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§ 2Staat und Staatsrecht

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4Wenn sich das Staatsrecht also mit den normativen Grundlagen des Aufbaus und der Funktionsweise eines Staates beschäftigt, setzt es dessen Existenz schon voraus: so ist etwa das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland unmittelbar an deren Bestand geknüpft – mit ihrem Untergang verlöre es seine Geltung.

Die Bestimmung dessen, was ein Staat allgemein ist, also die Festlegung seiner Existenzbedingungen und Ziele, ist demgegenüber eine dem Staatsrecht vorgelagerte Frage der Staatsphilosophie2, seine internationale Anerkennung Gegenstand des Völkerrechts. Aus der Vielzahl der dort angestellten Überlegungen soll hier nur kurz referiert werden, was als Grundkonsens der gegenwärtigen Staatsphilosophie betrachtet werden kann:

Ein Staat ist eine organisatorische Konstruktion einer Gemeinschaft von Menschen. Nach dem weit verbreiteten Modell eines „Gesellschaftsvertrags“ existiert er dadurch, dass jeder Einzelne seine originäre Selbstverteidigungsfähigkeit, die er in einem (gedachten) vorstaatlichen Zustand besitzt, an eine übergeordnete Organisation abgibt, die effizienter und sicherer die individuelle Sphäre eines jeden gegen Zugriffe Dritter verteidigen kann. Von dieser Prämisse ausgehend muss diese Gemeinschaft ihre organisatorische Kompetenz ausschließlich von ihren Mitgliedern ableiten und darf nicht von anderen Gemeinschaften abhängig sein. Sie muss in der Lage sein, ihre Angelegenheiten vollkommen autonom zu regeln, das heißt, sie muss souverän sein.

5Primärer Gegenstand des Staatsrechts ist daher das rechtliche Verhältnis dieser Organisation „Staat“ zu ihren Mitgliedern. Eine Organisation, die ihre Rechtsbeziehungen zu ihren Mitgliedern umfassend regeln kann, ist ein souveräner Staat (innere Souveränität).

Da in der Welt nicht nur eine einzige Gemeinschaft von Menschen existiert (dies wäre ein Weltstaat), hat jeder Staat auch einen territorialen Bezug und steht in einem Verhältnis zu anderen, gleichartig organisierten Gemeinschaften. Kann der Staat seine rechtlichen Beziehungen unbeeinflusst von diesen anderen Organisationen regeln, besitzt er äußere Souveränität.

6Aus diesen beiden Bezugspunkten, innere und äußere Souveränität, hat sich eine Theorie entwickelt, die als kleinsten gemeinsamen Nenner notwendiger Existenzvoraussetzungen eines Staates drei Bereiche auflistet (sog. Drei-Elemente-Lehre)3:

– Staatsvolk;

– Staatsgebiet;

– Staatsgewalt.

Diese Lehre wird häufig mit Georg Jellinek verbunden; er ist jedoch nicht ihr einziger Vertreter – ähnliche Gedanken wurden bereits erheblich vor seiner Zeit und auch außerhalb des deutschen Rechtskreises formuliert4. Im Völkerrecht hat sie sich in der Staatsdefinition der sog. Konvention von Montevideo niedergeschlagen.

Jedenfalls alle normativen Aussagen zu diesen Bereichen sind somit Gegenstand des Staatsrechts.

S. zur Drei-Elemente-Lehre auch die Übersicht unter Rn. 1008.

Staatsrecht I

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