Читать книгу Ausgewählte Briefe, Band 2 - Sophronius Eusebius Hieronmyus - Страница 47
Оглавление17. An den Presbyter Markus in Chalkis
Einleitung
Dieses Schreiben versetzt uns in dasselbe Milieu, welches uns aus den beiden ersten Briefen des Hieronymus an Damasus bekannt ist. 2515 Die meletianischen Mönche bezichtigen ihn des Sabellianismus und lassen sich durch keinerlei Erklärungen beruhigen. Die Quälereien gehen so weit, daß eine Reihe von Mönchen, die mit unserem Einsiedler gleicher Meinung sind, die Wüste Chalkis verlassen. Auch Hieronymus sieht zuletzt keinen anderen Ausweg wie den, von der Wüste, deren Lob er einst in seinem Brief an Heliodor 2516 in begeisterten Worten besungen hatte, Abschied zu nehmen.
Gerichtet ist der Brief an einen sonst unbekannten Priester Markus. Die auf Vallarsi 2517 zurückgehende, fast bei allen älteren Bearbeitern des hl. Hieronymus bis auf Grützmacher einschließlich sich vorfindende Vermutung, 2518 daß es sich um einen Priester oder gar einen Bischof aus dem Flecken Teledan in der Chalkis handle, 2519 ist erledigt, wenn Hilberg in seiner Ausgabe mit dem Text der Anschrift das Richtige getroffen hat. 2520 Markus den Hieronymus scharf von denen unterscheidet, die ihm Unrecht tun, hatte sich in einer Unterhaltung des Hieronymus Standpunkt darlegen lassen und um eine schriftliche Festlegung gebeten. Wahrscheinlich verfolgte er damit die Absicht zwischen den beiden streitenden Parteien zu vermitteln, was allerdings misslang.
Um das Jahr 380 — eine genauere Angabe ist nicht möglich — finden wir Hieronymus in Antiochia, wohin er sich von der Wüste aus begab. Da der Brief seine Abreise aus der Wüste für den kommenden Frühling ankündigt, so dürfte er ihn im Winter 379 geschrieben haben.
1.
Ich hatte mir vorgenommen, mit den Worten des Psalmisten zu sprechen: „Wenn sich der Sünder gegen mich erhebt, dann schweige ich und demütige mich; selbst Gutes zu sagen unterlasse ich.“ 2521Auch ein anderes Wort des königlichen Sängers beziehe ich auf mich: „Wie ein Tauber hörte ich nicht, und wie ein Stummer hielt ich meinen Mund verschlossen. Ich bin geworden wie ein Mensch, der nicht hört.“ 2522 Aber die Liebe überwindet alles, 2523 und die freundschaftliche Zuneigung macht den gefaßten Entschluß zunichte. Doch will ich mich nicht mit denen auseinandersetzen, die mir Unrecht tun. Vielmehr will ich Dir antworten, weil Du mich darum gebeten hast. Denn es ist einmal das Wort gefallen, daß unter Christen nicht der unglücklich ist, welcher Unrecht leidet, sondern jener, der Unrecht tut. 2524
2.
Ehe ich mich nun mit Dir über meinen Glauben unterhalte, der Dir wohlbekannt ist, sehe ich mich vorab gezwungen, auf die hiesigen barbarischen Verhältnisse einige bekannte Verse anzuwenden:
„Welch ein Menschengeschlecht? Wo wird so barbarischer Sitte Heimisch zu werden erlaubt? Gastfreundliches Ufer verwehrt man, Stürmend zum Kampf, und verbietet, des Erdreichs Saum zu betreten“ 2525 usw. Diese Verse habe ich einem heidnischen Dichter entnommen, damit die, welche den Frieden Christi nicht wahren, wenigstens von einem Heiden lernen, was Friede ist. Man nennt mich einen Ketzer, weil ich die Wesensgleichheit der Dreifaltigkeit vertrete. Wenn ich mich immer und immer wieder für drei für sich bestehende, wirkliche, unversehrte und vollkommene Personen einsetze, dann stempelt man mich zum Anhänger der Irrlehre des Sabellius. Wenn mir die Arianer solche Vorwürfe machen, dann ist dies verständlich. Wenn mich aber die Rechtgläubigen wegen dieser meiner Auffassung angreifen, dann haben sie aufgehört, rechtgläubig zu sein. Oder sie müssen mich, wenn sie es durchaus wollen, zusammen mit dem gesamten Abendlande und mit Ägypten, also auch mit Damasus und Petrus, 2526 zum Häretiker machen. Warum beschuldigen sie nur einen Menschen, während sie seine Genossen ungeschoren lassen? Wenn der Fluß wenig Wasser führt, dann ist nicht der Ablauf, sondern die Quelle daran schuld. Man schämt sich aber, zu sagen: „Aus unseren Höhlenzellen verdammen wir den Erdkreis; in Sack und Asche uns wälzend, 2527 sitzen wir über die Bischöfe zu Gericht. Wie paßt ein hochfahrender Sinn zum Büßergewande? Ketten, Schmutz und ungeordnetes Haar gehören zu Bußtränen, aber nicht zu Diademen.“ Sie mögen mir erlauben, zu schweigen. Warum zerreißen sie den, der ihren Unwillen nicht verdient? Wenn ich ein Häretiker bin, was kümmert es euch? 2528 Haltet doch den Mund; es ist ja überall bekannt! Ihr fürchtet wohl gar, da ich der syrischen und griechischen Sprache mächtig bin, ich möchte die einzelnen Kirchen aufsuchen, die Leute aufwiegeln und eine Spaltung hervorrufen. Niemandem habe ich etwas genommen, und ich nehme auch nichts an, ohne etwas dafür geleistet zu haben. Meinen täglichen Lebensunterhalt erwerbe ich mir im Schweiße meines Angesichts durch meiner Hände Arbeit. 2529 Weiß ich doch ganz genau, daß der Apostel geschrieben hat: „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen.“ 2530
3.
Heiliger, ehrwürdiger Vater! Jesus ist mein Zeuge, daß ich dies unter Seufzen und schweren Herzens geschrieben habe. Es spricht der Herr: „Ich habe geschwiegen, soll ich immer schweigen?“ 2531 Nicht einmal einen Winkel in der Wüste will man mir gönnen. Täglich verlangt man von mir ein Glaubensbekenntnis, als ob ich ohne Glaubensbekenntnis getauft worden wäre. Lege ich mein Glaubensbekenntnis ab, wie sie es wollen, so gefällt es ihnen nicht. Gebe ich meine Unterschrift, so glauben sie mir nicht. Nur eines wäre nach ihrem Wunsche, wenn ich die Gegend verlassen möchte. Ich bin ja schon im Begriffe zu gehen. Einen Teil meiner Seele 2532 haben sie mir schon genommen, nämlich meine teuersten Mitbrüder. Sie wollen fortgehen, nein, sie gehen bereits fort; denn sie meinen, es sei besser, mit den wilden Tieren zusammen zu leben als mit solchen Christen. Auch ich würde jetzt schon fliehen, wenn mich nicht mein geschwächter Körper und der rauhe Winter zurückhielten. Nur noch für wenige Monate, bis der Frühling kommt, bitte ich um ein gastliches Asyl in der Wüste. Wenn diese Frist zu lange währen sollte, nun wohl, dann gehe ich. Des Herrn ist die Erde und alles, was darin ist. 2533 Sie allein mögen zum Himmel auffahren! Für sie allein mag Christus gestorben sein! Mögen sie ihn festhalten und besitzen und sich dessen rühmen! Mir aber soll es fern liegen, mich zu rühmen, es sei denn im Kreuze unseres Herrn Jesu Christi, durch den die Welt mir gekreuzigt wurde, und ich der Welt gekreuzigt bin. 2534
4.
Was nun die Glaubenslehren betrifft, über welche Du mich befragt hast, so habe ich dem heiligen Cyrillus 2535 mein Bekenntnis schriftlich übergeben. Wer mit mir nicht im Glauben übereinstimmt, hat mit Christus keine Verbindung. Im übrigen hast Du ja selbst zusammen mit dem frommen Bruder Zenobius 2536 gehört, welches mein Glaube ist. Dich und ihn lassen wir alle, die wir hier sind, recht herzlich grüßen.