Читать книгу Goschamarie Mofacup - Stefan Mitrenga - Страница 17
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„Du siehst aber nicht gut aus“, lästerte Jussuf am nächsten Morgen und pustete in seine Kaffeetasse.
„Geht schon“, log Walter. Er hatte geschlafen, wie ein Toter, bis ihn sein Radiowecker mit einem alten Hit von Michelle aus dem Koma geholt hatte. Also ein schlechter Tag. Walter ertrug die Quietschestimme der Sängerin einfach nicht. Er hatte leichtes Kopfweh und sein Gehirn fühlte sich irgendwie schwammig an. Es fiel ihm schwer, sich zu konzentrieren.
„Es ist ja dein letzter Tag in dieser Woche“, grinste Jussuf, „das schaffst du schon.“
„Kümmere du dich lieber um deine Tanzschuhe“, knurrte Walter zurück. „Du solltest heute Abend schon einen guten Eindruck machen.“
Jussuf zuckte zurück. „Autsch! Das ist ja schon heute. Das hatte ich fast vergessen …“
„Verdrängt“, korrigierte Walter. „Das hätte ich auch. Du kannst mir dann ja am Samstag beim Mofacup erzählen, wie es gelaufen ist.“ Das erste Lächeln des Tages huschte über Walters Gesicht. Schadenfreude ist einfach die schönste Freude.
„Heute teilst du aber ganz schön aus“, sagte Jussuf vorwurfsvoll.
„Entschuldige“, ruderte Walter zurück. „War nicht so gemeint. Aber ich bin noch etwas neben der Spur. Der extra große Schnaps gestern hat mir nicht gutgetan.“
Jussuf lachte. „Alles gut. Wenn ich einen Kater habe, darf man mich auch nicht ansprechen. Komm – ich helfe dir den Karren zu beladen.“
Als Jussuf weg war, machte Walter sich mit Balu auf den Weg. Zum Glück wusste auch Balu mittlerweile welche Haushalte eine Zeitung bekamen, denn Walter hätte an diesem Tag doch den ein oder anderen vergessen. Mit einem leisen „Wuff“ machte er sein Herrchen jedes Mal auf einen ausgelassenen Briefkasten aufmerksam.
Vor allem wenn es bergauf ging, fiel Walter das Laufen schwer, doch die frische Luft tat ihm gut und es ging ihm mit jedem Meter besser.
„Scheißndreckn“, schimpfte er, als er das Licht an Eugen Heesterkamps Haus sah. Der ehemalige Lehrer war ein ausgemachter Frühaufsteher. Manchmal hatte Walter das Gefühl, dass Eugen ihm auflauerte.
„Guten Morgen“, begrüßte ihn Eugen im Morgenmantel. Der Mantel war deutlich zu kurz und entblößte seine haarigen, dünnen Beine, die am unteren Ende in Filspantoffeln steckten. Auf beide Schuhe war ein Katzengesicht gestickt.
„Sie sind aber spät dran heute. Verschlafen?“
„Zeitung“, knurrte Walter und drückte Eugen das Blatt in die Hand. Dann stutzte er. Irgendetwas war an dem Lehrer heute anders. Er brauchte ein paar Sekunden, bis er darauf kam.
„Da hat wohl eine der Bienen Ihre gute Absicht nicht erkannt“, grinste Walter und zeigte auf Eugens Nase, die leuchtend rot und angeschwollen war.
„Ich weiß auch nicht, was da passiert ist“, antwortete Eugen und tastete unbewusst seine Nase ab. Der Schmerz ließ ihn zurückzucken. „Alles lief prima, aber auf einmal hatte ich eins von den Tierchen in der Nase. Sie ist reingekrochen und hat sofort gestochen. Ich hab sie rausgepustet, aber der Stachel blieb innen stecken. Ich hab ihn erst zu Hause mit einer Pinzette herausbekommen. Es tut höllisch weh.“
„Na dann gute Besserung – auch gesundheitlich“, verabschiedet sich Walter fröhlich. Der Tag wurde mit jeder Minute besser. Außerdem nahm er sich vor, später noch in die Bäckerei nach Bavendorf zu fahren. Er verspürte eine unglaubliche Lust auf ein Stück Bienenstich.
Die zweite Runde Schlaf hatte Walter gutgetan und er saß gutgelaunt auf der Terrasse. Liesl war herübergekommen und Walter erzählte ihr von Eugens Missgeschick.
„Er sieht aus wie Pinochio“, lästerte er. „Einen Mordszinken hat er im Gesicht. Richtig dick und rot.“
„Jetzt hör doch auf, über Eugen herzuziehen“, wies Liesl ihn zurecht, musste aber selber grinsen. „Bei Bienenstichen soll der Saft vom Spitzwegerich helfen. Ich pflücke nachher ein paar und bringe sie ihm vorbei.“
In Walters Gedanken entstand ein Bild des ehemaligen Lehrers mit Spitzwegerich in den Nasenlöchern, die wie zwei Puschel überlanger Nasenhaare herausstanden. Das Bild gefiel ihm.
„Mach das“, sagte er und griff nach seiner Kaffeetasse. In diesem Moment meldete sein Handy den Empfang einer neuen Nachricht. Walter entsperrte das Gerät und las, was Anne ihm geschrieben hatte.
„Scheißendreckn“, flüsterte er.
„Was ist denn los?“, fragte Liesl besorgt. Walter hielt ihr das Handy hin.
„Oh Mist“, stimmte Liesl zu.
Pankys Obduktion war abgeschlossen. Er wurde vergiftet.