Читать книгу Vampirmächte - Stefanie Worbs - Страница 5
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Lillien
Als sie die Augen aufschlug, bemerkte Lilly als Erstes, wie es bereits begann hell zu werden. Sie lag auf einer Wiese, nahe einem Gebüsch und vom Wind aufgewehte, raschelnde Blätter umwehten sie.
Langsam erhob sie sich, eine Hand am Hinterkopf. Sie konnte sich beim besten Willen nicht erinnern, was passiert war. Als sie sich aufsetzte, pochte ihr Kopf und ihr wurde schwindelig. Sie fühlte sich, als hätte sie die Nacht durchgezecht. Doch am Abend zuvor hatte sie ihre Freundin besucht und ihn ruhig vor dem Fernseher verbracht.
Spät in der Nacht hatten sie sich verabschiedet und Lilly war zu ihrem Wagen gegangen. Das verdammte Auto hatte wieder nicht anspringen wollen, also hatte sie nach Hause laufen müssen. Doch jetzt wachte sie in diesem Park hier auf. Lilly erkannte ihn. Er lag nicht wirklich auf ihrem Weg nach Hause. Warum war sie hier? Sie konnte sich einfach nicht zusammenreimen, warum sie hier lang gelaufen sein sollte?
Langsam und unsicher stand sie auf und klopfte sich den Dreck von der Kleidung. Sie war wirklich sehr dreckig. Hatte sie gekämpft?
Lilly untersuchte ihre Arme, Beine und alles was nicht von Kleidung bedeckt war, tastete ihren Körper ab, spürte aber keine Verletzungen. Bis auf die Kopfschmerzen und den Schwindel war alles in Ordnung. Sie sah sich um. Niemand war hier.
Fröstelnd verschränkte sie die Arme vor der Brust. Dieser Herbst war kalt. Kurz stand sie unentschlossen da, wandte sich dann in Richtung Zuhause und lief langsam los. Erst grübelte sie noch darüber nach, was geschehen sein konnte, gab es dann aber auf. Ihr Kopf pochte immer mehr und je heller es wurde, desto mehr tat er ihr weh.
Sie schloss die Tür zu ihrer Wohnung auf und war froh, endlich im Dunkeln zu sein. Die aufgehende Sonne hatte ihre Kopfschmerzen unerträglich gemacht. Jetzt ließ sie ihre Sachen fallen und ging ohne Umwege ins Schlafzimmer. Komplett angezogen ließ sie sich aufs gemachte Bett fallen und versank fast augenblicklich in einen tiefen Schlaf.
Es war später Nachmittag, als Lilly erneut erwachte. Die Sonne ging bereits wieder unter. Und irgendwie war sie froh darüber. Die Tage wurden stetig kürzer. Eine Weile lag sie einfach nur da, bis ihr einfiel, dass ihr Auto noch immer am anderen Ende der Stadt stand. Sie musste es holen. Doch vorher musste sie duschen und dringend etwas essen. Ihr knurrte wahnsinnig der Magen.
Mühsam stand sie auf und ging zum Kühlschrank. Er war nicht gerade voll. Auch in den Schränken fand sich nichts. Also nahm Lilly sich eine Schüssel Müsli und eine Tafel Schokolade mit ins Wohnzimmer, doch nichts was sie aß, machte richtig satt. Sie hatte nicht mal Appetit auf das, was sie vorrätig hatte. Die Kopfschmerzen waren leicht abgeklungen, aber immer wenn sie sich zu schnell bewegte, pochte es heftig. Die lauwarme Dusche entspannte sie dann etwas.
Als der Abend schließlich hereinbrach, raffte Lilly sich endlich auf, um ihr Auto zu holen. Die Stadt war leer. Nur hier und da spazierten noch einige Leute an den geschlossenen Läden vorbei. Sie hätte sich etwas zu trinken mitnehmen sollen. Ihre Kehle fühlte sich trocken an und Sodbrennen stellte sich ein.
Es war nicht mehr weit und Lilly hoffte inständig, ihr Auto würde diesmal anspringen. Sie hatte nicht die geringste Lust, noch mal quer durch die Stadt zu laufen. Außerdem wurde es immer kälter und ihre Kopfschmerzen begannen wieder stärker zu werden. Wenn das nicht besser werden würde, musste sie auch noch zum Arzt. Wo sie doch diese dämlichen Wartezimmer und die hustenden und schleimröchelnden Leute nicht ausstehen konnte.
Die können ja nichts dafür, dass sie krank sind. Aber müssen die diese ekligen Geräusche so laut machen, dass einem davon übel wird? Als wollen sie geradezu, dass man ihnen ansieht und es hört, wie krank sie sind, dachte Lilly bei sich.
Bei dem Gedanken daran, wie jemand die Nase heftig hochzog, nur um dann den Schleim runterschlucken zu können, wurde ihr tatsächlich schlecht. Sie musste anhalten und sich hinhocken. Ihre Kopfschmerzen machten es nicht besser und mit einem Satz sprang Lilly wieder auf und übergab sich im nächsten Gebüsch. Das Müsli hätte sie sich sparen können. Aber ironischerweise war sie froh, die gute Schokolade nur zur Hälfte gegessen zu haben.
Am Auto angekommen war ihr immer noch flau im Magen. Sie schloss es auf und schickte ein Stoßgebet zum Himmel, als sie den Schlüssel im Zündschloss drehte. Der Wagen leierte und die Lämpchen am Armaturenbrett flackerten bedrohlich. Lilly versuchte es ein zweites Mal und schloss die Augen, als könne es helfen.
„Komm schon, komm schon!“, flehte sie ihr geliebtes Auto an und nach ein paar weiteren, leiernden Sekunden, sprang es endlich murrend an. Erleichtert ließ sie sich im Sitz zurücksinken. Wenigstens musste sie nun nicht noch mal nach Hause laufen.
Sie parkte aus und fuhr die spärlich beleuchteten Straßen schneller als sonst entlang. Der Durst wurde unerträglich. Als würde sie in der Wüste sitzen und weit und breit gab es keinen Tropfen Wasser. Ihr ganzer Körper begann zu schmerzen. Was war nur mit ihr los?
Seit diesem seltsamen Vorfall wurde es immer schlimmer. Die Lichter blendeten sie und alles rings um schien unerträglich laut. Zuhause angekommen parkte Lilly quer über zwei Plätze ein, schloss das Auto ab und rannte nach oben. Ohne die Wohnungstür zu schließen, lief sie in die Küche und trank direkt aus dem Wasserhahn. Tiefe, lange Schlucke die ihren trockenen und brennenden Hals kühlten. Gefühlte zehn Liter später drehte sie den Hahn zu und atmete tief durch.
Eine Erkältung, schoss es ihr durch den Kopf. „Ich habe mich bestimmt erkältet gestern Nacht.“ Langsam, fix und fertig, schloss sie die noch offenstehende Tür und schlurfte ins Bad. Sie sah fürchterlich aus. Der Spiegel zeigte ihr ein blasses, müdes Gesicht mit tiefen Ringen unter den Augen.
Sie wusch sich und putzte die Zähne ohne viel Elan, dann schlurfte sie ins Schlafzimmer, zog die Tagesdecke herunter, die dreckig vom Blattwerk auf ihren Kleidern von heute Morgen war und kuschelte sich in ihr Bett.
„Schlaf ist die beste Medizin“, murmelte sie noch zu sich selbst und war schon wieder eingeschlafen.