Читать книгу Ausgewählte Briefe, Band 2 - Sophronius Eusebius Hieronmyus - Страница 51
Оглавление48 (49). An Pammachius
Einleitung
Der vorliegende Brief ist an sich von untergeordneter Bedeutung. Es ist nur das Begleitschreiben zu einer ausführlichen Verteidigungsschrift, die Hieronymus im Interesse seiner in Rom stark angefochtenen Bücher gegen Jovinian an Pammachius richtete, nachdem ihn dieser über die Lage in der Hauptstadt informiert hatte. 2604 Hieronymus hält seine Stellungnahme gegen Jovinian grundsätzlich aufrecht, während die theologische Erörterung des gesamten Fragenkomplexes in der Verteidigungsschrift vor sich geht. Im letzten Abschnitt weist Hieronymus auf seine Veröffentlichungen aus der jüngsten Zeit hin, die er seinem ehemaligen Schulfreunde zugänglich macht.
Hilberg nimmt in seiner Ausgabe eine Umstellung der beiden Briefe vor, ohne daß der Grund recht ersichtlich ist. Zeitlich wurde, was an sich natürlich ist, das Begleitschreiben zuletzt abgefaßt, wie sich auch aus dem Texte deutlich ergibt.
Da beide Schreiben zugleich abgingen, muß auch dieser Brief in das Jahr 393 verlegt werden.
1.
Es ist oft ein Zeichen christlicher Bescheidenheit, auch Freunden gegenüber zu schweigen. Man tröstet sich lieber in aller Stille über seine Armseligkeit hinweg, als daß man sich dem Verdachte aussetzt, man wolle aus Ehrgeiz eine alte Freundschaft wieder aufnehmen. So lange Du geschwiegen hast, habe ich ebenfalls geschwiegen. Auch lag es mir nicht, über Dein Schweigen Klage zu führen. Es hätte sonst so aussehen können, als ob ich einen mächtigen Gönner gewinnen, nicht aber eine alte Freundschaft wieder aufleben lassen wollte. Nachdem Du mich aber zum brieflichen Austausch eingeladen hast, will ich versuchen, in Zukunft immer der erste zu sein. Nicht Antworten sollst Du von mir erhalten, sondern Briefe. So wirst Du erkennen, daß ich bislang aus Bescheidenheit geschwiegen und aus noch größerer Bescheidenheit zu sprechen angefangen habe.
2.
Ich habe gern davon Kenntnis genommen, daß Du als kluger Mann aus Freundschaft für mich meine Schriften gegen Jovinian aus dem Verkehr gezogen hast. Allerdings dürfte diese Vorsicht vergeblich gewesen sein, kamen doch nicht wenige Leute aus Rom nach hier und legten mir die Auszüge vor, welche sie selbst in der Hauptstadt angefertigt hatten. Auch in unserer Provinz waren die Schriften bereits verbreitet. Wie Du selbst früher gelernt hast, kehrt das Wort, einmal losgelassen, nicht mehr zurück. 2605 Ich bin nicht so glücklich wie die meisten Schriftsteller unserer Zeit, daß ich in all den kleinen Schriften die Fehler, die ich gemacht habe, ausmerzen könnte, selbst wenn ich es wollte. Sobald ich etwas geschrieben habe, bringen es meine Freunde und meine Neider mit dem gleichen Eifer, wenn auch in verschiedener Absicht, in die Öffentlichkeit. Dabei schießen sie sowohl im Lob als im Tadel über das Ziel hinaus; denn nicht der innere Wert, sondern die persönliche Einstellung zu mir ist für sie hierbei ausschlaggebend. Das einzige, was ich tun konnte, war, daß ich Dir eine Verteidigung meines Werkes zusandte. Sobald Du sie gelesen hast, wirst Du an meiner Statt den anderen Rede und Antwort stehen können. Rümpfst Du aber ebenfalls die Nase, so wird Dir nichts anderes übrigbleiben, als den Abschnitt aus den Paulusbriefen, der von der Jungfräulichkeit und von der Ehe handelt, 2606 anders zu deuten, als ich es getan habe.
3.
Damit will ich Dich, dessen Eifer für die Hl. Schrift ja größer ist als der meinige, nicht zum Schreiben anregen. Du sollst nur auf jene, die über mich herfallen, in diesem Sinne einwirken. Als Männer der Wissenschaft, die sich auf ihr Wissen etwas einbilden, mögen sie mich belehren, statt mich zu tadeln. Wenn sie eine Gegenschrift herausgeben, dann wird mein Werk, verglichen mit dem ihrigen, viel leichter verblassen. Lies, bitte, die Worte des Apostels und überlege sie reiflich! Dann wirst Du finden, daß ich, um böswilligen Verleumdungen aus dem Wege zu gehen, gegen den Willen des Apostels den Verheirateten schon viel zu weit entgegengekommen bin. Origenes, 2607 Dionysius, 2608 Pierius, 2609 Eusebius von Caesarea, 2610 Didymus 2611 und Apollinaris 2612 haben diesen Brief ausführlich erklärt. Wo Pierius die Worte des Apostels prüft, um ihren Sinn klarzustellen, da macht er bei der Erklärung der Stelle: „Ich will aber, daß alle so seien wie ich,“ 2613 den Zusatz: „Mit diesen Worten befiehlt Paulus geradezu den Zölibat.“ Habe ich etwa eine solche Forderung aufgestellt? Wo liegt in meinen Ausführungen die Härte? Alles, was ich geschrieben habe, ist im Vergleiche zu diesem Satze äußerst milde. Wälze einmal die Kommentare der eben genannten Autoren und durchstöbere die Bibliotheken der Kirchen, dann wirst Du schnelleren Schrittes zum gewünschten Ergebnis kommen.
4.
Wie ich vernehme, stehst Du in Rom bei allen in hoher Achtung. Man sagt mir, daß Oberhirte und Volk in ihrem Wunsche einiggehen. Aber es ist leichter, das Priestertum zu erlangen, als es zu verdienen. Wenn Du die sechzehn Bücher der Propheten 2614 liesest, die ich aus dem Hebräischen ins Lateinische übersetzt habe, und wenn ich höre, daß Du daran Gefallen findest, dann will ich auch den Rest nicht im Schranke verschlossen halten. Neulich habe ich das Buch Job in unsere Sprache übersetzt. 2615 Du kannst ein Exemplar von der heiligen Marcella, Deiner Base, entleihen. Lies den griechischen wie den lateinischen Text und vergleiche die alte Übersetzung mit der meinigen, dann wirst Du ganz deutlich sehen, daß sie sich voneinander unterscheiden wie Wahrheit und Lüge. Einige Kommentare zu den zwölf Propheten 2616 habe ich dem heiligen Vater Domnio 2617 gesandt, ebenso Samuel und die Malachim, d.h. die vier Bücher der Könige. 2618 Wenn Du sie lesen willst, so wird Dir klar werden, wie schwer es ist, die Hl. Schrift, besonders die Propheten, zu verstehen. Auch wirst Du bemerken, daß diese Bücher infolge der Nachlässigkeit der Übersetzer bei uns von Fehlern wimmeln, während sie im Urtexte im reinsten Redefluß dahingleiten. Im übrigen suche in den Werken der Kleinen nicht nach ciceronianischer Beredsamkeit, die Du ja um Christi willen sonst geringschätzest. Die kirchliche Wissenschaft soll nicht nach Schönheit des Stiles haschen; falls sie aber vorhanden ist, soll sie diese zu verbergen suchen. Sie soll sich ja an das ganze Menschengeschlecht wenden, nicht aber an einige unbedeutende Philosophenschulen mit ihrer kleinen Anzahl von Schülern.