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Fall 2 Verliebt, verlobt, verheiratet . . .

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1. Teil:

Die 17-jährige Helena Heine (H) verlobt sich im April nach dreieinhalb wöchiger Bekanntschaft mit dem 21-jährigen Torsten Thiede (T), was sie, im Einvernehmen mit T, ihren Eltern nicht erzählt. Obwohl ein Termin für die Hochzeit noch nicht festgelegt ist, möchte sich H ganz den Hochzeitsvorbereitungen widmen können und kündigt ihre Stellung als Verkäuferin mit Wirkung zum 1. Juli, ohne dies zuvor mit T abgesprochen zu haben. Im Juni erklärt T der H, dass er sie nicht mehr heiraten wolle, da er sie nicht mehr liebe. H ist ab dem 1. Juli arbeitslos. Als H sich ihren Eltern anvertraut, sind sie sehr aufgebracht, versprechen ihrer Tochter aber schon nach kurzer Zeit, dass sie sie, wo sie nur können, unterstützen werden.

Welche Ansprüche hat H gegen T?

Wie wäre es, wenn – zum Entsetzen der Eltern der H – T und H einige Monate später beschließen, es doch noch einmal miteinander zu probieren, sich diesmal feierlich mit der Übergabe von teuren Ringen verloben und H schließlich vom Verlöbnis zurücktritt, weil T – entgegen des gemeinsamen Treuekodex – mit anderen Frauen und Männern (z.T. auch ungeschützt) intime Beziehungen unterhält. Könnte T unter diesen Umständen von H die Rückgabe des von ihm angeschafften Verlobungsringes verlangen?

2. Teil:

In der Folgezeit ändert sich Helenas Lebenseinstellung grundlegend. Sie will nie wieder von einer anderen Person finanziell abhängig sein. Sie zieht von Dassow nach Köln, macht Abitur, studiert Soziologie und findet einen Job als Quartiersmanagerin. Obwohl sie sich nach ihren Erfahrungen mit T nicht mehr hätte vorstellen können, zu heiraten, kommt alles ganz anders, als sie Fiona (F) kennen lernt, die sie für die Liebe ihres Lebens hält. H und F heiraten, wobei F die Hausarbeit vollständig übernimmt und ihre drei Kinder im Alter von 2 bis 9 Jahren versorgt, die aus einer früheren Beziehung stammen. Anfänglich funktioniert ihre in beiderseitigem Einvernehmen getroffene Arbeitsaufteilung auch sehr gut. H erzielt mit ihrer Arbeit ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 2800,– €. F führt ausschließlich den Haushalt und versorgt die Kinder. Nach einem Ehejahr ist H aber mit F’s Arbeitsmoral nicht mehr zufrieden. Sie wirft ihr vor, dass sie den Haushalt dauernd vernachlässigen würde und zieht schließlich aus, als ihre Differenzen unüberbrückbar werden. Als F Unterhalt verlangt, weigert sich H, zu zahlen. Sie meint, dass F ihr aufgrund ihrer nachlässigen Haushaltsführung einen Grund zum Getrenntleben gegeben habe. Außerdem habe sie sich versöhnen wollen, sei aber von ihr nur beschimpft worden und bei der kurzen Ehedauer könne ja wohl keine Unterhaltspflicht bestehen. H findet auch, dass F selbst einer Erwerbstätigkeit nachgehen solle, da sie nichts dafür könne, dass F Kinder zu betreuen habe, sie sei schließlich nicht die Mutter.

Klären Sie in einem Gutachten, ob H ihrer Frau gegenüber zum Unterhalt verpflichtet ist und wenn ja, beziffern Sie bitte auch die Höhe.

Abwandlung I:

Wie wäre es, wenn es zwischen H und F nicht zu Streitereien gekommen wäre und beide (auch noch) gemeinsam Kinder haben wollen würden. Sie einigen sich darauf, dass H Geburtsmutter sein solle. Der gemeinsame Freund Simon Schneider (S) ist zu einer privaten Samenspende bereit, über die sog. Bechermethode (also ohne Geschlechtsverkehr), sofern ihn dadurch keinerlei Vater- bzw. Unterhaltspflichten treffen würden. Dies sichern ihm H und F bereitwillig zu.

Besteht die Möglichkeit für H und F, gemeinsam Eltern des gewünschten Kindes zu werden?

Abwandlung II:

Gehen Sie davon aus, dass sich der gemeinsame Kinderwunsch nicht realisieren ließ und sich H und F nach zehn Jahren gut funktionierender Ehe getrennt hätten. F, deren Kinder inzwischen längst nicht mehr umfassend betreut werden müssen und die nach der Scheidung von H nicht mehr gewillt ist, sich auch weiterhin ausschließlich der Hausarbeit zu widmen, nimmt nach langer engagierter Arbeitssuche einen Job bei einer Sprachlern-App an, bei dem sie 1000,– € verdient. Könnte sie in dieser Situation von H Unterhalt verlangen? Wenn ja, in welcher Höhe? (Die Einkommensverhältnisse von H haben sich nicht wesentlich verändert.)

3. Teil:

Für H’s ältere Schwester Dorothea (D) war Liebe weder ein Grund, noch eine Voraussetzung zum Heiraten. Sie hatte den Kubaner Roberto Diaz (R) kennen gelernt und ihn auf seine Bitte hin im März 1998 – unter Vorlage aller insoweit erforderlichen Unterlagen – geheiratet, damit er in Deutschland bleiben konnte. Beide hatten nie die Absicht, eine Ehe zu führen und lebten auch nur kurz pro forma in einer gemeinsamen Wohnung. Nach vielen Jahren der Freundschaft verliebten sie sich dann allerdings ineinander und zogen im Jahre 2009 zusammen. Am 1. Januar 2011 wurde das erste Kind Viviana (V) geboren, im Juni 2016 folgten die Zwillinge Paolo (P) und Arturo (A). Die kulturellen Unterschiede zwischen D und R, die sich insbesondere in ihren gegensätzlichen Vorstellungen von der Erziehung ihrer Kinder äußerten, führten immer öfter zu Meinungsverschiedenheiten. Im Oktober 2020 zieht R schließlich aus. Er meint, dass zwischen ihm und D sowieso keine wirksame Ehe bestünde und selbst wenn, könnte er sich leicht davon lösen. Er müsste nur erzählen, dass sie ausschließlich deshalb geheiratet hätten, damit er in Deutschland bleiben könne. Selbst wenn er sich damit in Schwierigkeiten bringen könnte, würde er das tun, nur um nicht mehr mit ihr verheiratet sein zu müssen. D holt sich anwaltlichen Rat. Sie will wissen, ob zwischen ihnen tatsächlich keine wirksame Ehe besteht bzw. ob sich R tatsächlich unproblematisch – ohne Scheidung einzureichen – davon lösen kann.

Beachten Sie, dass das EheG von 1946 keine Regelung zur Scheinehe enthielt.

1. Wie wird die Antwort der beratenden Anwältin lauten?
2. Beziffern Sie bitte den im Januar 2021 bestehenden Unterhaltsanspruch des P, des A und der V gegenüber R anhand der abgedruckten Düsseldorfer Tabelle, Stand: 1.1.2021, wenn R’s bereinigtes Nettoeinkommen 3950,– € beträgt und D über eigene Einkünfte in ausreichender Höhe verfügt. Etwaige Bezüge von Kindergeld lassen Sie bitte unberücksichtigt.

Düsseldorfer Tabelle[1] (Stand 1.1.2021)

A. Kindesunterhalt

Nettoeinkommen des/der Barunterhaltspflichtigen (Anm. 3, 4) Altersstufen in Jahren (§ 1612a Abs. 1 BGB) Prozentsatz Bedarfskontrollbetrag (Anm. 6)
0-5 6-11 12-17 ab 18
Alle Beträge in Euro
1. bis 1.900 393 451 528 564 100 960/1.160
2. 1.901-2.300 413 474 555 593 105 1.400
3. 2.301-2.700 433 497 581 621 110 1.500
4. 2.701-3.100 452 519 608 649 115 1.600
5. 3.101-3.500 472 542 634 677 120 1.700
6. 3.501-3.900 504 578 676 722 128 1.800
7. 3.901-4.300 535 614 719 768 136 1.900
8. 4.301-4.700 566 650 761 813 144 2.000
9. 4.701-5.100 598 686 803 858 152 2.100
10. 5.101-5.500 629 722 845 903 160 2.200
ab 5.501 Auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 16.09.2020 – XII ZB 499/19 – wird hingewiesen
Anmerkungen
1. Die Tabelle hat keine Gesetzeskraft, sondern stellt eine Richtlinie dar. Sie weist den monatlichen Unterhaltsbedarf aus, bezogen auf zwei Unterhaltsberechtigte, ohne Rücksicht auf den Rang. Der Bedarf ist nicht identisch mit dem Zahlbetrag; dieser ergibt sich unter Berücksichtigung der nachfolgenden Anmerkungen.
Bei einer größeren/geringeren Anzahl Unterhaltsberechtigter können Ab- oder Zuschläge durch Einstufung in niedrigere/höhere Gruppen angemessen sein. Anmerkung 6 ist zu beachten. Zur Deckung des notwendigen Mindestbedarfs aller Beteiligten – einschließlich des Ehegatten – ist gegebenenfalls eine Herabstufung bis in die unterste Tabellengruppe vorzunehmen. Reicht das verfügbare Einkommen auch dann nicht aus, setzt sich der Vorrang der Kinder im Sinne von Anm. 5 Abs. 1 durch. Gegebenenfalls erfolgt zwischen den erstrangigen Unterhaltsberechtigten eine Mangelberechnung nach Abschnitt C.
2. Die Richtsätze der 1. Einkommensgruppe entsprechen dem Mindestbedarf gemäß der Dritten Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung vom 03.11.2020 (BGBl 2020 I, 2344). Der Prozentsatz drückt die Steigerung des Richtsatzes der jeweiligen Einkommensgruppe gegenüber dem Mindestbedarf (= 1. Einkommensgruppe) aus. Die durch Multiplikation des gerundeten Mindestbedarfs mit dem Prozentsatz errechneten Beträge sind entsprechend § 1612a Abs. 2 S. 2 BGB aufgerundet.
Bei volljährigen Kindern, die noch im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnen, bemisst sich der Unterhlt nach der 4. Altersstufe der Tabelle.
3. Berufsbedingte Aufwendungen, die sich von den privaten Lebenshaltungskosten nach objektiven Merkmalen eindeutig abgrenzen lassen, sind vom Einkommen abzuziehen, wobei bei entsprechenden Anhaltspunkten eine Pauschale von 5% des Nettoeinkommens – mindestens 50 EUR, bei geringfügiger Teilzeitarbeit auch weniger, und höchstens 150 EUR monatlich – geschätzt werden kann. Bei Geltendmachung die Pauschale übersteigender Aufwendungen sind diese insgesamt nachzuweisen.
4. Berücksichtigungsfähige Schulden sind in der Regel vom Einkommen abzuziehen.
5. Der notwendige Eigenbedarf (Selbstbehalt) • gegenüber minderjährigen unverheirateten Kindern, • gegenüber volljährigen unverheirateten Kindern bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, die im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden, beträgt beim nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen monatlich 960 EUR, beim erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen monatlich 1160 EUR. Hierin sind bis 430 EUR für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete) enthalten. Der Selbstbehalt soll erhöht werden, wenn die Wohnkosten (Warmmiete) den ausgewiesenen Betrag überschreiten und nicht unangemessen sind.
Der angemessene Eigenbedarf, insbesondere gegenüber anderen volljährigen Kindern, beträgt in der Regel mindestens monatlich 1400 EUR. Darin ist eine Warmmiete bis 550 EUR enthalten.
6. Der Bedarfskontrollbetrag des Unterhaltspflichtigen ab Gruppe 2 ist nicht identisch mit dem Eigenbedarf. Er soll eine ausgewogene Verteilung des Einkommens zwischen dem Unterhaltspflichtigen und den unterhaltsberechtigten Kindern gewährleisten. Wird er unter Berücksichtigung anderer Unterhaltspflichten unterschritten, ist der Tabellenbetrag der nächst niedrigeren Gruppe, deren Bedarfskontrollbetrag nicht unterschritten wird, anzusetzen.
7. Der angemessene Gesamtunterhaltsbedarf eines Studierenden, der nicht bei seinen Eltern oder einem Elternteil wohnt, beträgt in der Regel monatlich 860 EUR. Hierin sind bis 375 EUR für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete) enthalten. Dieser Bedarfssatz kann auch für ein Kind mit eigenem Haushalt angesetzt werden.
8. Die Ausbildungsvergütung eines in der Berufsausbildung stehenden Kindes, das im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnt, ist vor ihrer Anrechnung in der Regel um einen ausbildungsbedingten Mehrbedarf von monatlich 90 EUR zu kürzen.
9. In den Bedarfsbeträgen (Anmerkungen 1 und 7) sind keine Beiträge zur Kranken-und Pflegeversicherung und keine Studiengebühren enthalten.
10. Das auf das jeweilige Kind entfallende Kindergeld ist nach § 1612b BGB auf den Tabellenunterhalt (Bedarf) anzurechnen.

B. Ehegattenunterhalt

I. Monatliche Unterhaltsrichtsätze des berechtigten Ehegatten ohne unterhaltsberechtigte Kinder (§§ 1361, 1569, 1578, 1581 BGB):
1. gegen einen erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen:
a) wenn der Berechtigte kein Einkommen hat: 3/7 des anrechenbaren Erwerbseinkommens zuzüglich 1/2 der anrechenbaren sonstigen Einkünfte des Pflichtigen, nach oben begrenzt durch den vollen Unterhalt, gemessen an den zu berücksichtigenden ehelichen Verhältnissen;
b) wenn der Berechtigte ebenfalls Einkommen hat: 3/7 der Differenz zwischen den anrechenbaren Erwerbseinkommen der Ehegatten, insgesamt begrenzt durch den vollen ehelichen Bedarf; für sonstige anrechenbare Einkünfte gilt der Halbteilungsgrundsatz;
c) wenn der Berechtigte erwerbstätig ist, obwohl ihn keine Erwerbsobliegenheit trifft: gemäß § 1577 Abs. 2 BGB;
2. gegen einen nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen (z.B. Rentner): wie zu 1a, b oder c, jedoch 50%.
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