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Marina

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Das heiße Wasser tat ihr gut und stemmte sich mit aller Kraft gegen ihren Kater. Eigentlich hatte sie nicht viel getrunken, doch ein paar Gläser reichten bei ihr meistens aus, um nur noch kichernde Laute und einen unüberhörbar lauten Geräuschpegel zu entwickeln. Oft sehr zum Leidwesen anderer.

Sie mochte Lukas’ Freunde, sie waren alle ein bisschen schräg. Nicht so wie die Leute in ihrer Stufe, die sich trotz des nur einen Jahres Altersunterschied irgendwie langweiliger entwickelten. Bei ihnen waren die Themen wichtiger. Ihre Mitschüler unterhielten sich lieber über Tennis, den von ihren Eltern gesponserten Neuwagen oder die Bewerbung für ein Medizinstudium. Sie waren eher heranwachsende Karrieretypen als die – nunja, manchmal etwas kindische – Clique rund um Lukas. Sie hatten sich vor ein paar Monaten kennengelernt, als sie auf der verzweifelten Suche nach einer Mitfahrgelegenheit in die Düsseldorfer Altstadt war. Keiner von ihnen hatte damals zwar einen Führerschein, geschweige denn ein Auto, aber immerhin musste sie so nicht alleine mit Bus und Bahn in die Stadt fahren. Schon der Aufenthalt am Düsseldorfer Hauptbahnhof war ihr ein Graus. Sie huschte dort immer schnell durch die langgestreckte Haupthalle, Handy und Geldbeutel fest umklammert, um bloß nicht von irgendeinem herumlungernden Menschen angesprochen zu werden. Und unten an den U-Bahn-Gleisen war es noch schlimmer. Doch damals waren sie zu fünft und konnten schon in der Bahn ausgelassen „vorglühen“, bevor sie umstiegen, um sich in das Getümmel an der „Längsten Theke der Welt“ zu stürzen.

An diesen Abend konnte sie sich kaum noch erinnern, nur an den Morgen danach, als Lukas’ Vater sie morgens im Bett überrascht hatte und mit knallrotem Gesicht und entschuldigenden Worten die Tür schnell wieder hinter sich schloss. Das Frühstück, das seine Eltern an diesem Morgen zubereitet hatten, war beachtlich gewesen, doch eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen sie sich kennenlernen konnten. Meistens waren seine Eltern im Ausland unterwegs, er, ein den Ruhestand hinauszögernder Pensionär, und sie, sein nicht weniger medizinisch kompetentes Anhängsel, und überließen das große Haus sich selbst, Lukas, Bella und mit einem leerstehenden, aber sofort wieder bezugsfertigen Zimmer, das mit Büchern und Sammelobjekten seines Bruders vollgepflastert war.

Jakob hatte sie leider nie kennengelernt. Sie kannte ihn eigentlich nur noch vom Schulhof, aber sie konnte sich nicht mehr an ihn erinnern. Er war einfach zu unauffällig. Zwar hübsch anzusehen, doch irgendwie immer etwas verplant. Ein bisschen beneidete sie ihn. So einen langen Auslandsaufenthalt, wie er ihn genoss, hätten sich ihre Eltern nie leisten können.

Vielleicht war Lukas auch etwas neidisch auf ihn. Zumindest schien das Verhältnis zwischen ihnen nicht das Beste zu sein, aber woran das lag, konnte ihr niemand sagen. Auch Lukas’ Eltern wollten sich zu diesem Thema nicht äußern. Meistens wurde sie harsch abgewürgt oder auf ein „anderes Mal“ vertröstet, wenn sie es anschnitt. Also vermied sie es.

Vor der Badezimmertür wurde laut herumpalavert, dann rumpelte es und das quietschige Lachen von Jan war zu hören. Sie seufzte. So schön und entspannend war die Ruhe, die sie bis eben noch beim Duschen genießen konnte. Offenbar war die Meute draußen nun auch zum Leben erwacht und begann mit akustischen Lebenszeichen zu strotzen. Doch sie entschied sich, ihren Badezimmeraufenthalt noch etwas in die Länge zu ziehen. Sie bückte sich nach vorne und wrang mit beiden Händen ihr pechschwarzes langes Haar aus. Dann türmte sie sich ihre Haarpracht auf dem Kopf auf und griff nach einem Handtuch, das sie sich schon neben der Duschkabine zurechtgelegt hatte. Im Spiegel begutachtete sie ihren Turban und öffnete die Dose einer Körpercreme.

Das Dachfenster war beschlagen vom heißen Dampf und der Schnee knisterte leise, als er auf dem Glas seine Falltiefe erreichte.

„Aua, MANN!“, drang es vom Wohnraum herein. Dann Stöhnen und weiteres Gerumpel.

„MANN! ... ARSCHLOCH!“

Es klopfte an der Badezimmertür.

„Was ist denn da draußen los?“, fragte Marina, immer noch mit dem Eincremen beschäftigt.

„Ich bin’s, Lukas. Bin mal mit Bella draußen. Schmeiß die einfach raus, wenn es hier wieder einigermaßen aussieht.“

„Der Arsch hat mich geboxt!“, rief Jan kleinlaut hinter ihm.

„Ist okay“, antwortete Marina, „wenn ich nachher weg bin, sehen wir uns ja später.“

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