möglicherweise musste er die Stadt verlassen… vielleicht als Flüchtling… oder als Gefangener." Ich schüttelte den Kopf. "Mein Vater ist nicht fort gegangen. Ich spüre es." Pauline zog ihre Augenbrauen hoch. "Verzeih, aber wie meinst du das?" Ich musste zaghaft lächeln, als ich nun an meinen Vater dachte und an all die Jahre meiner Kindheit, die ich bei ihm verbrachte, nachdem meine Mutter uns verließ. "Ich habe meine Zauberkräfte von meinem Vater geerbt, Pauline", erklärte ich, "es heißt, sobald jemand magisches Blut an seine Nachkommen weitergibt, entsteht zwischen diesen zwei Menschen eine Bindung, ein unsichtbares Band, das sich niemals durchtrennen lässt. So bin ich auch mit meinem Vater verbunden, wie Zwillinge fast, die instinktiv spüren, wenn es dem anderen schlecht geht. Kurzum – ich hätte gemerkt, wenn mein Vater in Gefahr gewesen wäre und aus der Stadt hätte fliehen müssen, oder fortgejagt worden wäre. Ich kann dir nicht beschreiben, wie ich es gemerkt hätte, aber ich hätte es gemerkt." Pauline runzelte die Stirn. "Das sieht dir gar nicht ähnlich, so zu reden. Du bist sonst bei allem, was mit Gefühlen zu tun hat, sehr skeptisch und... nun, etwas grob." Ich zuckte mit den Schultern. Pauline fragte weiter: "Was, wenn er weder als Gefangener noch als Flüchtling fort ging? Was, wenn er der Liebe wegen seinen Wohnsitz wechselte?" Ich lachte auf. "Der Liebe wegen? Nein. Mein Vater hatte stets genug Ärger dank meiner Mutter gehabt. Nie mehr würde er sein Leben für eine Frau umkrempeln." - "Mhm", sagte Pauline, "das hast du also auch von ihm geerbt." Ich ignorierte diesen Kommentar und erwiderte knapp: "Vertrau mir einfach." Sie seufzte. "Das tu ich ja, Mendrick. Das tu ich." Ich küsste sie auf die Stirn. "Geh jetzt ins Bett, Pauline. Du hast ganz müde Augen vor Erschöpfung." Sie nickte und kehrte in das gegenüberliegende Zimmer zurück.

Yuri schlief. Er sah immer noch recht schwach und zerbrechlich aus, obgleich er sich in den vergangenen Monaten, nach seinem Ausbruch aus dem Königsschloss, einigermaßen erholt und etwas an Gewicht zugelegt hatte. Ich legte meinen Mantel ab und das Jackett, das ich darunter trug, zog meinen Zauberstab aus der Tasche, kletterte ins obere Stockbett hinauf, ließ mich dort nieder, legte den Zauberstab beiseite, zog mir die alte Wolldecke aus dem Dorf bis zum Brustbein hinauf und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Ich überlegte und fragte mich, wie es wohl sein würde, meinem Vater nach fünf Jahren wieder gegenüber zu stehen.

Vor meinem inneren Auge malte ich mir sein Bild aus, was ich schon lange nicht mehr getan hatte. Aber die Erinnerung an ihn war klar und deutlich.

Balthaszar war ein strenger, schweigsamer Mann, die Düsterkeit in Person; er war sehr blass, hatte schulterlanges Haar so schwarz war wie Kohlen, das er meistens zu einem Pferdeschwanz gefasst hatte; stechende, ockerfarbene Augen, die einen drastischen Kontrast zu seinen Haaren bildeten; eine große, hagere Statur – die er ohne Zweifel an mich weitergegeben hatte – und er sah ernst und reserviert aus. Nichts desto Trotz war er mir stets ein guter, fürsorglicher und herzlicher Vater gewesen. Als meine Mutter uns damals wegen einer Liebschaft mit einem erfolgreichen Historiker für Magiekunde verlassen hatte, war Vater inmitten seiner Ausbildung der Gandulf'schen Zauberkunst gewesen und fühlte sich überfordert von der Vorstellung, seinen damals vierjährigen Sohn alleine großzuziehen. Aber er bemühte sich, gab sein Bestes und, nun, es ist doch etwas einigermaßen Vernünftiges aus mir geworden. Als ich achtzehn war und fortgeschritten in den Lehren der Gandulf'schen Zauberkunst, beschloss ich, in den Schmetterlingswald zu ziehen, um den Leuten, die dort besonders mit dem Umstand des Krieges zu kämpfen hatten, zu helfen.

Ich traf auf ein Mädchen, das beim Kräutersuchen im Wald in einen zugefrorenen Fischteich eingebrochen war, sich mit aller Kraft herausgezogen hatte und dann völlig durchnässt und vor Kälte zitternd zu meinen Füßen lag und um Hilfe bat. Dieses Mädchen war niemand anders als die damals dreizehnjährige Pauline gewesen. Ich erklärte der vor Kälte und Furcht Gelähmten, dass ich zwar ein Zauberer war, aber im Gegensatz zu anderen nicht auf der Seite der mächtigen, skrupellosen Schneekönigin stand, die vor zwei Monaten unseren eigentlichen König, Gaidemar, vom Throne gestürzt und das gesamte Reich in Eis und Frost verwandelt hatte. Mithilfe eines Wärmezaubers bewahrte ich Pauline vor dem Erfrieren und brachte sie in ihr Dorf zurück. Weil ich Paulines Leben gerettet hatte, gewährten mir die Dorfleute, allen voran Kimama, Unterschlupf. Letztlich blieb ich bei diesem Klan.

Bis heute.

Kontakt zu meinem Vater hatte ich all die Jahre nicht.

Ein einziges Mal sandte er mir eine Botschaft, in der er mir sagte, ich solle es meiden, mich bei ihm zu melden, denn weil er sich öffentlich gegen die Schneekönigin bekannt hatte, stand er nicht mehr unter dem Schutz, den die Königin dem Zaubervolk gewährt hatte; Vater stand nun also auf der schwarzen Liste der Königin und musste dem zufolge untertauchen. Um mich nicht unnötig in Gefahr zu bringen, riet er mir, keinen Briefwechsel und keine persönlichen Treffen mit ihm zu haben, außer, es sei ein äußerst dringender Notfall.

Nun, dass wir den Auserwählten gefunden hatten, erschien mir durchaus ein guter Grund zu sein, dem Kontaktstillstand ein Ende zu bereiten.

Yuri wälzte sich unruhig im Schlaf hin und her. Ich konnte es hören, denn die Betten knarrten ganz furchtbar. Als ich dann auch noch ein leises, verzweifeltes Wimmern vernahm, kletterte ich von meinem Stockbett hinunter und beugte mich über Yuri. "Yuri?", sagte ich leise und berührte seinen Arm. "Yuri, alles in Ordnung?" Er schlug mit einem Male die Augen auf. Sein Blick war entsetzt und voller Schrecken. Er atmete schwer. Ich fasste ihn behutsam an den Schultern. "Yuri, was ist los mit dir?" Für einen kurzen Moment dachte ich, er würde vielleicht transformieren, aber dann öffnete er den Mund und sagte, nein, hauchte vielmehr: "All diese Fratzen…" Mir schauderte, aber ich versuchte, ruhig zu bleiben. "Welche Fratzen, Yuri? Wovon sprichst du?" Tränen liefen ihm nun übers Gesicht und Schweißperlen glänzten auf seiner Stirn. "Ich… ich weiß nicht… mir ist so… seltsam… kann kaum atmen... ich… sie sind überall... einfach überall!" Sein Schluchzen ging in ein panisches Schreien über. "Ich kann nicht! Ich kann nicht!" Mir wurde schlecht vor Unschlüssigkeit. Ich hatte Mühe, den Knaben festzuhalten. "Es ist niemand da, Yuri, ich bin’s, Mendrick…" - "Lasst mich! Verschwindet!" Er schrie. Er weinte. Er flehte. Ich konnte ihn nicht beruhigen. Die Zimmertür schwang auf und Pauline und Kimama stürzten herein. Beide trugen ihre langärmeligen Nachthemden. "Was ist passiert?", rief Kimama besorgt. "Wir haben Yuri schreien gehört!" Da hatte sie ihn auch schon erblickt und hielt erschrocken inne. "Der arme Junge...", murmelte sie. Pauline warf sich vor Yuris Bett auf die Knie und griff nach seiner Hand, deren Finger ganz verkrampft waren. "Yuri, alles ist gut! Du bist in Sicherheit! Alles ist gut!" Ihre Stimme schien ihn zu besänftigen. Er hörte auf zu schreien und sich hin und her zu winden. Sein Atem wurde ruhiger. Ich lockerte meinen Griff und wich beiseite. Yuri sank ins Kissen zurück und blickte Pauline, die seine Hand immer noch in der ihren hielt, mit glasigen Augen an. Kimama stand nach wie vor an der Tür und tauschte mit mir sorgenvolle Blicke aus. "Na, du?", sagte Pauline zu Yuri, "Geht es dir besser?" Er rührte sich nicht, blinzelte aber. "Was ist geschehen, Yuri?", fragte ich bemüht sanft. Yuri atmete tief durch. Dann antwortete er leise: "All die Zeit im Schloss… man gab mir diese Säfte zu trinken… und irgendwann begann ich, Fratzen zu sehen. Fratzen, die immer grauenhafter und realer wurden, je öfter ich trank… manchmal erscheinen sie mir wieder, im Traum…" Kimama seufzte betroffen. "Ach, Yuri", sagte Pauline, "leider haben wir hier keine Möglichkeit, passende Heilpflanzen zu besorgen, die deine Alpträume vertreiben könnten." Ich erinnerte mich an die Rosmarinzweige, ging zu meinem Mantel und kontrollierte die Taschen. "Nein", stellte ich wenig überrascht fest, "nicht mal mehr ein bisschen Rosmarin." - "Ich... bin... so müde...", wisperte Yuri. Langsam fielen ihm die Augen zu. Paulines Hand ließ er nicht los, im Gegenteil, er hielt sie noch fester. "Der Arme hat wohl ein richtiges Trauma", flüsterte mir Kimama zu. Ich nickte und antwortete ebenso leise: "Das ist wohl nicht erstaunlich, nach so vielen Jahren in Gefangenschaft. Aber er wird schon wieder… hoffe ich." Pauline streichelte Yuris Hand und musterte den Schlafenden nachdenklich. "Gibt es denn gar keine Möglichkeit, ihm irgendwie zu helfen?" - "Schwerlich", sagte Kimama, "ich glaube, wir können nicht mehr tun, als einfach für ihn da zu sein, wenn wir das Gefühl haben, dass er uns braucht." Ich stimmte ihr zu. Dann ging sie in ihr Zimmer zurück; Pauline holte von ebenda ihre Decke, breitete diese dann vor Yuris Bett am Boden aus und wich die ganze Nacht lang nicht mehr von seiner Seite.

Yuri

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