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Kapitel 13

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„Ich möchte dir etwas zeigen.“

Kristín sah überrascht zu dem grossen Isländer hinüber.

Doch er sah sie nicht an.

An seinen Lippen zupfte nur ein geheimnisvolles Lächeln.

„Etwas Schönes?“, fragte sie leise.

Halli nickte.

„Es ist wunderschön.“

Mit diesen Worten bog er von der Strasse ab und fuhr über einen kurzen Schotterweg.

Er hielt direkt vor einem alten Hof.

„Wohnt hier…?“, setzte Kristín zur Frage an, doch Halli unterbrach sie mit einem Kopfschütteln.

„Nei… Nein. Dieser Hof ist unbewohnt. Seine Besitzer haben das Weite gesucht.“

Die junge Frau schüttelte bedauernd den Kopf.

„Das ist schade. Er steht an einem besonderen Ort.“

Sie drehte sich einmal um die Achse und bewunderte die Aussicht.

Halli kam nicht umhin, ihren Bewegungen zu folgen.

Sein Blick wurde weich, als er ihr antwortete.

„Es gibt viele solcher Höfe auf Island. Um die ganze Insel verteilt. Immer wieder werden solche Bauten zu Gunsten anderer, meist moderneren, aufgegeben. Manchmal reicht das Geld nicht mehr und der Besitzer muss verkaufen. Und manchmal gefällt der jetzige Ort schlicht nicht mehr. Es gibt sehr viele Gründe.“

Sie lauschte seinen Worten, während ihr Blick auf dem verlassenen Hof weilte.

Dann drehte sie sich zu ihm herum, legte den Kopf schief und grinste schelmisch.

„Was ist nun deine Überraschung? Hast du diesen Hof gekauft?“

Sie lachte belustigt.

Halli kratzte sich verlegen am Kopf.

Völlig gebannt von ihrem Anblick.

Doch er riss sich los und machte ein paar Schritte an ihr vorbei, als er ihr auffordernd zuwinkte.

„Na los. Komm mit. Das Beste kommt erst noch.“

Er ging voraus, sein Ziel vor Augen und Kristín folgte ihm, tapfer versuchend mit dem grossen Mann Schritt zu halten.

Als er plötzlich stehen blieb, wäre sie beinahe mit ihm kollidiert.

Er lachte leise.

Dann umfassten seine Finger ihr Kinn und hoben es sachte an.

Ihre Augen trafen sich einen Moment, ehe sie der ausladenden Bewegung seiner Hand folgte.

„Das wollte ich dir zeigen.“

Kristín war gefesselt von dem Anblick, der sich ihr bot.

Das Meer.

Sie konnte das Meer sehen.

So nah.

So mächtig.

Und als würde es sie begrüssen, erfasste ein Windstoss die junge Frau, brachte sie so einen Augenblick ins Wanken.

Doch grosse, warme Hände waren sofort zur Stelle, um sie aufzufangen.

Ihre Blicke trafen sich, begegneten sich mit einer Intensität, die ein Denken unmöglich machten.

Sie war so schön, wie sie dastand, dieses Strahlen, diese Faszination, in den Augen.

Der Wind spielte mit ihren Haaren.

Und ihr Lächeln wurde immer breiter.

„Willst du näher hin?“

Er fühlte sich plump.

Unfähig, sich ihrer Magie zu entziehen.

Doch sie lächelte nur.

Warm, offen.

Und berührte damit sein Herz.

„Sehr gern.“

Sie drehte sich um, der Zauber brach.

Ihr Blick glitt über den Strand.

„Gehen wir ein Stück?“

Halli nickte, nahm ihre Hand und half ihr, über die Steine hinweg hinunter zum Meer zu gelangen.

„Es soll Tage geben, an denen man hier Seehunde sehen kann.“

Er deutete hinaus aufs Wasser.

Sie folgte seinem Blick.

„Hast du schon einmal welche gesehen?“, fragte sie leise.

Er schüttelte bedauernd den Kopf.

„Ich bin sehr selten am Meer.“

Da war er wieder.

Dieser Unterton.

Dieses Mal wagte sie es.

„Was ist passiert?“

Kristín blieb stehen.

Den Blick auf das tosende Wasser gerichtet.

Es blieb still.

Keiner sagte ein Wort.

Dann plötzlich begann er zu reden.

Seine Stimme zitterte leicht.

Doch sie konnte deutlich spüren, dass er stark sein wollte.

„Meine Mutter starb als ich noch klein war.“

Er machte eine Pause.

„Mir wurde erzählt, sie sei ins Meer gegangen.“

Ihre Hand tastete nach seinem Arm.

Die Wärme ihrer Finger prickelte auf seiner Haut.

Er schnaubte leise.

Seiner Enttäuschung Luft machend.

„Sie hat sich das Leben genommen. Mamma war depressiv.“

Sein Blick richtete sich zu seinen Füssen.

„Man fand ihre Leiche am Strand. Zwei Tage waren vergangen zwischen ihrem Verschwinden und als man sie fand. Für meinen Vater brach eine Welt zusammen.“

Erneut sah er wieder aufs Meer hinaus.

Sein Blick folgte den Wellen.

Kristín hörte einfach nur zu.

„Er wusste von ihrer Krankheit. Von Anfang an. Aber er hatte die stille Hoffnung, dass ein Kind sie aus dem Dunkeln holen könnte. Dass ich ihr Licht werden könnte.“

Halli kickte einen Stein fort, als er sich langsam in Bewegung setzte und sie gemeinsam ein Stück den Strand entlang gingen.

„Sie liess mich nie spüren, dass sie krank war. Und Pabbi sagte sie nie, wie schlecht es ihr wirklich ging. Wir lebten im Glauben und der Hoffnung, eine glückliche kleine Familie zu sein.“

Seine Stirn legte sich zornig in Falten.

„Und dann ging sie fort. Einfach so. Ohne Abschied. Und zurück blieben wir...“

Er suchte nun Kristíns Blick.

Enttäuschung und Schmerz spiegelte sich in seinen Augen.

Sein Anblick berührte sie.

War es nun Zeit für ihre Geschichte?

Sie holte tief Luft.

„Ich bin hier auf Island, weil…“

Sie schüttelte den Kopf, ihre Augen glitten über das Meer.

„Mein Vater hatte ein Geheimnis...“

Dieses Mal war es seine Hand, die sich wärmend auf ihren Arm legte.

Und so erzählte sie ihre ganze Geschichte...

Der Ruf der wilden Insel

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