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3.2.3.Gerichtswesen

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75. Gerichtsorganisation

Über die Organisation der Gerichte, deren Zuständigkeiten sowie das gerichtliche Verfahren gibt es nur lückenhafte Informationen. Sicher ist, dass die germanischen Völkerschaften Gerichte hatten. Es bestand jedoch keine Verpflichtung, Streitigkeiten vor diesen auszutragen (s. Rn. 77 ff.). Im Hinblick auf die Gerichtsorganisation lässt sich feststellen, dass es, wie später (s. Rn. 132), eine Funktionsteilung zwischen Verhandlungsleitung und Urteilsfällung gab. Den Vorsitz führte eine hochrangige Person; die Entscheidung wurde von der Bevölkerung getroffen.

76. Gerichte im Fränkischen Reich

Etwas genauer bekannt ist die Situation bei den Franken (s. Rn. 64). Im Fränkischen Reich fand ab dem 6. Jahrhundert zunehmend eine hoheitliche Ordnung des Gerichtswesens statt. Es gab verschiedene Institutionen für die Beilegung von Streitigkeiten, wobei allerdings keine klare Zuständigkeitsabgrenzung bestand. Die Unterschiede betrafen vor allem die Verfahrensbeteiligten. Beim sog. echten Ding (Gericht), das in regelmäßigen Abständen tagte, fällte die Gemeinschaft, d. h. alle waffenfähigen Männer einer bestimmten Gegend, das Urteil. Mit dem Vorsitz waren die Grafen betraut. Dabei handelte es sich um Personen, die von den Königen als Verwalter eines Bezirks bestellt wurden und somit die königliche Macht repräsentierten. Wegen der Belastung der Bevölkerung durch häufige Gerichtssitzungen beschränkte Karl der Große die Zusammenkunft dieses Gremiums auf drei Sitzungen im Jahr. Ansonsten sollten Streitigkeiten von Gerichten erledigt werden, bei denen nur eine kleine Gruppe von Personen für die Urteilsfällung zuständig war (scabini: Schöffen). Diese Personen wurden vom Grafen oder den Königsboten ausgesucht.

Kapitular Kaiser Lothars I. (Concessio generalis, Allgemeiner Erlass, 823), 2: Neque cogantur ad placita venire peaeter ter in anno, sicut in capitulare continetur, excepto scabinis et causatoribus et testibus necessariis; quia omnem passionem volumus auferre, ut populus noster pacifice sub nostro regimine vivere possit.

Und niemand soll gezwungen werden, öfter als dreimal im Jahr zur Gerichtsverhandlung zu kommen, wie es in einem früheren Kapitular festgehalten ist, mit Ausnahme der Schöffen, der Parteien und der nötigen Zeugen. Dies wurde angeordnet, weil Wir alle Beschwernisse beseitigen wollen, damit das Volk friedlich unter Unserer Herrschaft leben kann.

Außerdem gab es Gerichte, bei denen der König selbst oder andere Personen in seinem Auftrag den Vorsitz führten.

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