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Hađuwīħ, Brandthof, Weinmonat 792

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Hađuwīħ hatte gewusst, dass er kommen würde. Seit dem Tag, an dem Ulf­berht das zerbrochene Schwert seines Vaters heimgebracht hatte, wartete sie darauf. Sie hatte sich vor diesem Tag gefürchtet, denn nun würde alles noch viel schlimmer werden. Aber vielleicht traf wenigstens Ulf­berht ein glückliches Los, denn was aus ihr selbst und den anderen hungrigen Mündern auf dem Brandthof werden sollte, vermochte sie beim besten Willen nicht zu sagen. Ihre Tochter Berhta könnte sie als Magd nach Lauresham zu den Mönchen schicken. Sie hätte ihr gewünscht, einen Mann zu finden und zu heiraten. Aber das war nun ausgeschlossen, sie würde niemals die Mitgift aufbringen, um einen freien Franken zu ehelichen. Vielleicht würde der Abt ihnen für Berhtas Arbeit wenigstens über den Winter helfen. Und wenn Ulf­berht sich geschickt anstellte, könnte er die Schuld bei dem reichen Nachbarn bis zum nächsten Jahr abtragen? Doch so lange mussten sie erst einmal durchhalten, und dafür war es nötig, einen kühlen Kopf zu bewahren. Hađuwīħ wischte eine Träne aus dem Augenwinkel, drückte ihr Kreuz durch und trat entschlossen aus der niedrigen Tür, Hruođolf, dem Herrn des Nachbarhofes, entgegen.

Der grüßte knapp und sprang vom Pferd. Die Zügel warf er lässig einem seiner Knechte zu. Es war derselbe, der vor wenigen Tagen den völlig verstörten Ulf­berht von seiner ersten Reise nach Moguntia zurückgebracht hatte. »Wir müssen reden«, rief der Hofherr anstelle einer Begrüßung, es klang wie eine Drohung.

»Komm herein und nimm einen Schluck Met«, lud sie ihn ein. Sie legte so viel Freundlichkeit in ihre Stimme, wie sie vermochte, doch Hruođolf ging nicht darauf ein.

»Meine Knechte haben dir den ganzen Sommer über geholfen und auch Saatgut von meinem Korn genommen. Wie willst du diese Schuld nun begleichen?«, fragte er barsch. »Wenn dein Mann noch lebte, hätte ich auf sein Wort bauen können. Aber ohne Mann auf dem Hof …?« Er ließ den Satz in der Luft hängen.

Hađuwīħ senkte den Blick, damit niemand ihre Tränen sehen konnte. Sie war verzweifelt. Und dabei konnte sie dem gierigen Nachbarn eigentlich nichts vorwerfen. Wie könnte er ihr vertrauen? Wie sollte sie als Witwe ganz ohne Hilfe den Hof führen oder gar die Schuld zurückzahlen?

»Ulf­berht wird dir dienen, bis die Schuld abgetragen ist«, erklärte sie und versuchte, ihrer Stimme einen festen Klang zu geben. Das hatte sie eigentlich verhindern wollen. Es war das maximale Zugeständnis, das sie machen konnte. Mehr hatte sie nicht.

Doch Hruođolf schüttelte den Kopf. »Das geht nicht. Er ist nur ein Junge und kann kaum für sein eigenes Essen arbeiten. Und dann hast du niemanden, der sich um deinen Hof kümmern kann. Dagaberht ist zu jung.« Er blickte herum, als suche er nach ihrem zweiten Sohn.

»Das ist nicht deine Sorge«, erwiderte Hađuwīħ mit gesenktem Blick.

»Behalte deinen Jungen bei dir, und übergib den Hof in meine Obhut. Ihr könnt unter meinem Schutz dort weiterhin wohnen«, schlug Hruođolf in einem väterlichen Ton vor, doch seine Augen blitzten vor Gier.

»Unsere Freiheit aufgeben?«, brauste Hađuwīħ auf. »Die Sigiberht mit seinem Leben verteidigt hat? Ich mag zwar nur ein Weib sein, aber eher werde ich verhungern, als alles aufzugeben, wofür mein Mann gestorben ist.«

Hruođolf blickte sie eine ganze Weile finster an. Doch Hađuwīħ blieb stumm, und so sog der reiche Hofherr schließlich scharf die Luft ein. »Also gehört der Junge mir«, schloss er, und seine Stimme ließ nichts Gutes erahnen. »Morgen bei Sonnenaufgang erwarte ich ihn drüben auf meinem Hof. Und erklär ihm, dass er nun zu tun hat, was ich ihm sage. Es ist besser für ihn, wenn er das von Anfang an beherzigt!«

Der Schmied der Franken. Ulfberhts Reise

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