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MORITZ

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„Bin ich schön?“

Mit nacktem Oberkörper stand Moritz vor dem Badezimmerspiegel in seinem Elternhaus. Er fingerte mit seinen schlanken Händen in seinen Locken herum, stützte sich auf das Waschbecken und lehnte sich leicht nach vorne, als würde er von dem Spiegelbild eine Antwort erwarten. Er war eher mager – hatte kaum Muskeln, kein Gramm Fett, wie es für einen achtzehnjährigen Jungen normal war, wenn seine Eltern auf eine gute Ernährung achteten und „Hotel Mama“ noch das Zuhause war. Seine Haare waren noch nass vom Duschen und hingen ihm in Strähnen die Stirn hinunter. In seinen Augen reflektierte das Licht des Badezimmerspiegels und glitzerte in der sich ansammelnden Feuchtigkeit seiner unteren Augenlider. Seine Blicke wanderten von seiner Stupsnase, zu den Lippen und hinab zu seinen Schlüsselbeinen, zur Brust und zum Bauch.

Plötzlich vibrierte das Handy und verursachte ein schepperndes Geräusch auf der Spiegelablage. Pinzette und Kamm tanzten im Takt dazu. Moritz schreckte auf und entsperrte es mit einem Wisch. Nur ein ‚like‘ auf Facebook. Von ihm keine Nachricht. Warum auch? Er würde nie erfahren, wie viel er Moritz bedeutete.

„Ich liebe dich“, sagte er mit leiser Stimme, ohne dass der Adressat diese Botschaft je hören würde. Er schüttelte den Kopf, legte das Smartphone beiseite und drehte sich zur Tür, um sich zu vergewissern, dass dort auch niemand stand, der diese Peinlichkeit beobachtete. Dabei war er völlig alleine im Haus.

Moritz war Meister im Verdrängen. Er schob seine Launen und Gefühle auf sein Alter und schloss sie seit seinem fünfzehnten Lebensjahr tief in einer Schublade seines Unterbewusstseins ein. Es würde sich schon ändern. Doch ab und an, besonders, wenn er gerade aufgewacht war, schob seine Sehnsucht selbstständig ihren dunklen Verwahrungsort auf und lugte vorsichtig nach draußen.

Ihm war flau im Magen. Die Party bei seinem besten Freund gestern war lang und exzessiv. Der Geschmack im Mund war schal, doch essen wollte er jetzt nicht. Dazu rebellierte sein Magen noch zu sehr, was seiner Stimmung nicht gerade förderlich war. „Warum muss ich mich auch immer abschießen?“, fragte er sich. Seine Eltern waren im Urlaub, er alleine zu Hause. Er hätte bei ihm schlafen können, es wäre kein Problem gewesen, schließlich hatten alle bei ihm übernachtet. Doch wie hätte er es aushalten können, dass Lukas mit seiner Freundin zusammen im Bett lag und Moritz sich wahrscheinlich irgendwo in dem großen Haus mit einer Flasche billigen Fusels hingesetzt hätte, um sich in seinem Selbstmitleid zu suhlen? Vermutlich wäre es der Hund gewesen, der ihm Gesellschaft geleistet hätte. Er hätte ihn verständnisvoll mit seinen Hundeaugen angeschaut, ohne auch nur ein Wort von dem zu verstehen, was Moritz ihm anvertraute.

Er wischte seine Gedanken weg, schaute noch einmal in sein Spiegelbild, ein, zwei Sekunden lang. Dann begann er, sich die Zähne zu putzen.

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