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„Ich hoffe, dieses Stück Scheiße hat wenigstens gelitten.“

Sein Kollege wirft ihm angewidert das dreckige Notizbuch vom Tatort auf den Schreibtisch. Jeremiah lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Er nimmt das Buch, blättert darin herum, um es dann wieder seinem Kollegen zu reichen.

„Überrascht von den Inhalten?“

Sein Kollege sucht nach den richtigen Worten. Zu tief sitzen noch die Wut und der Schock über das, was er in dem Buch vorgefunden hat.

„Manchmal verliere ich den Glauben an die Menschheit. Wie kann man nur so krank sein?“

„Der Reiz des Verbotenen. Die Lust, die böse Seite zu erleben. Es ist immer das Gleiche.“

Jeremiah hat schon zu viel Grausamkeit und Perversität gesehen. Über die Jahre hat er sich einen Art Schutzpanzer zugelegt. Die meisten Dinge prallen an ihm ab, hinterlassen keine Spuren mehr in ihm. Nur noch selten bohrt sich ein Fall tief durch seinen Panzer hindurch und trifft ihn oder hinterlässt eine kleine Narbe. In manchen Momenten vermisst er dieses Gefühl. Die Fassungslosigkeit, das Entsetzten und dann die aufkommende Wut sowie den Drang, Gerechtigkeit walten zu lassen.

Sein Kollege lässt sich gegenüber von ihm in den Stuhl fallen. Er schnauft tief durch, sein großer Bauch hebt und senkt sich aufgeregt, sein Gesicht ist aufgrund der Aufregung rot angelaufen.

„Der Typ hat sich an Kindern vergangen. Er hat sie angeboten und selbst missbraucht. Und dann trifft ihn irgendwann seine Moral und er glaubt, nur weil er sich hinrichten lässt, werden ihm seine Sünden vergeben? Was für eine kranke Welt.“

Jeremiah öffnet die Schublade, zieht eine angebrochenen Packung Kekse hervor und greift hinein.

„Nicht die Welt ist krank, sondern diese Gestalten, die sie bevölkern.“

Sein Kollege betrachtet ihn mit einer Mischung aus Skepsis und Neugier.

„Willst du damit sagen, dass wir alle einen Knall haben? Willst du uns ernsthaft mit Typen wie dem auf eine gleiche Stufe stellen?“

Statt zu antworten, reicht ihm Jeremiah die Packung Kekse. Für einen Moment sitzen sie beide nur da und kauen nachdenklich vor sich hin.

„Hast du nicht irgendwann genug davon?“

„Von den Keksen?“

Sein Kollege grinst in sich hinein und schüttelt den Kopf.

„Von den Verrückten, den Grausamkeiten, dem Neid und der Missgunst. Von all den widerlichen Seiten.“

Er denkt für einen Moment nach, horcht in sich hinein und kennt doch bereits die Antwort.

„In letzter Zeit immer mehr. Ich habe manchmal den Eindruck, dass, egal wie viele zur Rechenschaft gezogen werden, immer mehr nachkommen. Als hätte jemand das Tor zur Hölle geöffnet.“

Er nimmt einen weiteren Bissen von seinem Keks und blickt für einen Moment ins Leere, während sein Kollege ihn stumm betrachtet.

Der Archivar der Seelen

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