Читать книгу Leitfaden der Rechtsgeschichte - Sibylle Hofer - Страница 7
Оглавление1Das Konzept dieses Leitfadens
1.1.Zielsetzung und Grundzüge der Gliederung
1. Quellen und Rechtsordnung
Das Buch verfolgt vor allem zwei Zielsetzungen: Zum einen will es bedeutsame historische Rechtstexte vorstellen. Zum anderen soll ein Einblick in Konzeptionen der Rechtsordnung gegeben werden. Dementsprechend ist jedes Kapitel in zwei Teile gegliedert: „Quellen“ und „Rechtsordnung“.
2. Epochen
Die Perspektive „Quellen“ bildet auch die Grundlage für die Kapiteleinteilung. Jedes Kapitel ist einem Zeitabschnitt gewidmet, der aus rechtsgeschichtlicher Perspektive als eine Epoche angesehen werden kann. Eine Zäsur wird immer dann gesetzt, wenn neue Arten von Rechtstexten – sei es im Hinblick auf Urheber, Formen oder Inhalte – in den Vordergrund treten. Dementsprechend benennen die Kapitelüberschriften Kategorien von Rechtstexten bzw. wissenschaftliche Richtungen, die eine bestimmte Zeitspanne kennzeichnen. Die Angaben von Jahreszahlen sind dabei als bloße Orientierungshilfen zu verstehen. Eine strikte zeitliche Abgrenzung der Epochen ist nicht möglich; es gibt stets fließende Übergänge.
3. Zeitliche und geographische Dimension
In zeitlicher Hinsicht umfasst die Darstellung etwa 2500 Jahre. Sie beginnt bei den ältesten überlieferten Quellen des römischen Rechts (5. Jahrhundert v. Chr.) und endet mit der Gründung der Europäischen Union (Ende 20. Jahrhundert). Der Leitfaden bezieht das römische Recht ein, da in späteren Zeiten vielfach darauf zurückgegriffen wurde. Um die Bedeutung solcher Rückgriffe ermessen zu können, sind Kenntnisse der ursprünglichen Gestalt notwendig. Die Schilderungen werden bis zu den ersten europäischen Gemeinschaften nach dem Zweiten Weltkrieg fortgeführt, da diese Gemeinschaften erste Grundlagen für einheitliche Rechtsgestaltungen in Europa legten.
In geographischer Hinsicht erfolgt eine Beschränkung auf Kontinentaleuropa, wobei der Schwerpunkt auf den Gebieten der heutigen Länder Deutschland, Österreich und Schweiz liegt.
4. Rechtsetzung und Rechtswissenschaft
Unter der Überschrift „Quellen“ werden in jedem Kapitel ausgewählte Texte erwähnt, aus denen heute das Recht einer Epoche bekannt ist. Schwerpunkte liegen auf Rechtsetzungen (z. B. Gesetze, Verfassungen) und auf rechtswissenschaftlichen Publikationen. Bei den Rechtsetzungen werden insbesondere das Rechtsetzungsverfahren sowie Regelungsmaterien geschildert. Im Mittelpunkt der Ausführungen zu wissenschaftlichen Publikationen stehen deren Themen und Methoden.
5. Grundkonzeption der Rechtsordnung
Der zweite Teil jedes Kapitels trägt die Überschrift „Rechtsordnung“. Darin geht es um die Konzeption der Rechtsordnung im jeweiligen Zeitraum. Entscheidend für diese Konzeption ist, ob bzw. inwieweit ein Staat Einzelpersonen Freiheiten zugestanden und diese geschützt hat. Die Perspektive gesicherter Freiräume lässt sich auch in Zeiten verfolgen, in denen es noch keinen Staat im modernen Sinn gab. Da ist dann auf die Haltung von Gemeinschaften bzw. Herrschaftsträgern abzustellen.
Die Grundkonzeption der Rechtsordnung wird mittels einer konkreten Herangehensweise aufgezeigt. Es erfolgen für jede Epoche Ausführungen zu drei Themenbereichen, deren Gestaltung sichtbar macht, in welchem Umfang und in welcher Weise Freiräume gewährt wurden: (1) Private Rechtsgestaltungen, (2) Gerichtswesen, (3) Verfolgung von Straftaten. Diese drei Themen berühren verschiedene Rechtsgebiete (Privatrecht, Strafrecht, Verfassungsrecht). Sie machen damit auch deutlich, dass im Hinblick auf die Grundkonzeption Verbindungslinien zwischen häufig getrennt betrachteten Rechtsgebieten bestehen.
1.2.2.1.Private Rechtsgestaltung
6. Gestaltungsfähige Personen
Unter der Überschrift „Private Rechtsgestaltung“ wird der Frage nachgegangen, inwieweit es Privatpersonen zu einer bestimmten Zeit möglich war, ihre Rechtsbeziehungen selbst zu regeln. Es geht somit um die Situation, die heute üblicherweise mit dem Begriff „Privatautonomie“ umschrieben wird. Die Ausführungen beginnen mit Hinweisen darauf, welchen Personengruppen überhaupt das Recht zukam, über ihr Vermögen zu verfügen und Rechtsgeschäfte abzuschließen.
7. Verträge
Die folgenden Abschnitte sind dann dem Umfang der Gestaltungsmöglichkeiten gewidmet. Zunächst wird darauf eingegangen, inwieweit die als gestaltungsfähig angesehenen Personen frei über den Abschluss und den Inhalt von Verträgen entscheiden konnten. Details zu einzelnen Vertragsarten bleiben dabei außen vor.
8. Eigentum
Im Anschluss daran geht es um die Frage, inwieweit gestaltungsfähigen Personen Verfügungsmöglichkeiten über Sachen eingeräumt wurden, die in ihrem Eigentum standen. Ein besonderes Augenmerk gilt der Verfügungsmöglichkeit über Grundstücke. An diesem Punkt kommen oft besonders deutlich prinzipielle Vorstellungen über das Verhältnis zwischen Einzelpersonen und der Gemeinschaft zum Ausdruck.
9. Letztwillige Verfügungen
Von Eigentumsverfügungen, die zu Lebzeiten des Eigentümers wirksam werden, sind solche zu unterscheiden, deren Wirkung erst nach dem Tod eintritt. Ob bzw. inwieweit bestimmte Personen solche letztwilligen Verfügungen vornehmen konnten, ist der letzte Gesichtspunkt, der im Abschnitt „Rechtsgestaltungen“ dargestellt wird.
10. Gerichtsorganisation
Für den Schutz individueller Freiheiten spielt das Gerichtswesen eine wichtige Rolle. Diesem ist deswegen ein eigener Abschnitt gewidmet. Darin wird unter der Überschrift „Gerichtsorganisation“ geschildert, welche Institutionen Staaten bzw. Herrschaftsträger für die Verfolgung von Rechtsverletzungen sowie für die Durchsetzung von Rechten zur Verfügung stellten. Dabei wird der Blick auch darauf gerichtet, ob diese Institutionen frei entscheiden konnten, oder ob Staaten bzw. Herrschaftsträger Einfluss auf Urteile nahmen. Aufschlussreich ist insofern, welche Personen das Richteramt erhielten, und in welchem Verhältnis Gerichte zu anderen staatlichen Gewalten (Gesetzgebung und Exekutive) bzw. zum Herrscher standen.
11. Einzelne Gerichtsbarkeiten
Ein zweiter Abschnitt beinhaltet Bemerkungen zu einzelnen Gerichtsbarkeiten. Hier werden insbesondere solche Institutionen vorgestellt, die eine gerichtliche Kontrolle hoheitlicher Akte und damit einen Rechtsschutz des Einzelnen gegen den Staat ermöglichten.
1.2.2.3.Verfolgung von Straftaten
12. Materielles Strafrecht
Art und Umfang von Freiheitssicherungen werden besonders deutlich bei der Verfolgung von Straftaten. In dem entsprechenden Abschnitt steht in frühen Zeiten der Aspekt im Vordergrund, inwieweit es Opfern von Straftaten überlassen war, selbst Rache zu nehmen. Aus dieser Perspektive lässt sich der Aufbau eines staatlichen Gewaltmonopols beobachten. In späteren Zeiten ist dann die Legitimation staatlicher Strafverfolgung von Interesse. Unter der Überschrift „materielles Strafrecht“ wird vor allem darauf eingegangen, welche Zwecke Bestrafungen verfolgten und welche Auswirkungen solche Zweckvorstellungen auf die gesetzlichen Strafandrohungen hatten.
13. Strafverfahren
Unter dem Gesichtspunkt der Freiheitssicherung ist zudem bedeutsam, inwieweit Angeklagten Schutz vor willkürlichen staatlichen Bestrafungen gewährt wurde. Der Leitfaden richtet daher ein besonderes Augenmerk auf die Gestaltung des Strafverfahrens und dabei insbesondere auf die Voraussetzungen für Verurteilungen. Vor allem geht es um die Frage, ob der staatlichen Strafgewalt – etwa durch den Grundsatz „Keine Strafe ohne Gesetz“ – Grenzen gesetzt wurden.
1.3.Einzelheiten zur Art der Darstellung
14. Grundzüge
Am Beginn der Teile „Quellen“ und „Rechtsordnung“ findet sich jeweils ein Abschnitt, der die Überschrift „Grundzüge“ trägt. Darin werden vorab Leitlinien benannt, die sich an den Zielsetzungen dieses Werkes orientieren. Die Grundzüge zu den „Quellen“ weisen auf Besonderheiten der Rechtstexte hin und enthalten dabei auch eine Begründung für die jeweilige Epochenabgrenzung. Für den Teil „Rechtsordnung“ zeigen die Grundzüge Prinzipien auf, welche die Konzeption der Rechtsordnung in der jeweiligen Epoche prägten. Die Grundzüge stehen am Kapitelanfang, um die Lektüre der folgenden Detailschilderungen zu erleichtern. Sie können aber auch als Zusammenfassung nach der Lektüre des gesamten Kapitels gelesen werden.
15. Verweise
Die Gliederung der Kapitel in „Quellen“ und „Rechtsordnung“ führt dazu, dass unter Umständen in beiden Teilen Ausführungen zu einem Gesetz oder einer rechtswissenschaftlichen Richtung erfolgen. In solchen Fällen werden die verschiedenen Passagen durch Verweise verbunden.
16. Zitate
Um den Umfang des Werkes nicht zu sprengen, beinhaltet der Leitfaden nur wenige Quellenzitate. Diese sollen zentrale Aussagen belegen und illustrieren. Um den Zusammenhang zum Haupttext ersichtlich zu machen, sind in den Zitaten einzelne Worte kursiv gesetzt. In den Originalquellen finden sich diese Hervorhebungen meistens nicht.
17. Kleindruck
Alle Kapitel enthalten Passagen im Kleindruck. Dabei handelt es sich um zusätzliche Informationen oder Begriffserklärungen. Der Haupttext kann auch ohne die ergänzenden Informationen gelesen werden.
18. Anhänge
Jedes Kapitel hat einen „Anhang“. Darin werden Hinweise zu zuverlässigen Ausgaben bzw. Editionen von Quellentexten der jeweiligen Periode gegeben. Die Hinweise dürften insbesondere für diejenigen Leser von Bedeutung sein, die eine rechtshistorische Arbeit zu verfassen haben. Darüber hinaus findet sich im Anhang eine Ergänzung des Abschnitts „Quellen“. Es werden darin nämlich auch weitere wissenschaftliche Werke aus der jeweiligen Epoche erwähnt. Auf biographische Angaben zu einzelnen Juristen oder historischen Persönlichkeiten wird hier, wie auch im Haupttext, verzichtet.
19. Literatur
Ebenfalls verzichtet wird auf spezielle Literaturangaben zu den einzelnen Kapiteln. Derartige Angaben wären eineseits äußerst umfangreich und andererseits stets unvollständig. Der Abschnitt „Literatur“ am Ende des Leitfadens enthält stattdessen eine kleine Zusammenstellung von (rechts-)historischen Nachschlagewerken sowie rechtshistorischen Lehr- und Handbüchern. Die dort genannten Werke können bei der Suche nach Sekundärliteratur als Einstieg dienen.
20. Historischer Hintergrund
In allen Kapiteln werden einleitend Ereignisse erwähnt, die in dem jeweiligen Zeitraum stattgefunden haben. Die Ausführungen sind äußerst knapp gehalten. Sie sollen allein auf den historischen Hintergrund der rechtsgeschichtlichen Epoche hinweisen. Für Einzelheiten sind spezielle Darstellungen heranzuziehen.
21. Kausalitäten und Schlagworte
Es wurde weitgehend darauf verzichtet, Kausalitäten zu benennen. Solche Angaben sind problematisch, da sie den Eindruck erwecken, dass Rechtsgestaltungen oder Ereignisse auf einzelne Ursachen zurückgeführt werden können. Das ist jedoch regelmäßig nicht der Fall. Ebenfalls vermieden werden Schlagworte oder pauschale Urteile. Wenn man solche in der Literatur häufig im Zusammenhang mit bestimmten Gestaltungen findet (z. B. Begriffsjurisprudenz, Positivismus), wird außer Acht gelassen, dass die Bedeutung dieser Worte nicht selten unklar ist. Oft entspricht die Kennzeichnung zudem nicht dem aktuellen Forschungsstand.