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Lillien

Lilly sah sich um. Sie waren verschwunden. Wie vom Erdboden verschluckt. Aber heute waren auch sonst nicht viele Leute unterwegs.

Was soll‘s, dachte sie und machte sich auf den Weg. Weit konnten die beiden nicht sein und sollte sie sie nicht mehr finden, wäre das auch egal. Nun war sie schon mal draußen, da konnte sie auch einen kleinen Spaziergang machen.

Die Luft war feucht und kalt und leichter Nebel hing über der Stadt. Das schöne Wetter vom Morgen war verflogen. Lilly lief die Straße entlang und schaute sich unentwegt um. Vielleicht sah sie diese Typen doch noch irgendwo.

In der Innenstadt war genauso wenig los und als es anfing zu nieseln, zog sie die Schultern hoch und ging einen Schritt schneller. Es dauerte nicht lange und Regen setzte ein. Bevor der sie jedoch komplett durchnässte, schlüpfte Lilly durch die Tür eines Cafés ins Warme. Ihre Hände waren schon Eisklumpen und sie rieb sie, um sie zu wärmen.

Ihr Blick schweifte, auf der Suche nach einem freien Tisch, durch den Raum und blieb an einem hängen an dem ein junger Mann saß. Es war tatsächlich einer der beiden. Der Blonde, der sie gegrüßt und am Abend zuvor von dem Mann weggezogen hatte.

Kurz stand Lilly unentschlossen da, doch als er den Blick hob und sie direkt ansah, entschied sie, ihn anzusprechen. „Du und dein Freund, ihr stalked mich!“, hielt sie entschlossen fest, als sie seinen Tisch erreicht hatte.

Er sah sie nur lächelnd an und hob leicht die Hand, um ihr zu bedeuten, dass der Platz ihm gegenüber frei war und sie sich doch gern setzen konnte. Mit prüfendem Blick auf den jungen Mann vor ihr, setzte Lilly sich.

„Hi“, grüßte er knapp und lächelte wieder nett.

„Hi“, erwiderte sie immer noch leicht säuerlich.

„Mein Name ist Denniz“, begann er, bevor Lilly auch nur die Möglichkeit hatte, ihm etwas Barsches an den Kopf zu werfen.

„Ich, ehm, ich bin Lillien.“

„Schön dich kennenzulernen, Lilly.“ Seine Stimme war ruhig und sanft. Er schien vollkommen mit sich im Reinen zu sein, so wie er da saß und an seinem Kaffee nippte. Lilly musterte ihn unverhohlen, mit leicht verengten Augen. Ihr war nicht entgangen, dass er sie einfach Lilly genannt hatte. Doch sie beließ es vorerst dabei.

Was will der Typ? Warum ist er mir gefolgt? Er sieht gar nicht aus wie ein Irrer oder so. Obwohl das viele nicht tun und sich dann doch zeigt, dass sie nicht ganz sauber im Kopf sind, überlegte sie. Stirnrunzelnd fragte sie schließlich laut: „Wer bist du?“

„Das habe ich doch gerade gesagt“, antwortete Denniz knapp und grinste seine Kaffeetasse an.

„Nein, ich meine, was willst du von mir? Ist es wegen gestern Abend? Hör zu. Ich weiß echt nicht, was da passiert ist, aber da du hier bist und die Polizei nicht bei mir geklingelt hat, gehe ich davon aus, dass es diesem Typen gut geht. Ich will also wissen, was du und dein Freund bei mir vor der Tür verloren hattet. Woher wisst ihr überhaupt, wo ich wohne?“, platzte sie heraus, hielt dann aber inne. So viel hatte sie in den letzten beiden Tagen zusammen nicht gesagt.

Nun musterte er sie, aus seinen himmelblauen Augen heraus und schaute so lange in ihre, bis sie den Blick senkte. So freundlich sein Blick war, seine Ausstrahlung hatte etwas Einschüchterndes.

„Es tut mir leid, wenn Memphis und ich dir Angst gemacht haben. Das war sicher nicht unsere Absicht. Wir, dass heißt ich, wollte vorhin nur sehen, ob es dir gut geht.“

Was geht es dich an, ob’s mir gut geht, dachte Lilly, sprach es aber nicht aus. Er war ein Fremder, warum interessierte es ihn?

„Und wir wussten, wo du wohnst, weil wir dich gesehen haben, wie du nach Hause gegangen bist“, fuhr er fort. „Memphis meinte zwar, es wäre schon alles okay, aber ich wollte mir sicher sein.“

„Warum?“, brachte Lilly halb flüsternd, halb verwirrt hervor.

„Weil ich gesehen habe, was mit dir passiert ist. Und ich weiß, wie es ist. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie es bei mir war. So was vergisst man nicht.“ Er nippte wieder an seinem Kaffee.

„Wie, was mit mir passiert ist? Was ist denn mit mir passiert?“, hakte Lilly etwas schnippisch nach, doch es interessierte sie wirklich. Vielleicht wusste er ja was über die Nacht in der sie nicht zu Hause angekommen, sondern im Park aufgewacht war.

„Mhh, ich weiß nicht recht, wie ich es dir erklären soll. Wahrscheinlich lachst du mich aus oder rennst weg. Ehrlich gesagt bin ich froh, dass du noch nichts bestellt hast. Ich hab die berechtigte Befürchtung, es könnte in meinem Gesicht landen.“ Er lachte auf und Lilly durchfuhr bei dem Klang eine Woge von Wärme. Dann hob er eine Hand, um die Bedienung heranzuwinken, und bemerkte scherzhaft: „Aber ich denke, dieses Risiko gehe ich ein.“

Lilly bestellte sich einen Milchkaffee, den die Kellnerin einige Minuten später brachte. Sie trank einen Schluck, schmeckte aber nichts. Wahrscheinlich noch diese Erkältung, dachte sie. Während die beiden gewartet hatten, hatte keiner etwas gesagt, doch Lillys Neugier war geweckt. „Was ist denn nun angeblich mit mir passiert?“, fragte sie wieder, diesmal mit leichter Ungeduld in der Stimme.

Denniz drehte seine leere Tasse in den Händen, dann begann er zögernd zu erzählen. „Du erinnerst dich an den Morgen, als du in diesem Park aufgewacht bist?“

Lilly nickte.

„Also, wir waren da. Memphis und ich. Er hat so was wie ein Gespür für Menschen wie dich.“ Denniz hob eine Hand, um ihre Einwände abzuwehren, bevor Lilly überhaupt Luft holen konnte. „Das ist eine Sache, die ich dir später erkläre, wenn das okay ist.“ Er wartete ihren skeptischen Blick ab, bis sie abermals nickte, und fuhr dann fort: „Also, Memphis hat dich gefunden. Er meinte, es geht dir gut und ich solle mir keine Gedanken machen. Du würdest aufwachen und gesund und munter nach Hause gehen.

Ich war mir nicht so sicher wie er, also habe ich ihn gedrängt, zu warten. Als du kurze Zeit später aufgestanden bist, hielt er mich zurück, mit der Begründung, ich solle mich nicht einmischen. Also blieb ich bei ihm. Wir sind dir später trotzdem gefolgt und haben abgewartet was du als Nächstes tun würdest. Memphis meinte am Abend, es wäre alles gut und ich solle nicht paranoid sein. Aber ich habe gemerkt, dass nicht alles gut war. Als du dein Auto geholt hast, habe ich dich weiter beobachtet und es wurde immer klarer, dass er falsch gelegen hat.

Weißt du, mir ging es am Anfang auch so. Man fühlt sich schlapp und krank. Der Kopf scheint zu explodieren und am liebsten würde man sich nur im Bett verkriechen. Jedenfalls blieb ich in deiner Nähe, bis ich mir sicher war. Zu deinem und des Mannes Glück, waren wir auch da, als du ihn gebissen hast.“

Lilly holte Luft, doch wieder hob Denniz die Hand. Sie stieß den Atem wieder aus und wartete, dass er weiter erzählte. Es kribbelte sie, ihm an den Kopf zu werfen, dass es ganz schön krank sei, einer Fremden so nachzuspionieren. Doch sie wollte abwarten, ob er es vielleicht selbst erklärte.

„Wir haben uns um ihn gekümmert und mittlerweile sollte er wieder recht fit sein. Du hast nicht viel getrunken und ihn auch nicht schwer verletzt. Er hatte einen kleinen Schock und Memphis wollte ihn ins Krankenhaus bringen. Ich hätte ihn lieber dort liegen lassen, nachdem was er dir antun wollte.

Wir haben ihn aber schlussendlich auf eine Bank gelegt und sichergestellt, dass es ihm gut geht. Ich wollte dir nachlaufen, aber Memphis hielt mich wieder zurück. Also haben wir im Hotel gewartet, bis er dich spüren konnte und sind dir nach Hause gefolgt. Na ja, den Rest kennst du“, schloss Denniz mit einem leisen Seufzer.

Lilly hätte gern etwas dazu gesagt, doch tausend Gedanken schossen ihr gleichzeitig durch den Kopf. „Wer ist Memphis und wer seid ihr überhaupt?“, schaffte sie endlich zu sagen und war selbst überrascht, dass es gerade diese Frage geworden war.

„Wir …“, Denniz warf einen Seitenblick durch das Café, dann schaute er Lilly fest in die Augen und sie wusste, er würde nicht lügen, „Wir sind Vampire.“

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