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3.Leges (Stammesrechte) und Kapitularien (5.–9. Jahrhundert)

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63. Wanderungen germanischer Völkerschaften

Der letzte weströmische Kaiser wurde im Jahr 476 durch einen Offizier des römischen Heeres abgesetzt, der germanischer Herkunft war. In diesem Vorgang spiegelte sich eine Veränderung der Machtverhältnisse im Römischen Reich wider, die in Verbindung mit der sog. Völkerwanderung stand. Vom 4. bis 6. Jahrhundert machten sich im Bereich von Europa, Vorderasien und Nordafrika zahlreiche Menschengruppen auf die Suche nach neuen Siedlungsräumen. Sie werden häufig allgemein als „Germanen“ bezeichnet. Bei der Verwendung dieses Begriffs ist zu berücksichtigen, dass es sich nicht um ein einheitliches Volk, sondern um einzelne Verbände (Völkerschaften, Stämme) mit jeweils eigenem Namen und eigener Identität handelte. An deren Spitze standen meist Könige.

Die neuen Siedlungen der germanischen Völkerschaften lagen in Gebieten, die zum Weströmischen Reich (s. Rn. 24) gehörten. Etliche Stämme wurden durch Bündnisverträge in das Reich eingegliedert. In derartigen Fällen wurde ihnen Land zugewiesen und einige ihrer Mitglieder erhielten Positionen in der römischen Verwaltung sowie im Militär. Gleichzeitig blieb jedoch der Stammeszusammenhang erhalten. Königreiche germanischer Völkerschaften wurden somit Bestandteile des Weströmischen Reichs. Da die römischen Kaiser zunehmend an Macht verloren, wurde nach 476 überhaupt darauf verzichtet, einen neuen Kaiser zu bestimmen.

64. Fränkisches Reich

In der Folgezeit gelang es dem Stamm der Franken, durch erfolgreiche Feldzüge gegen andere germanische Völkerschaften sein Herrschaftsgebiet ständig weiter auszudehnen. Die Könige der Franken stammten zunächst aus der Dynastie der Merowinger, später aus derjenigen der Karolinger. Insbesondere Karl der Große sorgte während seiner Herrschaftszeit (768–814) für eine geordnete Verwaltung des Fränkischen Reichs. Er übertrug Adeligen das Amt eines „Grafen“ (comes), welches die Befugnis umfasste, einen bestimmten Bezirk im Auftrag des Königs zu verwalten. Außerdem reisten Königsboten durch das Land, die Befehle des Herrschers überbrachten und deren Einhaltung kontrollierten. Auch die Kirche wurde in die fränkische Reichsverwaltung eingebunden. Nach der Völkerwanderung hatten die germanischen Völkerschaften an Stelle ihrer alten Götterkulte den christlichen Glauben angenommen.

Karl der Große wurde im Jahr 800 durch den Papst zum Kaiser gekrönt. Als Titel verwendete er seitdem neben der Bezeichnung „rex Francorum“ (König der Franken) auch die Worte „imperator Romanum gubernans imperium“ (als Kaiser regiert er das Römische Reich). Diese Formulierung knüpfte an die Tradition des weströmischen Kaisertums an. Mit der Krönung wurde der Kaiser zum weltlichen Oberhaupt der Christenheit.

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