Читать книгу Tanjas Welt Band 6 - Tanja Wekwerth - Страница 12

11
Mama, gib den Löffel ab!

Оглавление

Fordern meine Kinder, die seit Kurzem wahre Koch-Experten sind. Leider ist ihr Held Tim Mälzer – und nicht ihre Mutter.

Man kann ja kaum noch den Fernseher einschalten, ohne dass einem eine brutzelnde Pfanne entgegenlacht. Angefangen hat es vor vielen Jahren mit Alfred Biolek, der gemächlich (will sagen: im Schneckentempo) vor sich hin geköchelt hat. Abgelöst wurde er schon längst von kess frisierten jungen Männern, die neckisch mit Zwiebeln jonglieren und sogar beim Hacken von Spinat ein bisschen Testosteron versprühen. Alles auf einmal. Meine Jungs finden diese Typen ausgesprochen »coool« und hängen allabendlich an ihren Lippen. Feuerwehrmann will bei uns auch keiner mehr werden, nur noch Drei-Sterne-Koch.

»Sieh mal, wie schnell der Tim die Petersilie hacken kann!«, ruft Mäxchen und klammheimlich mache ich mir Sorgen um meine Söhne. Ob das normal ist? Müssen kleine Jungs nicht Formel-Eins-Rennen gucken, statt verzückt auf die flinken Finger eines Fernsehkochs zu starren?

»Jetzt kippt er Apfelsaft ins Sauerkraut«, freuen sie sich stattdessen. Auch meine vorpubertäre Tochter Sanne findet Kochsendungen toll. Was hat der ganze Krampf um die Emanzipation gebracht, frage ich mich mit sorgenzerfurchter Stirn, wenn Mädchen sich wieder Gedanken um Tischdekoration machen? Andererseits, sage ich mir, wenn auch die Jungs den Schneebesen schwingen … dann prügelt sich die kommende Generation vielleicht um den Platz am Herd. Während ich mir all diese konfusen Gedanken mache, zersäbelt Tim Mälzer gerade hingebungsvoll eine Mango. »Die kommt jetzt in die Soße«, freut sich Mäxchen.

Das bestätigt Tim Mälzer nickend aus dem Fernseher. »Mango gibt dem ganzen Braten den Kick«, lispelt er freundlich. Es ist nicht nur so, dass ich mir Sorgen um die kommende Generation mache (ein untrügliches Zeichen dafür, älter zu werden), dazu kommt die unangenehme Tatsache, dass ich in letzter Zeit mit sechs Argusaugen in der Küche überwacht werde.

»Was is’ ’n das für ’ne Gurke?«, fragt Samuel und beäugt angewidert mein Küchenmesser.

»Das ist ein Messer«, kläre ich ihn auf und schnippele schneckenlahm an einem Salatkopf herum.

»Tim Mälzer benutzt japanische Messer«, erklärt mir Sanne.

»Schön für ihn«, murre ich und zerre mein uraltes, stinknormales, deutsches Messer durch eine Zwiebel.

»Wie sie das macht«, flüstert Max seinem Bruder ins Ohr. Seine Stimme trieft vor Geringschätzung.

»Sie braucht ein Santoku-Messer«, weist Sanne ihn halblaut zurecht.

»Ich habe alles, was ich brauche«, erwidere ich grimmig und es hört sich an wie Oma Lisbeth aus dem Altersheim. In diesem Moment rutscht die stumpfe Klinge an der Zwiebel ab und das misshandelte Gemüse springt vom Schneidebrett auf den Fußboden. Die Kinder sind sehr amüsiert.

»Santoku heißt auf Deutsch: die drei Tugenden«, sagt Sanne, als sie sich beruhigt hat. »Dieses Messer schneidet Fisch, Fleisch und Gemüse.«

»Grrrr«, knurre ich und denke: Vielleicht schneidet es auch die Kehlen von Fernsehköchen durch.

»Wir gucken jetzt noch ›Das perfekte Dinner‹«, informiert mich Sanne und ich widerspreche nicht, denn ich will gern mit meinem peinlichen, tugendlosen Küchenmesser herumhantieren, ohne dabei ausgelacht zu werden.

Eine halbe Stunde ist es mir vergönnt. Als ich gerade Salatsoße anrühre (primitiverweise mit einer Gabel) strömen die Kinder in die Küche zurück. »Käsepralinen und Flußkrebsschwänze passen einfach nicht zusammen«, sagt Samuel gerade.

Dann verstummt er plötzlich. Stille herrscht in der Küche. Nur das Surren meiner Gabel ist zu hören.

»Was wird denn das?«, fragt Sanne. Ich antworte nicht mehr. Ich werde sie einfach ignorieren.

»Mama«, ruft Mäxchen flehend. »Machst du uns auch mal Zanderfilet mit Kirschen?«

»Ja!«, freut sich Sanne. »Denn Fisch und Frucht harmonieren ganz wunderbar!« Habe ich etwas falsch gemacht?

»Deckt mal bitte den Tisch«, sage ich. Und um das Thema zu wechseln frage ich das, was alle Mütter fragen, wenn sie versuchen, wieder die Oberhand zu erlangen. »Habt ihr eure Schularbeiten gemacht? Habt ihr eure Hände gewaschen?«

»Ja, ja«, lautet wie immer die Antwort. Dann wird es auf einmal hektisch hinter mir am Küchentisch. »Was macht ihr?«, frage ich nervös und schütte Dressing über den Salat, was meine Kinder mit kritischem Blick zur Kenntnis nehmen.

»Zu früh«, zischt Samuel.

»Was macht ihr?«, frage ich wieder.

»Ein bisschen Tisch-Deko muss schon sein«, erklärt Mäxchen pikiert und verteilt eine ganze Playmobil-Polizeistation zwischen den Tellern.

»Jetzt noch ein paar Dinos«, sagt Samuel.

Sanne arrangiert Lavendelstängel, die sie vom Balkon gerupft haben muss, und knotet Satinschleifen um die Gabeln.

Als wir endlich sitzen, erhalte ich fünf Punkte für meinen Salat (»zu salzig«) und zehn Punkte für den fertig gekauften Pudding aus dem Becher (»perfektes Vanille-Aroma«). Zum nächsten Geburtstag wird mir ein Buch von Jamie Oliver in Aussicht gestellt. Oder ein Santoku-Messer.

»Damit aus dir noch mal was wird«, erklärt mir Mäxchen milde lächelnd. Es gibt wohl noch Hoffnung.

Tanjas Welt Band 6

Подняться наверх