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II.Öffentliches und privates Recht 1.Das öffentliche Recht als Sonderrecht des Staates

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17Die Rechtsordnung gliedert sich in das öffentliche und in das private Recht. Während das private Recht die Rechtsbeziehungen der Rechtsbürger (Privaten) untereinander regelt, umfasst das öffentliche Recht die Rechtsverhältnisse zwischen Trägern öffentlicher Gewalt und Privaten, sowie zwischen Trägern öffentlicher Gewalt untereinander.

Diese Unterscheidung ist historisch-funktionell und verfassungsrechtlich zu erklären. O. Mayer hatte auf die besondere Rechtsnatur und Funktion des Staates hingewiesen und dargelegt, dass das öffentliche Recht nicht lediglich ein besonderes Zivilrecht sein kann, sondern eigener Rechtsart sein muss. Denn der Staat ist „ausgestattet mit rechtlich überwiegender Macht über die Menschen seines Machtbereichs“ und darf sie „massenweise opfern… für die Zukunft der geschichtlichen Größe Volk“. Das öffentliche Recht, so stellt er fest, „ist… nichts anderes als die Ordnung von Verhältnissen, an welchen ein Träger öffentlicher Gewalt als solcher und damit die öffentliche Gewalt selbst beteiligt ist.“26

Diese Formulierung ist heute sicherlich zu martialisch, doch ist es in der Tat das Eigentümliche des öffentlichen Rechts, das Sonderrecht des Staates zu sein, das ihn legitimiert, mit den ihm eigenen Rechtsinstrumenten öffentliche Aufgaben wahrzunehmen. Dabei stellt das öffentliche Recht besondere Rechtsinstrumente zur Verfügung, die das Privatrecht nicht kennt, insbesondere die Möglichkeit, durch einseitiges Handeln Recht zu setzen. Ein typisches Instrument hoheitlichen Handelns ist der Verwaltungsakt (Rn. 144 ff.), der der Behörde die Möglichkeit gibt, gegenüber dem Bürger einseitig Rechtsfolgen anzuordnen. Öffentlich-rechtlich ist die Kompetenz, Satzungen oder Rechtsverordnungen zu erlassen. Andererseits kann auch nicht geleugnet werden, dass schon seit geraumer Zeit – im Zuge einer umfassenden Privatisierung öffentlicher Agenden und des Bedürfnisses nach flexibleren Lösungen in jüngerer Zeit sogar verstärkt – ein Trend besteht, für Verwaltungsaufgaben stärker das Privatrecht zu nutzen, das häufig angepasstere Lösungen ermöglicht. Deshalb ist es auch Aufgabe der Verwaltungsrechtswissenschaft, eine „Flucht ins Privatrecht“ (Rn. 283 ff.) kritisch zu begleiten, ggf. zu stoppen.

18Dem gegenläufig ist eine Entwicklung zu erkennen, durch die das Privatrecht zunehmend „veröffentlich-rechtlicht“ wird. Plakative Beispiele hierfür sind das Diskriminierungsverbot im Kartellrecht (§ 20 GWB), die Kontrahierungspflicht im Regulierungsrecht (§ 20 Abs. 1 EnWG) oder die Verpflichtung von Energienetzbetreibern, vorrangig Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Grubengas vorrangig physikalisch abzunehmen, zu übertragen und zu verteilen (§ 11 EEG). Aber auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz27 kann hier genannt werden. Dies alles sind Vorgaben, die die Vertragsfreiheit privater Unternehmen im öffentlichen Interesse einer bestimmten Wettbewerbs-, Energie- oder Gesellschaftspolitik beschränken. Der Grund für die stärkere Regulierung des Wettbewerbs- und Energierechts liegt auf der Hand: Die Verpflichtung, die Unternehmenspolitik im Allgemeininteresse auszurichten, oblag ursprünglich öffentlichen Unternehmen; deren Funktionen haben im privatisierten Umfeld aber private Unternehmen übernommen.

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