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3.2.4.2.Hoheitliche Verfolgung

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81. Leib-, Lebens- und Geldstrafen

Für einzelne Handlungen sahen die Stammesrechte den Tod bzw. die Verstümmelung des Täters vor oder verpflichteten diesen zur Zahlung einer Geldsumme an die königliche Kasse.

Lex Burgundionum (Gesetz der Burgunder, 6. Jh.) Ziff. 4, 1:

Quicumque mancipium alienum sollicitaverit, caballum quoque, equam, bovem aut vaccam (…) furto auferre praesumpserit, occidatur.

Ein Freier (…), der einen fremden Knecht entführt, sowie ein Freier, der ein Pferd, eine Stute, ein Rind oder eine Kuh stiehlt, wird getötet.

Androhungen von Leib-, Lebens- oder Geldstrafen finden sich in den Leges vor allem bei Angriffen auf den Herrscher bzw. die Gemeinschaft, bei besonders schwerwiegenden Taten (wie etwa im zitierten Beispiel bei der Entziehung von Personen oder Gegenständen, denen in einer Agrargesellschaft ein hoher Wert zukam) sowie bei Delikten von unfreien Personen.

82. Gerichtsverfahren

Die Leib-, Lebens- und Geldstrafen wurden von Gerichten verhängt. Infolge der zunehmend hoheitlichen Ordnung des Gerichtswesens (s. Rn. 76) können sie daher im Unterschied zu den privaten Reaktionen als hoheitliche Strafen bezeichnet werden. Allerdings kam es bei Verletzungen, für die in den Leges eine derartige Bestrafung vorgesehen war, keinesfalls immer zu einem Gerichtsverfahren. Nicht selten nahmen auch bei derartigen Delikten die Opfer selbst die Verfolgung in die Hand.

Bei gerichtlichen Verfahren, in denen es um die Verhängung einer Leib-, Lebens- oder Geldstrafe ging, fand eine amtliche Ermittlung statt. Dabei konnte auch die Folter eingesetzt werden. Jedoch handelte es sich nicht immer, wenn ein Gericht tätig wurde, um einen derartigen Kriminalprozess. Es gab daneben auch gerichtliche Verfahren, die dazu dienen sollten, eine Täter-Opfer-Vereinbarung (s. Rn. 79) vorzubereiten. Dabei beschränkte sich die Kompetenz des Gerichts darauf, einen Ausgleich vorzuschlagen. Ob eine entsprechende Vereinbarung geschlossen wurde, hing von Opfer und Täter ab. Das Gericht hatte keine Macht, die Übernahme seines Vorschlags zu erzwingen.

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