Читать книгу Der Schmied der Franken. Ulfberhts Reise - Sven R. Kantelhardt - Страница 8

Landfried, Moguntia, Holzmonat 792

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»Was wollt ihr?«, fragte Landfried gereizt. Das Jahr war fast um, und er hatte die meiste Zeit davon im sächsischen Sumpf gehockt, ohne die Möglichkeit etwas auch nur im Entferntesten Bedeutungsvolles zu leisten. Auch das Winterquartier in Moguntia ließ keine Abwechslung erwarten. Und nun standen vor ihm zwei Männer, die er noch nie zuvor gesehen hatte. Der eine der beiden, ein älterer Knecht in gebückter Haltung, sah aus, als beuge er lieber fromm die Knie, als das Frankenschwert zu schwingen. Der hoch aufgeschossene Junge neben ihm gefiel ihm besser. Seine scharfen Züge und die schmale Nase unter einem Schopf wilder, blonder Haare verrieten einen echten Franken. Trotz seiner schlechten Laune war der Junge Landfried sympathisch. Aus solchen Jungen wurden die Männer, auf deren Schultern die Macht der Franken ruhte. Umso mehr nagte es ihm an der Seele, als er den Grund für das Kommen dieses ungleichen Paares erfuhr. »Sigiberht?«, fragte er, eher um Zeit zu gewinnen, als weil ihm der Name nichts bedeutet hätte. Sigiberht war ein guter Mann gewesen. Genau so einer, wie sein Sohn zu werden versprach. Treu und fest, einer seiner besten, und es schmerzte ihn, seinen Sohn vom Tod des Vaters unterrichten zu müssen. Noch dazu ein so unnötiger Tod, denn die Sachsen waren damals bereits geschlagen. »Wartet hier«, befahl er den beiden mit rauer Stimme. Eilig schritt er zu einer der hölzernen Hafenbaracken, die als Winterlager dienen sollten. »Mundarik, bring mir Sigiberhts Schwert«, rief er. Der Angesprochene reichte ihm nach kurzem Suchen das in ein Tuch geschlagene Eisen. Landfried nickte und trat zurück in die Sonne.

Einige Krieger hatten sich neugierig um die zwei Fremden geschart. »Điodabalþ!«, rief einer von ihnen freudig. »Schickt dich Vater, um uns abzuholen?«

Der alte Knecht senkte demütig das Haupt.

»Wie geht es dem alten Mann?«, wollte der junge Kerl wissen.

Landfried überlegte kurz, wie sein Name war. Radolf, fiel es ihm sogleich ein. Sohn eines kleinen Edlen, der sich aber mächtig etwas auf seinen Stand einbildete.

»Du bist also Sigiberhts Sohn«, unterbrach er das Gespräch, indem er sich an den Jungen wandte. »Wie heißt du eigentlich?«

»Das ist nur der Sohn eines armen Bauern vom Odanwald«, antwortete Radolf anstelle des Angesprochenen. »Sein Name tut nichts zur Sache!«

Landfried blickte ihn einen Augenblick mit offenem Mund an. Hatte der unverschämte Wichtigtuer ihm tatsächlich gerade erklärt, was er zu tun hatte? Wut stieg in ihm auf. »Wenn ich etwas von dir wissen will, zum Beispiel deinen Namen, der mich allerdings nicht im Mindesten interessiert, dann frage ich!«, wies er ihn mit mühsam unterdrücktem Zorn zurecht. Ohne den knallrot angelaufenen Radolf weiter zu beachten, stellte er sich breitbeinig vor den Jungen, der ihn nun mit weit aufgerissenen Augen anstarrte. »Also, wie heißt du?«

»Ulf­berht, Herr«, antwortete er prompt.

Er war flink, stellte Landfried fest. Mit einer ausholenden Geste schlug er das Tuch über dem Schwert zurück. Der junge Ulf­berht zuckte zurück. Er hatte die zerbrochene Klinge also erkannt. »Sigiberht ist gefallen. Für König Karl und für Franken«, erklärte er.

Der Knecht schluckte hart, doch der Knabe starrte nur auf das zerborstene Eisen. »Wie … wie ist das passiert?«, fragte der fremde Knecht stockend.

»Er geriet in einen Hinterhalt der Sachsen. Einen hat er verwundet, doch dann zerbrach sein Schwert, und so konnten ihn die Sachsen überwältigen. Die meisten von den Schweinehunden haben es mit dem Leben bezahlt, doch zwei haben wir überwältigt und gefangen genommen. Wenn du willst, Junge, zeige ich sie dir?«

Ohne eine Antwort abzuwarten, schritt Landfried voraus durch das Hafentor und den Weg zum Königshof zurück. Der Wachtposten erkannte ihn und trat respektvoll zur Seite. Ulf­berht und Điodabalþ nickte er knapp zu. Landfried trat an den Verschlag mit den gefangenen Sachsen. »Willich«, rief er. »Ich habe mit dir zu reden!«

Der Gerufene hob den Kopf. »Was wollt ihr?«, fragte er mit brüchiger Stimme in ebenso gebrochenem Fränkisch. »Wenn du mich jetzt tötest, bleibt es mir erspart, hier zu verdursten.«

»Du bekommst einen Becher Bier, wenn du dem Jungen hier erzählst, wie sein Vater starb. Du warst dabei. Es war der Mann, dessen Schwert zerbrach, kurz bevor ich euch gefangen nahm«, forderte Landfried mit ruhiger Stimme.

Der Sachse blickte mit zusammengezogenen Brauen auf Ulf­berht. Plötzlich schnellte er nach vorn und griff mit beiden Händen durch das Gitter nach dem Hals des Jungen. Landfrieds Hand fuhr zum Griff seines Schwertes, doch Ulf­berht trat einen Schritt zurück. Der Sachse lachte laut auf. »Nicht mit der Wimper gezuckt hat er. Eure Kinder sind wenigstens mutig, Franke.«

Landfried schnaubte verärgert und zog sein Schwert eine Handbreit aus der Scheide. »Was soll der Unsinn?«, fragte er scharf.

Doch der Sachse antwortete ruhig und ohne den Blick von Ulf­berht zu wenden. »Ich habe ihn nur geprüft. Er ist tapfer wie sein Vater. Wir Sachsen achten Tapferkeit, selbst bei einem Franken. Seinen Vater habe ich auch geachtet, auch wenn ich ihn nach Walhalla geschickt habe. Ich werde dir also erzählen, wie es mit deinem Vater zu Ende ging, Junge. Er starb wie ein Mann, ohne Furcht, mit dem Schwert in der Hand. Ich werde ihn einst in Walhalla wiedersehen, in einer besseren Zeit. Und dafür könnt ihr mir nun einen Becher Bier geben oder es lassen.«

Auf dem Rückweg legte Landfried dem Jungen die Hand auf die Schulter. »Wenn du dereinst zum Heer der Franken stößt, dann frag nach Landfried, dem Sohn des Grafen von Meaux. Du sollst mir immer willkommen sein«, versprach er.

Der Schmied der Franken. Ulfberhts Reise

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