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Termine, Termine, Termine!

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So lautet neuerdings die Umschreibung für meinen alltäglichen Wahnsinn. Der Ablauf ganz normaler Tage birgt nämlich eine Vielzahl auf mich einstürmender Herausforderungen …

… denen ich mich spontan zu stellen habe. Oder wie würden Sie es bezeichnen, wenn Sie morgens Butterbrote schmieren, dabei die Englischvokabeln der Tochter abfragen, den einen Sohn (auf Deutsch) ausschimpfen, weil er Unflätiges von sich gibt, den Hund beschimpfen (egal, welche Sprache), weil er wieder klammheimlich auf dem Sofa übernachtet hat. Sich vornehmen, die Schwiegermutter anzurufen, dringend einen Schluck Kaffee brauchen, sich den Kopfzerbrechen, worüber – um Gottes Willen – Sie eine Geschichte schreiben werden und schließlich … Aber halt! Um was geht es jetzt eigentlich gerade? Wie lautete der Anfang dieses Satzes? Nicht, dass Sie jetzt meinen, ich wäre nicht gut organisiert. Ha! Ha! Da kann ich nur lachen. Ich bin die Großmeisterin der Organisation.

Nehmen wir den gestrigen Tag als Beweis. Ich stehe, wie bereits beschrieben, morgens in der Küche, mit einigen Handgriffen beschäftigt, nichts Besonderes. Ich bin routiniert, ich bin eine alte Häsin.

»Hallo«, unterbrach Robert meinen selbstsicheren Gedankenfluss. »Schläfst du etwa im Stehen?«

Nun ja, so muss es tatsächlich ausgesehen haben, in Wahrheit habe ich aber natürlich an all die Termine gedacht, die mich an diesem Tag erwarten würden. Ein Logopäde für Max, ein Orthopäde für Samuel, ein Brittopäde für Sanne. Ha! Ha! Kleiner Scherz. Denn auch für muntere Heiterkeiten ist in meinem Alltag immer Platz. Was wollte ich sagen, bevor ich so lustig wurde?

Ach ja: kein Brittopäde, sondern ein netter Engländer aus dem Nachbarhaus kommt einmal die Woche zu uns, um Sannes Sprachkenntnisse ein wenig zu fördern. Was tut man nicht alles für die lieben Kleinen? Und deswegen auch jede Menge Termine.

»Von nichts kommt nichts«, sagte meine Oma immer. »Gut Ding braucht Weile«, sagte sie außerdem. Aber das scheint irgendwie verjährt. Bei mir dauert nichts eine Weile, ich bin immer auf Zack, immer unter Strom. Und rucki, zucki habe ich alles im Griff. Bei mir werden Einkaufslisten geschrieben, bevor ich einkaufen gehe. Dass ich sie eigentlich fast immer verloren habe, wenn ich im Supermarkt ankomme, soll das Thema einer anderen Geschichte sein. Bei mir machen die Kinder ihre Betten, bevor sie in die Schule gehen. Ich sage es ihnen jedenfalls täglich. Dass sie stattdessen lieber noch mit Lego spielen und vergessen, ihre Zähne zu putzen, ist nun wirklich auch wieder ein anderes Thema.

Wieso bin ich jetzt eigentlich so abgeschweift? Ich wollte etwas über den gestrigen Tag schreiben: Erst hätte ich beinahe Max beim Orthopäden abgeliefert und Samuel zum Logopäden geschleppt. Aber die Jungs haben es gleich gemerkt. Während man sich um ihre Plattfüße und Lispelzungen kümmerte, eilte ich (von wegen »Weile«) zum Bäcker, zur Post, in den Supermarkt. Zwischendurch klingelte das Handy viermal. Dreimal war es Sanne, die mir verbittert mitteilte, dass Englisch eine blöde Sprache sei.

»Oh, Daaarling, stop it, please!«, rief ich in den Hörer und kam mir bei Aldi an der Kasse ganz schön kosmopolit vor. Die Kassiererin sah mich allerdings nicht gerade andächtig an. »Macht siebenunddreißigfuffzich«, sagte sie tonlos, und ich machte mich auf die Suche nach meinem Portemonnaie. Ob es mir auf dem Postamt aus der Tasche gefallen war?

Das Stöhnen vieler Leute in der Warteschlange hinter mir missachtend, hechtete ich aus dem Geschäft, zurück zur Post. Dort fand ich mein Portemonnaie tatsächlich auf dem Fußboden wieder. Leider fehlten die Kreditkarten. Darum würde ich mich später kümmern, denn ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass meine Söhne bereits seit einer Viertelstunde abgeholt werden mussten.

Wenigstens hatte ich die Zeit sinnvoll genutzt und ein Sonnenblumenbrot gekauft.

Schlecht gelaunt wurde ich von meinen beiden Jungs empfangen. »Wo warst du denn so lange?«

»Termine«, keuchte ich, denn das klang besser, als zu sagen, dass ich einen vollen Einkaufswagen bei Aldi stehen gelassen hatte, dass mir meine Kreditkarten geklaut worden waren, und dass ich dreimal mit Sanne auf Englisch telefoniert hatte.

»Termine, Termine, Termine.« Meine neue Zauberformel. Wie heißt das auf Englisch? Dann würde es noch seriöser klingen. Businesslike. Everything under control. Ich nahm mir vor, Sannes Englischlehrer bei Gelegenheit danach zu fragen.

So viel also zum gestrigen Tag. Sie sehen selbst: Viel Unvermutetes strömte auf mich ein.

Und die Schwiegermutter hatte ich dann doch nicht angerufen. Ich musste ja noch einmal einkaufen gehen. Da fällt mir ein, dass ich die Kreditkarten besser sperren lassen sollte. Das mache ich heute. Nachdem ich Sanne zum Reiten, Samuel zum Kung-Fu und Mäxchen zu seinem Freund Karl gefahren habe.

Ich bin echt gut organisiert, selbst mit dieser Geschichte bin ich schon fertig. Alles unter Kontrolle.

Tanjas Welt Band 5

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