Читать книгу Tanjas Welt Band 5 - Tanja Wekwerth - Страница 14
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Alle meinen es nur gut mit mir …
Оглавление»War ja nur gut gemeint!« Wenn jemand das sagt, ist meistens schon etwas gründlich schief gelaufen. Neulich sagte es meine Schwiegermutter …
Sie hatte mir einen langen, ausführlichen Vortrag über die Ordnung in Schubladen und den Vorzug von Silberputztüchlein gehalten. Bis ich ihr sagte, dass sie sich um ihre eigenen Schubladen kümmern soll und ich sowieso nur eine einzige schwarz angelaufene Suppenkelle besitze.
Da hieß es dann auf einmal beleidigt: »War ja nur gut gemeint. Aber mit dir kann man sowieso nicht reden. Immer nimmst du alles gleich persönlich und machst eine Geschichte draus.« Das habe ich dann allerdings persönlich genommen …
Und der ganze Stress nur, weil es wieder einmal einer nur gut gemeint hat. Wie Robert!
»Guten Morgen«, hörte ich es singen, und ich erwachte unwillig aus meinem Tiefschlaf.
Auf meinem Nachttisch stand eine Tasse Kaffee, auf meinem Bettrand saß frisch rasiert, geduscht und bekleidet mein Ehemann und grinste mich an.
»Moin«, knurrte ich und schloss wieder die Augen, nachdem mir mein Wecker gesagt hatte, dass es sieben Uhr früh war. Mein verschlafenes Großhirn meldete verspätet, dass es Sonntag war, und mein übermüdeter, aber hellwacher Verstand verkündete, dass ich um diese Uhrzeit keine Lust auf Kaffee und rasierte Ehemänner hatte.
»Ich habe dir Kaffeeeee gekoooocht«, flötete Robert. »Und den Tisch gedeeeeckt. Die Kinder warten schon.«
»Mag nicht«, murrte ich schlaftrunken, denn lange Sätze brachte ich noch nicht zustande. Sonntag früh um sieben! Ich bitte Sie! Was soll denn das?
»Hahaha«, lachte Robert munter und kniff mir in die Nase. »Wer will denn da nicht aufstehen?«
Großhirn, Verstand und schlechte Laune hatten sich mittlerweile verbündet, und nur ein wenig Adrenalin dümpelte durch meine Blutbahn.
»Mann!«, rief ich gereizt. »Ich bin es, die nicht aufstehen will, weil es sieben Uhr ist, und ich auch einmal die Woche ausschlafen will!«
Sie können sich denken, was dann kam. »Ich hab’ es ja nur gut gemeint … blabla … wenigstens einmal die Woche ein gemeinsames Frühstück … blabla … immer hast du morgens schlechte Laune … ich hab’ dir sogar Kaffee gekocht …« Und so weiter und so weiter.
Anstatt mich einfach mal schlafen zu lassen. Da Robert sowieso mitsamt Tasse hinausgerauscht war, konnte ich auch noch ein Viertelstündchen schlafen. Das ist am Sonntagmorgen um sieben Uhr ja kein besonders unrealistischer Wunsch.
In unserer Familie schon. Denn kurz darauf hörte ich die Kinder draußen vorbeipoltern.
»Seid doch mal leise!«, rief Sanne direkt vor der Schlafzimmertür. »Mama schläft noch!«
»Selber leise sein!«, brüllte Samuel zurück.
»Ich bin doch leise!«, kreischte Sanne in höchsten Tönen. »Aber ihr seid immer so laut!«
»Bin ich gar nicht!«, meckerte Max und stampfte wohl mit dem Fuß auf, um seine Aussage lautstark zu bekräftigen, denn ein dumpfer Knall erklang.
Nun wetterte die dunkle Stimme meines frühaktiven Ehemannes durch die Wohnung.
»Ich habe euch doch gesagt, dass ihr leise sein sollt!«
Ein verkniffener Blick auf den Wecker verriet mir, dass es zwanzig nach sieben Uhr war.
Ist es zu viel verlangt, wenn eine hart arbeitende Frau einmal in der Woche ausschlafen will? Nein, ist es nicht.
Also schlief ich einfach weiter. Bis polternd die Schlafzimmertür aufgerissen wurde, und Mäxchen mit einem Turm aus Legosteinen am Fußende stand.
»Schlaf nur weiter«, keuchte er, denn so schwer und schief war sein Bauwerk. »Ich schenke dir diesen Turm, damit du was Hübsches zum Ansehen hast, wenn du gleich aufwachst.«
Das war nun wirklich nett und bestimmt ganz besonders gut gemeint. Trotzdem war es erst halb acht. Und immer noch Sonntag.
Ich versuchte weiterzuschlafen, was eine immer größere Herausforderung wurde. Aus dem Kinderzimmer törötete Benjamin Blümchen, aus der Küche hämmerte ein nervtötend gut gelaunter »Gutenmorgen-Sender«, und dann klingelte das Telefon.
Ich war umzingelt von Frühmenschen.
Wer ruft am Sonntagmorgen in der Morgendämmerung bei friedlichen Mitmenschen an? Wer? Meine Schwiegermutter.
Ich hörte Robert antworten: »Ja, Mama. Nein, Mama. Die schläft noch. Ja, Mama. Mit den Kindern gefrühstückt. Tja, Mama. Du weißt doch!«
Was weiß sie? WAS? Wütend riss ich die Augen auf. Muss ich mich immer schuldig fühlen? Was soll das heißen: »Tja, Mama. Du weißt doch …«?
Ich riss die Decke beiseite, dabei ging der schiefe Legoturm zu Bruch, und ich trat auf ein besonders scharfes Lego-Eck-Steinchen, das sich schmerzvoll in meine Fußsohle bohrte. Damit war ich wach!
Ich humpelte kaffeedurstig in die Küche. Robert hatte gerade aufgelegt. »Schöne Grüße von meiner Mutter«, sagte er.
»Wieso ruft die so früh an?«, meckerte ich.
»Es ist halb elf«, antwortete Robert unterkühlt.
»Ach«, machte ich, da hatte ich mich wohl eben verguckt. Na so was!
Robert reichte mir eine Tasse Kaffee. »Sie lässt ausrichten, sie hätte dir so ein Silberputztüchlein besorgt. Du wüsstest schon!«
»Ja, ja«, antwortete ich milde gestimmt, denn es war Sonntag, ich war ausgeschlafen und nahm gerade den ersten Schluck Kaffee. »Sie hat es ja nur gut gemeint …«