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2.2.2.4.Letztwillige Verfügungen

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51. Testamente

Schon im Zwölftafelgesetz (s. Rn. 28) war die Möglichkeit anerkannt, durch ein Testament die Erbfolge entsprechend dem eigenen Willen zu gestalten. Voraussetzung war allein die Einhaltung bestimmter Formen (vgl. testatio mentis: Bezeugung des Willens).

Die Formanforderungen unterlagen einem Wandel. In früher Zeit mussten Testamente vermutlich vor der Volksversammlung errichtet werden. Später wurde das Vermögen zum Schein an eine Person verkauft, welcher in einer verschlossenen Schrift Anweisungen für die Verteilung nach dem Tod des Verkäufers gegeben wurden. In der Kaiserzeit genügte dann eine schriftliche Niederlegung des letzten Willens. Dabei musste die Urkunde vor sieben Zeugen unterschrieben und von diesen besiegelt werden. Der Inhalt der Verfügung konnte vor den Zeugen geheim gehalten werden. Bei geheimen Verfügungen musste sich der Erblasser nicht verpflichtet fühlen, die Zeugen im Testament zu bedenken. Diese Gestaltungsmöglichkeit kann somit als Schutz der Verfügungsfreiheit gesehen werden.

52. Einschränkungen der Testierfreiheit

Die Testierfreiheit hatte zur Folge, dass ein Familienoberhaupt sein Vermögen testamentarisch auf Personen übertragen konnte, die nicht zur Familie gehörten. Derartige Verfügungen wurden allerdings zunehmend begrenzt. So musste ein Vater, der seine männlichen Nachkommen enterben wollte, dies ausdrücklich im Testament erklären. Wurde ein Sohn einfach übergangen, hatte das die Unwirksamkeit des gesamten Testaments zur Folge. In der Kaiserzeit kam eine inhaltliche Schranke hinzu. Nahe Angehörige, die im Testament nicht ausreichend berücksichtigt worden waren, erhielten das Recht, die letztwillige Verfügung anzufechten. Damit wurde die Testierfreiheit durch familiäre Pflichten eingeschränkt:

Corpus iuris civilis, Institutionen 2, 18:

Quia plerumque parentes sine causa liberos suos vel exheredant vel omittunt, inductum est, ut de inofficioso testamento agere possint liberi, qui queruntur aut inique se exheredatos aut inique praeteritos, hoc colore, quasi non sanae mentis fuerunt, cum testamentum ordinarent. Sed hoc dicitur, non quasi vere furiosus sit, sed recte quidem fecit testamentum, non autem ex officio pietatis. (…)

Weil Eltern ihre Kinder bisweilen grundlos enterben oder übergehen, ist eingeführt worden, dass Kinder, die geltend machen, sie seien zu Unrecht enterbt oder zu Unrecht übergangen worden, wegen pflichtwidrigen Testaments klagen können, und zwar mit dem Argument, die Eltern seien anscheinend nicht bei klarem Verstand gewesen, als sie das Testament errichteten. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass der Erblasser tatsächlich geisteskrank war. Vielmehr hat er sein Testament zwar rechtmäßig errichtet, aber nicht seiner Pflicht gegenüber der Familie entsprochen.

Als pflichtwidrig und damit unwirksam galt ein Testament, wenn nächste Angehörige (insbesondere Kinder) enterbt worden waren, ohne dass dafür ein Grund bestanden hatte (z. B. eine schwere Verfehlung oder ein sittenwidriges Verhalten seitens der enterbten Person). Erblasser konnten derartige Anfechtungen verhindern, indem sie ihre nächsten Angehörigen mit Vermögenswerten bedachten, die mindestens ein Viertel des gesetzlichen Erbteils ausmachen mussten.

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