Читать книгу Leitfaden der Rechtsgeschichte - Sibylle Hofer - Страница 9
2.1.Quellen 2.1.1.Grundzüge
Оглавление25. Überlieferung
Die zentrale Quelle für die heutige Kenntnis des römischen Rechts bildet das Corpus iuris civilis (s. Rn. 33). Bei dessen Verwendung ist zu berücksichtigen, dass man darin nur aus zweiter Hand über das römische Recht informiert wird. Das Corpus iuris civilis beinhaltet eine Auswahl von Rechtssätzen, die nach dem Ende des Weströmischen Reichs in Konstantinopel zusammengestellt wurde und lediglich einen Bruchteil des römischen Rechts umfasst.
26. Veränderungen
Zudem muss man sich bewusst sein, dass es „das“ römische Recht im Sinne einer einheitlichen Ausgestaltung nicht gegeben hat. Während der langen Dauer des Römischen Reichs haben sich Rechtsinhalte vielfach verändert. Eine besondere Stellung nimmt insofern die späte Kaiserzeit ein. Damals verschwanden die begrifflichen Differenzierungen früherer Zeiten (sog. Vulgarrecht).
Begriffliches: Die Bezeichnung Vulgarrecht stammt aus der modernen rechtsgeschichtlichen Forschung. Sie soll zum Ausdruck bringen, dass das Recht im Vergleich zur klassischen Zeit vereinfacht wurde. Diese Vereinfachungen beruhten auf mangelndem, laienhaftem Verständnis für die Gestaltung der klassischen römischen Prozesse sowie für die Eigenarten und Voraussetzungen früherer juristischer Konstruktionen.
27. Verschiedene Rechtsschichten
Im Römischen Reich gab es nie eine Kodifikation im heutigen Sinn. Rechtsetzungen betrafen immer nur einzelne Themen. Außerdem wurde das geltende Recht keineswegs nur durch Rechtsetzungen bestimmt, sondern daneben auch durch Edikte von Magistraten sowie durch Publikationen von Juristen. Rechtsetzungen, Edikte und rechtswissenschaftliche Publikationen äußerten sich teilweise zu denselben Rechtsfragen. Dabei kamen die verschiedenen Quellen nicht selten zu einander widersprechenden Ergebnissen.
Wenn das römische Zivilrecht in der Literatur als ein einheitliches System dargestellt wird, hat dies somit wenig mit der antiken Struktur zu tun. Eine solche Perspektive ist vielmehr durch wissenschaftliche Konstruktionen späterer Zeiten, insbesondere des 19. Jahrhunderts (s. Rn. 303 f.), geprägt.