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81. An Rufin

Einleitung

Der vorliegende Brief machte sich zur gleichen Zeit und aus den gleichen Ursachen auf den Weg wie ep. 84 ad Pammachium et Oceanum. Nachdem sich Rufin mit seinem einstigen Jugendfreunde und späteren Gegner wieder ausgesöhnt hatte, war er aus Palästina nach Rom zurückgekehrt. Dort übersetzte er in der Fastenzeit des Jahres 398 die große Dogmatik des Origenes „ περ ρχ ν “. Vorher hatte er bereits mit der Übertragung von Pamphilus’ Apologie des Origenes begonnen. 2655 Rufin bezweckte, ohne daß man ihm den guten Glauben abzusprechen braucht, für Origenes Propaganda zu machen und ihn als Vertreter des kirchlichen Glaubens hinzustellen. Es war ihm klar, daß er in Rom mit diesem Versuche auf Schwierigkeiten stoßen würde, war doch Oceanus vor kurzem in Palästina gewesen, wo er hinreichend beobachten konnte, wie umstritten des Origenes Lehre war. Um Origenes auf alle Fälle für die Orthodoxie zu retten, stellte er die Theorie der Fälschung seiner Werke durch übelwollende Gegner auf. In der Übersetzung hat Rufin das Anstößige vielfach getilgt, allerdings ohne irgendwie die Änderungen zu kennzeichnen. Da es ihm aber am kritischen Scharfblick und an theologischer Tiefe fehlte, so blieb noch genug des Heterodoxen stehen, das seine Gegner auf den Plan rufen konnte. In geschickter Weise suchte er sich zu sichern, indem er Hieronymus zu seinem Eideshelfer machte. Ob Hinterhältigkeit oder Naivität die Triebfeder waren, mag dahingestellt bleiben. In einem Vorwort zu seiner Übersetzung weist er darauf hin, wie bereits Hieronymus auf Wunsch des Papstes Damasus Schriften des Origenes übertragen und weitere Übersetzungen versprochen habe. In schmeichelhaften Tönen preist er des Hieronymus Übersetzungskunst, wobei er nicht vergißt, herauszustellen, daß auch er anstößige Stellen gereinigt hat. Er bedauert, daß Hieronymus durch andere Arbeiten an der Einlösung seines Versprechens verhindert sei, und spielt sich gleichsam als den Mann auf, der des Hieronymus Erbe antritt und fortführt. 2656 Dieser ist also der eigentliche Inspirator seines Werkes und wird damit in den Strudel etwaiger böser Folgen mit hineingezogen. In Rom war man sich schließlich weder über Origenes noch über Hieronymus klar. Deshalb wandte sich der römische Freundeskreis, vertreten durch Oceanus und Pammachius, nach Bethlehem mit dem Ersuchen, zu Rufins Äußerungen Stellung zu nehmen. Zugteich übersandten sie Rufins Übersetzung samt dem Vorworte nach Bethlehem, nachdem diese auf nicht ganz einwandfreie Weise durch Eusebius von Cremona in ihre Hände gespielt worden war.

Hieronymus sah den Ruf seiner Rechtgläubigkeit bedroht und wollte um keinen Preis Rufins Werk decken. Er ist der Angegriffene und weiß sich frei von Schuld. Noch sucht er den Bruch mit Rufin aufzuhalten und antwortet seinen römischen Freunden verhältnismäßig sachlich und ruhig, ohne des Gegners Namen zu nennen. Seine Verteidigung gipfelt in den Sätzen, daß er stets des Origenes Irrlehren abgelehnt habe, aber ihn als Mann von Geist und hervorragenden Erklärer der Hl. Schrift hochschätze. Gleichzeitig mit dem Briefe übersandte er auch seine Übersetzung der strittigen Schrift. Ihr Ziel, die des Rufin zu verdrängen, erreichte sie nicht; denn diese blieb erhalten, die genaue Wiedergabe aber ging unter.

Wie ernst es Hieronymus war, die Versöhnung mit Rufin nicht zu gefährden, zeigt unser Brief an Rufin. Formell ist er eine Antwort auf ein verlorengegangenes Schreiben Rufins, in dem dieser den Vorwurf erhebt, daß Hieronymus die neugeschlossene Freundschaft gefährdet habe; denn er habe die ablehnende Haltung seines römischen Anhanges gegen ihn verschuldet. Hieronymus weist einen solchen Vorwurf klar zurück und betont seinen guten Willen, den er auch in die Tat umgesetzt habe. Aber er mahnt nun von sich aus Rufin, in Zukunft vorsichtiger zu sein und ihn nicht mehr als Deckmantel zu mißbrauchen. Wenn Hieronymus geglaubt haben sollte, mit diesem Briefe den entstandenen Riß zu verkleistern, so täuschte er sich. Ein unseliges Geschick ließ das Schreiben erst in Rom ankommen, als Rufin bereits nach Aquileja abgereist war, wohin es die Freunde des Hieronymus nicht nachsandten. 2657 So kam es, daß Rufin die versöhnliche Stimmung des hl. Hieronymus nicht zur Kenntnis nehmen konnte und in einem eigenen Werk, der Apologia contra Hieronymum, zu ep. 84 Stellung nahm. 2658

Der Auftrieb der origenistischen Partei in Rom war von kurzer Dauer. Mit Papst Anastasius, 2659 dem Nachfolger des Siricius (399), 2660 der Rufin mehr oder weniger gewogen schien, war der Origenismus in Rom erledigt, nachdem man ihm auch im Orient den Todesstoß versetzt hatte.

* Geschrieben ist der Brief im Winter 398/99, 2661 nachdem Hieronymus seine Übersetzung von „περὶ ἀρχῶν“ fertiggestellt hatte. *

1.

Wie ich Deinen Worten entnehme, hast Du Dich längere Zeit in Rom aufgehalten. Ich zweifle nicht, daß die Sehnsucht nach den geistlichen Eltern 2662 Dich in die Heimat zurückrief, während die Trauer um die Mutter diese Reise verzögerte, um in der häuslichen Umgebung nicht noch mehr zu empfinden, was Du in der Fremde kaum ertragen konntest. Du beklagst Dich nun darüber, daß man allenthalben der Leidenschaft nachgibt, statt der Stimme der Vernunft zu folgen. Soweit ich in Frage komme, ist Gott mein Zeuge, daß der alte Groll seit unserer Versöhnung endgültig begraben ist. Ich habe kein verletzendes Wort gesprochen, sondern mit aller Vorsicht dahin gewirkt, daß nicht irgendein Zufall eine verkehrte Deutung finden konnte. Aber was kann ich dafür, wenn jeder sein Handeln für richtig hält, wenn jeder meint, er habe kein Unrecht begangen, sondern sich nur gewehrt gegen ein Unrecht, das ihm zugefügt wurde? Wahre Freundschaft darf mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berge halten. Man schickte mir das Vorwort zu den Büchern „περὶ ἀρχῶν“ zu. Aus dem Stil konnte ich feststellen, daß es von Dir stammt. Ich werde darin versteckt, man kann sogar sagen offen angegriffen. Was Du damit beabsichtigst, weiß ich nicht. Wie es aber verstanden werden kann, das merkt der Dümmste. Auch ich hätte mich des alten Kunstgriffes bedienen und, wie so oft, eine erdichtete Kontroverse abfassen und Dich in der Art, wie Du es tust, loben können. Aber es liegt mir nicht, Dir das nachzumachen, was ich an Dir zu tadeln finde! Vielmehr habe ich mich beherrscht, so daß ich nur dem gegen mich erhobenen Vorwurf auswich; denn ich möchte einen Freund, auch wenn er mich verletzt hat, nicht wieder verletzen. 2663 Aber ich bitte Dich, willst Du in Zukunft wieder jemandem Gefolgschaft leisten, dann genüge Dir Dein Urteil! Das, was wir wollen, ist entweder gut oder schlecht. Ist es gut, dann haben wir die Hilfe anderer nicht nötig. Ist es aber schlecht, dann bedeutet die große Zahl der Irrenden, noch keine Rechtfertigung des Irrtums. Das wollte ich mir in aller Freundschaft bei Dir ausbitten. Ich wollte nicht vor aller Augen den Gereizten spielen und gegen Dich angehen; denn Du sollst wissen, daß ich es mit unserer Freundschaft nach unserer Aussöhnung aufrichtig meine und nicht nach einem Worte des Plautus in der einen Hand einen Stein verborgen halte, mit der anderen aber ein Brot anbiete. 2664

2.

Mein Bruder Paulinianus ist noch nicht aus der Heimat zurückgekehrt. Ich nehme an, daß Du ihn zu Aquileja bei dem heiligen Bischof Chromatius 2665 getroffen hast. Auch den hl. Priester Rufin 2666 habe ich zur Erledigung einer bestimmten Sache über Rom nach Mailand geschickt. 2667 Ich habe ihn gebeten, Dich aufzusuchen und meine Grüße Dir zu übermitteln. Den gleichen Auftrag erteilte ich auch den übrigen Freunden, damit wir nicht einander beißen und uns gegenseitig aufzehren. 2668 Ich möchte nun an Deine und der Deinen Mäßigung appellieren. Reizet nicht andere, die leicht die Geduld verlieren möchten; denn Ihr könntet am Ende auf Leute stoßen, die anderen Geistes sind wie ich und ein zweideutiges Lob nicht so ruhig hinnehmen.

Ausgewählte Briefe, Band 2

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