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Die Gefahren des Nichtstuns
ОглавлениеIch möchte diesen Drang, der uns „beschäftigt hält“, nicht herabsetzen. Wir haben ja gar keine andere Wahl. Wir müssen hart daran arbeiten, damit unsere Aufmerksamkeit auf etwas außerhalb von uns selbst gerichtet bleibt. Tun wir das nicht, können wir mit negativen Konsequenzen rechnen.
Ich kannte mal eine Frau, die keinen einzigen Augenblick lang stillhalten konnte. Blieb sie auch nur für ein paar Sekunden mit sich selbst allein, ohne ihre Aufmerksamkeit auf irgendetwas lenken zu können, fühlte sie sich unwohl. Sie konnte sich nicht ruhig irgendwo hinsetzen. Selbst wenn der Fernseher lief, konnte sie nicht stillsitzen. Sie las nie ein Buch oder die Zeitung und hörte nur sehr selten Musik. All das waren viel zu gemächliche Tätigkeiten für sie. Sie konnten ihre Aufmerksamkeit nicht stark genug in Anspruch nehmen.
Sie übte jedoch einen anstrengenden Beruf als Lehrerin aus und während der Schulzeit hatte sie weniger Schwierigkeiten. Sie verfügte nur über wenig Freizeit und konnte diese einfach füllen, hauptsächlich indem sie shoppen ging oder Freunde traf. Ihre wahren Probleme begannen in den Ferien – die zwölf Wochen des Jahres, in denen sie nicht genug beschäftigt war. Dann verzweifelte sie. Man sah es in ihren Augen: ein panischer und verwirrter Blick, wie ein Kind, das sich verlaufen hat. Aktivität war für sie so lebensnotwendig wie Sauerstoff. Ohne acht Stunden Arbeit am Tag ging sie zugrunde. Sie versuchte, sich mit Shoppingtouren, Ausflügen und Besuchen bei Freunden auf Trab zu halten, aber das reichte nie aus. Sie wurde übellaunig und aggressiv und praktisch jedes Mal wurde sie innerhalb weniger Tage krank, gewöhnlich eine Erkältung oder Halsentzündung. So als säße ein Ungeheuer in ihr, das ihr immer dann Unbehagen und Furcht bereitete, wenn sie sich nicht auf das Außen konzentrieren konnte.
Das ist natürlich ein extremes Beispiel; dennoch stellt es in unterschiedlich starker Ausprägung eine Eigenschaft von uns allen dar. Wir alle leiden, wenn wir zu lange mit uns selbst allein sind.
Als großer Musikfan – und ehemaliger professioneller Musiker – fand ich es schon immer sehr interessant, dass Popmusiker so oft Opfer von Drogen und Alkohol oder anderen psychischen Problemen werden. Praktisch alle wichtigen Popmusiker der letzten vierzig Jahre hatten in ihrer Karriere einmal Drogen- oder Alkoholprobleme, einige ernster als andere: Elvis, Jimi Hendrix, Jim Morrison, Janis Joplin, Eric Clapton, Elton John, David Bowie, Kurt Cobain, Michael Jackson, Whitney Houston, Amy Winehouse und Tausende andere, die nicht so berühmt wurden. Einige hatten Glück und schafften den Entzug, andere starben an den Folgen ihres Drogenmissbrauchs. Man trifft nur selten auf einen Popmusiker – besonders aus den 1970ern und 1980ern –, der keine Probleme mit Kokain, Heroin, Alkohol oder einer anderen Droge hatte.
Für diesen Hang zum Drogenmissbrauch gibt es mögliche Erklärungen. Die Egos der Rockstars werden ununterbrochen von ihren Fans bestärkt, sie halten sich für etwas Besonderes und Bedeutendes. Eine das Ego aufblasende Droge wie Kokain ist also genau das Richtige, denn sie hält dieses Gefühl der eigenen Bedeutung aufrecht. Oder anders betrachtet: Wenn die Bestätigung des Egos plötzlich nachlässt, spüren sie diesen Mangel und greifen zu Drogen, um die Leere zu füllen.
Popmusiker sind oft extrem aufgeregt, wenn sie Konzerte geben. Der Übergang von diesem hochenergetisierten Modus zum ganz gewöhnlichen Alltag läuft möglicherweise viel zu abrupt ab und lässt sie mit einem Gefühl der Leere zurück. Es kann also sein, dass sie Drogen nehmen, um das Niveau der Aufregung und Stimulation beizubehalten. Natürlich ist auch Geld ein Faktor: Rockstars verfügen gewöhnlich über genug Bargeld, um sich Drogen leisten zu können. Schließlich mag für die introvertierteren und empfindsameren unter ihnen ein Sedativum wie Heroin von Nutzen sein, um sie vor der Isolation und dem beständigen Druck des Ruhms abzuschirmen.
Ich glaube jedoch, dass der Hauptgrund dafür, dass so viele Popmusiker zu Drogen- und Alkoholmissbrauch neigen, ganz einfach ist: Sie führen häufig ein unstrukturiertes, untätiges Leben, in dem sie sehr viel unterwegs sind und Zeit totschlagen müssen. Popstars haben viel mehr Freizeit als die meisten von uns. Sie müssen morgens nicht aufstehen, um zur Arbeit zu gehen und dann acht Stunden im Büro verbringen. Das wirkt auf den ersten Blick wie ein Segen. Wenn man aber nicht unbedingt ein selbstgenügsamer und selbstmotivierter Mensch ist, können sich ein Übermaß an freier Zeit und ein Mangel an Strukturen katastrophal auswirken. Wie fühlt es sich an, wenn man jeden Morgen aufwacht, ohne dass man irgendetwas tun muss und auch gar nichts geplant hat? Was macht man in all den langen Monaten zwischen den Tourneen und Plattenaufnahmen – außer einfach abzuhängen und sich zu langweilen? Ich kann mich an diese schier endlose Zeit in meinen vier Jahren als Musiker erinnern: Man sitzt stundenlang in einem schmutzigen, überfüllten Van fest, wenn man zu einem Auftritt fährt, wartet darauf, dass man endlich den Soundcheck machen kann, und dann noch ein paar weitere Stunden auf den eigentlichen Auftritt. Man verbringt endlos lange Stunden in Studios, wartet darauf, dass die Toningenieure den Drum-Sound hinkriegen, und wartet weiterhin, während die anderen Bandmitglieder ihre Parts einspielen. (Ende der 1980er fragte man Charlie Watts, den Drummer der Rolling Stones, wie es war, 25 Jahre in dieser Band zu spielen. Er meinte: „Nun, ich habe fünf Jahre gearbeitet und zwanzig Jahre rumgehangen.“)
Theoretisch hätte ich diese leere Zeit sinnvoll nutzen können. Manchmal gelang mir das auch – indem ich beispielsweise las, schrieb oder meditierte. Aber häufig war ich einfach zu unruhig, müde oder erschöpft, um mich auf irgendetwas zu konzentrieren. Obwohl natürlich auch andere Faktoren eine Rolle spielten, verwundert es kaum, dass ich in diesen vier Jahren unter Depressionen litt. Es war auch die einzige Zeit in meinem Leben, in der ich zu viel trank.
Die Musiker haben das Problem, dass ihr Leben nicht aktiv genug ist, um ihre Aufmerksamkeit auf die Außenwelt zu konzentrieren – also wenden sie sich nach innen. Sie begegnen der psychischen Zerrissenheit in sich, und das führt zu Langeweile, Unzufriedenheit, Ängsten und sogar Depressionen. Für sie sind Drogen und Alkohol ein Mittel, diesen Gefühlen auszuweichen.
Natürlich sind Popstars nicht die Einzigen, die unter diesen Problemen leiden. Auch viele Filmstars sind anfällig für Drogenmissbrauch. Zudem gibt es zahllose Beispiele für reiche Leute, denen es ähnlich ergeht. Vor allem für diejenigen, die schon reich geboren werden, scheint es ein Problem zu sein. In Großbritannien zum Beispiel ist der Drogenmissbrauch besonders im Adel verbreitet. Es hat dort viele Fälle gegeben, in denen „privilegierte“ junge Adelige wegen des Besitzes von Heroin oder Kokain verhaftet wurden, eine Entzugsklinik aufsuchten oder an einer Überdosis starben.
Ein bekanntes Beispiel dafür ist der Marquis von Bristol, der 1999 an multiplem Organversagen starb. Er verfügte über ein Vermögen von 30 Millionen Pfund, mit dem er sich sein Unglücklichsein vom Leibe hielt. Er veranstaltete rauschende Partys, besaß eine ganze Flotte klassischer Oldtimer, einen Privathubschrauber, mehrere Häuser und Appartements in der ganzen Welt. Aber tief in sich spürte er immer eine Unzufriedenheit –, und schließlich nahm er Drogen, um diesem Gefühl zu entfliehen. Seine Drogensucht tötete ihn im Alter von 44 Jahren. Tatsächlich aber starb er, wie es ein Journalist auf den Punkt brachte, „an seiner Langeweile“.
Ein weiteres Beispiel ist die tragische Geschichte von Constantine Niarchos, dem Sohn des griechischen Reeders Stavros Niarchos. Trotz eines Vermögens von einer Milliarde Dollar litt Niarchos an chronischen Depressionen und einem mangelnden Selbstwertgefühl. Als er Mitte 30 war, begann er mit dem Bergsteigen. Zuerst schien es so, als stabilisierte ihn das Gefühl von Sinnhaftigkeit, Zielbewusstsein und Selbstdisziplin bei diesem Sport. Aber dann beging er nur zwei Wochen, nachdem er den Mount Everest bestiegen hatte, mit einer erheblichen Überdosis Kokain Selbstmord.
In Anbetracht dessen verwundert es wenig, dass Psychologen herausgefunden haben, dass sehr reiche Leute nicht glücklicher sind als wir alle. Die Psychologen Solomon, Greenberg und Pyszcynski führen aus:
Menschen mit sehr viel Geld sind – entgegen dem, was allgemein geglaubt wird – nicht glücklicher als ihre Zeitgenossen mit weniger Geld. Statistisch betrachtet neigen sie eher zu Depressionen und anderen psychopathologischen Formen.
(Solomon et al, 2004, p. 129)
Es fällt Ihnen vermutlich schwer, das zu glauben. Wie können solche Menschen unglücklich sein, wenn sie doch so reich sind und über so viel freie Zeit verfügen? Sie werden doch nicht – wie die meisten von uns – von all den nagenden Sorgen geplagt, wie sie ihre Rechnungen oder die drückenden Hypotheken bezahlen sollen. Sie können sich jederzeit alles leisten, was sie sich wünschen, die ganze Welt bereisen und immer das tun, was sie gerade wollen.
Erneut ist hier der Hauptfaktor zu viel leere, unausgefüllte Zeit. Einfacher gesagt: Menschen, die nicht arbeiten müssen, verbringen zu viel Zeit nur mit sich selbst, ohne etwas Bestimmtes zu tun. Sie müssen ihre Aufmerksamkeit nicht acht oder neun Stunden pro Tag auf etwas außerhalb ihrer selbst richten, wie es wir Übrigen tun. Folglich erleben sie viel mehr innere Zerrissenheit und Unzufriedenheit.
Und das stellt nicht nur für Popstars und Aristokraten ein Problem dar. Es ist auch ein Problem für viele arbeitslose Menschen. Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass Arbeitslose weniger glücklich sind als Menschen mit Arbeit. Ihre Selbstmordrate liegt höher, aber auch der Anteil von Alkoholismus, Drogenabhängigkeit und geistigen Störungen. Das ist natürlich nicht nur das Ergebnis eines Mangels an Aktivität und Struktur – zu den zusätzlichen Faktoren gehören geringeres Einkommen, geringer gesellschaftlicher Status und weniger gesellschaftliche Kontakte –, doch dies ist sicherlich ein bedeutender Aspekt. Wie mein Kollege Jimmy leiden Rentner häufig an ähnlichen Problemen. Nach einer kurzen Zeit des Glücks, in der sie sich frei vom Termindruck der Arbeit fühlen, sind sie schnell desillusioniert und werden sogar depressiv.
Ein Freund meines Vaters freute sich so sehr auf seine Pensionierung, dass er schon die Tage zählte. Er rief meinen Vater an und meinte: „Nur noch 79 Arbeitstage von heute an! Ich kann es kaum erwarten!“ Er war Buchhalter in einer Fabrik, sein Job war stressig und forderte ihn. Er freute sich also darauf, seine Tage damit zu verbringen, am Haus herumzuwerkeln, im Garten zu arbeiten und sich im Sommer Kricket anzusehen. Als er dann aber in den Ruhestand ging, fand er ihn stumpfsinnig und entmutigend. Nach nur wenigen Wochen beschwerte er sich, dass er nun viel zu viel Zeit hätte. Er erhielt eine gute Rente, Geld war also nicht sein Problem – er wusste nichts mit sich anzufangen. Jetzt rief er meinen Vater an und sagte: „Das Rentnerdasein hält nicht, was es verspricht“ oder „Vermutlich hast du von deiner Arbeit die Schnauze voll, aber du wirst sie vermissen, wenn sie erst mal nicht mehr da ist“. Zu seinem Glück fragte etwa sechs Monate später eine andere Firma an, für die er auf Honorarbasis arbeiten konnte.
Es ist seltsam, dass die gesamte Unterhaltungsindustrie – Fernsehen, Kino und DVD, Zeitungen und Zeitschriften, Computerspiele und so weiter – von unserer Unfähigkeit angetrieben wird, in uns selbst zu leben. Die moderne Welt bietet uns so viele – und auch sehr effektive – Wege an, unsere Aufmerksamkeit auf die Außenwelt zu richten, dass das schon fast furchterregend ist. Der Mathematiker und Philosoph Pascal, der im Frankreich des 16. Jahrhunderts lebte, schrieb: „Alles Unheil beruht auf einer einzigen Ursache, dass die Menschen nicht in Ruhe in ihrem Zimmer sitzen können.“ Pascal erkannte das grundlegende Unglück des Menschen, das ihn dazu antrieb, ständig nach Zerstreuung zu suchen. In seiner Zeit waren das Krieg, Tanz, Jagd und die Gier nach Status. Er begriff, dass dies „der Grund [ist], dass die Menschen so sehr den Lärm und den Umtrieb schätzen, der Grund, dass das Gefängnis eine so furchtbare Strafe ist [...].“
Aber im 21. Jahrhundert müssen wir nicht einmal in die Welt hinaus und jagen oder Krieg führen. Jede Menge Ablenkungsmöglichkeiten befinden sich in unseren „Zimmern“, die meisten davon über das Internet: soziale Netzwerke, E-Mails, SMS, Computerspiele und so weiter. (Selbst das Gefängnis ist nicht mehr so schrecklich wie in Pascals Tagen, denn auch in modernen Gefängnissen gibt es Angebote zur Zerstreuung und zum Zeitvertreib.) Wenn Sie keine Zeit mit Ihren Gedanken oder sich selbst verbringen wollen, müssen Sie nur Ihren Computer oder iPod anschalten. Genau genommen ist es heute schwierig, etwas Zeit mit sich selbst zu finden. Pascal schrieb, ein König befände sich in einem privilegierten Zustand, weil er von Menschen umgeben wäre, „deren einziger Gedanke es ist, ihm etwas Zerstreuung zu bereiten und ihn davon abzuhalten, über sich selbst nachzudenken“. In diesem Sinne sind wir heute alle privilegierte Könige.
Es ist ebenso merkwürdig, dass ein Großteil der Aktivität, die die Weltwirtschaft antreibt, unserer Unfähigkeit zum Nichtstun entstammt. (Hier spreche ich selbstverständlich nicht von den Milliarden Menschen in den wirtschaftlich weniger entwickelten Staaten, die den ganzen Tag lang schuften, nur um zu überleben.) Sollte ein großer Prozentsatz der Menschen lernen, einfach nur zu sein – und daher die Zerstreuung nicht mehr benötigen –, würde die Unterhaltungsindustrie auf einmal sehr viel kleiner werden, viele Film- und Sportstars wären auf einen Schlag arbeitslos oder hätten ein deutlich geringeres Einkommen. Zudem würde eine große Menge des wirtschaftlichen Handelns plötzlich zum Erliegen kommen. Die Arbeitszeit würde reduziert, Menschen würden nur noch für das arbeiten, was sie wirklich brauchen, und benötigten Arbeit nicht mehr als ein Mittel, um ihre Aufmerksamkeit auf Dinge außerhalb ihrer selbst zu richten. Folglich würde die Weltwirtschaft ins Stocken geraten. Und dennoch dürfte das nicht allzu große Auswirkungen haben, weil Menschen, die sein können, keine unnötigen materiellen Güter erwerben müssen.
Natürlich ist die Notwendigkeit, geschäftig zu bleiben, zum Teil auch die Folge unserer sozialen Konditionierung. Unsere Regierungen müssen uns anspornen, weiterhin tätig zu sein, weil es das Wirtschaftswachstum ankurbelt. Das kapitalistische System behandelt Zeit wie eine Ware. Deshalb sagt man uns, dass wir unsere Zeit mit „produktiven“ Tätigkeiten verbringen sollen. Aber die Wurzel reicht noch viel tiefer. Bei unserem Drang, aktiv zu sein, handelt es sich zweifelsohne um eine psychologische Notwendigkeit.
Dieses Verhalten wirkt so natürlich und normal, dass Sie sich sicher fragen, warum ich es zu einem Problem erhebe. Warum jedoch sollten wir praktisch unsere gesamte Zeit damit verbringen, unsere Aufmerksamkeit auf Dinge außerhalb unserer selbst zu richten? Warum spüren Menschen den Drang, geschäftig zu sein? Warum verbringen so viele von uns jede Woche 28 Stunden damit, auf Bilder zu starren, die über die Mattscheibe in der Ecke unseres Wohnzimmers flimmern?
Viele unserer Aktivitäten sind natürlich notwendig und darüber hinaus – für uns und für andere – äußerst sinnvoll. Beispielsweise kann die Art der aktiven Versenkung, die wir erleben, wenn wir uns kreativen und herausfordernden Aufgaben widmen (wie etwa einen Roman schreiben oder ein Computerprogramm entwickeln, ein Kleid entwerfen oder Schach spielen), ein äußerst positiver Gemütszustand sein. Diese Aktivitäten konzentrieren unsere geistige Energie, wir fühlen uns dann quicklebendig. Sie dämpfen auch das übliche Geschnatter der Gedanken und geben uns das Gefühl, dass wir unseren Geist beherrschen. (Mihaly Csikszentmihalyi nennt diesen Grad der Versunkenheit den „Flow“ und beschreibt seine positiven Auswirkungen in seinem Buch Flow: Das Geheimnis des Glücks.) Diese Arten der Aktivität reißen uns nicht aus der Gegenwärtigkeit heraus, sie machen uns in Wirklichkeit noch gegenwärtiger. Sie erlauben uns keine Flucht vor unserer inneren Zerrissenheit, sondern können diese heilen. (Wir betrachten diese Aktivitäten später noch genauer.)
Ich rede hier über Aktivitäten, der weder notwendig noch nützlich sind – Aktivitäten, die wir um ihrer selbst willen durchführen und die sich negativ auf uns auswirken. Leider erleben wir den „Flow“ zu selten in unserem Leben. Wir verbringen die meiste Zeit mit passiver Versunkenheit, die uns nicht wirklich herausfordert und bei der wir uns nicht besonders konzentrieren müssen. Wenn wir fernsehen oder im Internet surfen, richten wir unsere geistige Energie nicht aus, deshalb erleben wir auch nicht die Wärme des Wohlbefindens. Tatsächlich geschieht häufig genau das Gegenteil: Nach ein paar Stunden Fernsehen fühlen wir uns unserer geistigen Kraft beraubt, sind innerlich gefrustet und fühlen uns unwohl.
Der Grund dafür, dass die Untätigkeit zu diesem Ergebnis führt – dass wir oft zusammenbrechen, wenn wir zu viel Zeit haben und diese lange mit uns allein verbringen –, ist unsere innere Zerrissenheit. Das Problem liegt darin, dass unser eigener geistiger Raum, den wir betreten, wenn unsere Aufmerksamkeit nicht auf das Außen gerichtet ist, ein recht ungastlicher Ort ist. Unsere „Psyche“, das Bewusstsein, von dem wir glauben, dass es in unseren Köpfen sitzt, ist ein solch unangenehmer Ort, dass es uns schwerfällt, uns dort lange aufzuhalten.
Denken Sie an Eltern, die sich fortwährend in den Haaren liegen. Die Stimmung im Haus ist geladen. Jedes Mal, wenn ihre Tochter im Teenageralter nach Hause kommt, spürt sie eine Atmosphäre der Feindseligkeit. Sie weiß, dass diese jederzeit in offene Aggression umschlagen kann. Jedes Mal, wenn sie mit ihrer Mutter oder ihrem Vater spricht, sind diese gereizt und blaffen sie an. Sie sind so in ihrer gegenseitigen Feindschaft gefangen, dass keine Zeit mehr für die Tochter bleibt. Folglich verbringt sie so viel Zeit wie möglich außerhalb ihres Elternhauses, bei Freunden oder im Park oder in der Fußgängerzone. Sie geht nur dann nach Hause, wenn es absolut notwendig ist – zum Essen und zum Schlafen.
Die feindliche Atmosphäre im Haus ist natürlich die psychische Zerrissenheit, die von der Humanie ausgelöst wird. Sie stößt uns aus uns selbst heraus, so wie die Feindschaft die Tochter aus dem Haus treibt.