Читать книгу Ausgewählte Briefe, Band 2 - Sophronius Eusebius Hieronmyus - Страница 49
Оглавление40. An Marcella: Über Onasus
Einleitung
Wiederholt konnten wir darauf hinweisen, daß Hieronymus in seinem Kampf gegen ein Afterchristentum besonders scharf gegen einen größeren Kreis minderwertiger Kleriker vorging. Er hatte mit seinem Schuß ins Schwarze getroffen. Wer sich irgendwie gemeint fühlte, machte seinem Ärger Luft, und es waren deren nicht wenige. Dies bereitet Hieronymus eine gewisse Beruhigung; denn das Verhalten der Angegriffenen bedeutet seine Rechtfertigung. Er gibt ihnen den Rat, das Beste zu tun, was in solcher Lage möglich ist, sich nicht sehen zu lassen und zu schweigen.
Es ist eigenartig, wie wenig Spaß durchweg die Hieronymusbiographen verstehen, Cavallera eingeschlossen, indem sie sich in sittlicher Entrüstung über den Briefschreiber auslassen und den armen Onasus bedauern. 2553 Dabei hat Onasus aus Segesta — mit Absicht ist diese in Sizilien, Pannonien und Ligurien vorkommende Örtlichkeit gewählt — gar nicht existiert. Er ist eine fingierte typische Persönlichkeit. Der vorliegende Brief ist nichts anderes als ein satirisches Zeitgemälde; und den Rock zog sich nur an, wem er paßte. Wiederholt betont Hieronymus in anderen Briefen, daß er keine Namen nenne, damit man nicht glaube, er schreibe eine Satire. 2554 Hier hat er einen Namen genannt; also haben wir eine Satire vor uns, wie er ja selbst im Briefe betont. 2555 Natürlich verfolgt er den Zweck, auch auf diesem Wege die Irrenden auf den besseren Weg zu führen. Über den pädagogischen Wert dieser Methode kann man allerdings verschiedener Meinung sein.
Der Brief fällt in die Zeit seines römischen Aufenthaltes und naturgemäß an dessen Ende, 2556 also etwa 384. Cavallera läßt ihn wegen verschiedener charakteristischer Ausdrücke, die sich auch im Brief an Eustochium (384) finden, bald nach diesem Briefe geschrieben sein. 2557
1.
Die Ärzte, welche man Chirurgen nennt, hält man für grausam, und doch sind sie selbst elend daran. Es ist gewiß nicht angenehm, mit dem rettenden Messer das tote Fleisch wegschneiden zu müssen, während man selbst mit dem Kranken leidet. Wenn der Arzt heilen will, darf er nicht zurückschrecken vor Dingen, die den Kranken erschauern lassen. Obendrein wird er noch als Feind angesehen. So ist nun einmal die menschliche Natur. Die Wahrheit dünkt sie bitter, aber das schmeichelnde Laster steht hoch im Kurs. Isaias scheut sich nicht, nackt umherzugehen, um die kommende Gefangenschaft anzudeuten. 2558 Jeremias wird mitten aus Jerusalem zum Euphrat, einem Flusse Mesopotamiens, geschickt, um im feindlichen Lande, wo der Assyrer wohnt und die Chaldäer zelten, seinen Gürtel zu begraben, bis er vermodert. 2559 Ezechiel erhält den Befehl, ein Brot zu backen aus den verschiedenen Getreidearten und es dann mit Menschen- und nachher mit Rinderkot zu essen. 2560 Trockenen Auges ist er Zeuge, wie seine Gattin hinscheidet. 2561 Amos wird aus Samaria vertrieben. 2562 Warum all dies? frage ich nur. Offenbar, weil die Chirurgen der Seele die Laster der Sünder wegschnitten und zur Buße mahnten. Der Apostel Paulus sagt: „Ich bin euer Feind geworden, weil ich die Wahrheit spreche.“ 2563 Weil des Erlösers Worte hart schienen, deshalb verließen ihn die meisten seiner Jünger. 2564
2.
Da ist es nicht weiter verwunderlieh, daß ich bei sehr vielen anstoße, wenn ich das Laster bekämpfe. Ich schickte mich an, eine übelriechende Nase aufzuschneiden und denen Furcht einzuflößen, die mit Drüsen behaftet sind. Einer kleinen geschwätzigen Krähe will ich Einhalt tun, damit das ganze Rabenvieh einsieht, wie ekelhaft es ist. Lebt denn nur ein einziger in Rom, dessen Nase durch eine häßliche Wunde entstellt ist? 2565 Ist wirklich Onasus aus Segesta der einzige, der hohle und wie Blasen sich blähende Worte mit aufgeblasenen Backen zu verzapfen hat? 2566 Ich erwähne einige, welche durch Verbrechen, Meineid und Täuschung zu irgendeiner Würde gekommen sind. Was geht denn das dich an, wenn du dich unschuldig fühlst? Ich lache über einen Anwalt, der einen Verteidiger nötig hat. Ich mache mich lustig über eine Beredsamkeit, die einer Viertelsnase entspricht. Was kümmert es dich, der du durch Beredsamkeit glänzest? Ich will gegen die geldgierigen Priester angehen. Warum zürnst du mir, wenn du von Hause aus reich bist? Den lahmen Vulkan 2567 will ich in seinem eigenen Feuer verbrennen. Bist du etwa sein Gastfreund oder sein Nachbar, daß du mit aller Gewalt den Feuerbrand vom Götzentempel fernhalten willst? Mir macht es Spaß, von Gespenstern, Kobolden, Nachteulen und Nilungeheuern zu reden. Du beziehst sofort alles, was gesagt wird, auf dich. Durchbohrt der Dolch meines Griffes irgendein Laster, dann schreist du, du seiest gemeint. Die Hände ringend läufst du zum Kadi; wie ein Tor klagst du, prosaischer Mensch, den Satiriker an. Hältst du dich deshalb etwa für einen prächtigen Kerl, weil du einen so bezeichnenden Namen führst? Spricht man nicht gerade deshalb von einem Wald (lucus), weil er nicht leuchtet? Heißen die Parzen nicht gerade deshalb so, weil sie keinen schonen? Nennt man nicht die Furien Eumeniden? 2568 Bezeichnet man nicht im Volksmund die Äthiopier als silberfarben? Aber wenn dir die Schilderung des Häßlichen immer an die Nieren geht, so will ich mit Persius deine Schönheit besingen:
„Um dich als Schwiegersohn sich König und Königin reißen,
Um deine Hand der Mädchen liebliche Blüte sich mühet,
Duftende Rosen erblühen, wo immer den Fuß hin du setzest.“ 2569
3.
Doch will ich dir einen Rat geben. Ich will dir sagen, was du verbergen mußt, um schöner zu erscheinen. Laß deine Nase nicht sehen und deine Stimme nicht hören! Dann wirst du als Schönheit und als ein Meister der Beredsamkeit gelten können.