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Sind Sie prüde?

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Ich dachte immer, ich wäre es nicht, aber letzten Donnerstag um neun Uhr dreißig wurde ich eines Besseren belehrt.

Um diese Uhrzeit war ich nämlich mit Marie, meiner besten Freundin, in einer großen Wellness-Anlage verabredet.

»Das ist so wunderbar entspannend«, hatte Marie vorher geschwärmt. »Es gibt Kräuter- und Dampfsaunen und Whirlpools. Es ist einfach himmlisch dort, und hinterher bist du ein neuer Mensch.«

Natürlich habe ich Lust bekommen. Dass ich hinterher tatsächlich einen ganz neuen Zug an mir entdecken würde, konnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen. Aber lesen Sie selbst:

Meine Badetasche lässig geschultert, wild entschlossen, auf der Stelle zu relaxen, was das Zeug hält, traf ich mit Marie in dem feudalen Badetempel ein. Die Klänge einer Panflöte waberten beruhigend durch die perlmuttfarben geflieste Eingangshalle. Sehr stilvoll das Ganze. Jetzt schnell in die Umkleidekabine, hinein in den gestreiften Bikini, und dann sollte der Spaß endlich losgehen.

Ehrfürchtig betraten Marie und ich das Zentrum der Entspann-Anstalt. Warme Luft schlug uns entgegen, das Blubbern von Wasser wurde hörbar. »Haaa«, hörte ich mich rufen und verzückt tappte ich in Richtung Becken. Jetzt gleich würde ich versinken in warmen Fluten, jetzt gleich …

»Halt!«, hörte ich eine gestrenge Stimme hinter mir und der Albtraum begann. »Im Sauna- und Wellness-Bereich ist das Tragen von Badebekleidung untersagt«, erklärte mir ein junger Mann (schätzungsweise 25 Jahre jung). Auf seinem T-Shirt hing ein Schild: »JENS-ich-helfe-Ihnen-gern-weiter!«

Fassungslos drehte ich mich zu Marie um. »Pah«, zischte ich ihr zu. »Dieser Jens glaubt doch wohl nicht im Ernst, dass ich mich hier vor ihm ausziehe …« Doch alles, was ich von Marie noch erblicken konnte, waren ihre blanken Hinterbacken. »Marie!«, gellte meine Stimme voller Entsetzen.

»Komm schon«, antwortete Marie und drehte sich um. Vollkommen nackt stand sie vor mir und diesem … Jens, der so tat, als wäre nichts.

»Was ist?«, fragte Marie in aller Unschuld. Und da fiel mir erst auf, dass hier tatsächlich alle, ich wiederhole ALLE, nackt waren, Männer, Frauen, Kinder. Alle, außer Jens, der wohl so was wie ein Bademeister sein musste.

Gerade kam ein dicker Mann an mir vorbei, kratze sich gelangweilt die Brust und schlawenzelte dann in die Dampfsauna. Oder sollte ich besser sagen: schwänzelte?? Du liebe Güte. Und da hinten der Typ, der gerade seinen haarigen Hintern aus einem relativ kleinen Whirlpool reckte, der sah ja aus wie mein Zahnarzt. Nein, bitte nicht.

Marie zerrte von hinten an meinem Bikini-Oberteil. »Komm doch endlich!«, sagte sie. Jens hatte sich inzwischen verdrückt, beobachtete mich aber mit Argusaugen. Denn wenn in diesem Land etwas verboten ist, dann ist es so was von verboten.

»Was ist schlimm daran, wenn ich meinen Bikini anlasse?«, flehte ich.

»Bist du etwa verklemmt?«, fragte Marie. Und dann zuckte sie die nackten Schultern und begab sich zu dem haarigen Zahnarzt in den Whirlpool, der nicht viel größer war als meine Badewanne. Das ist mir viel zu intim, dachte ich, und sogar die Panik, die mich ergriffen hatte, war nackt. Splitterfasernacktü! Ich setze mich nicht nackig zu fremden Männern in warme Wasserbecken. Davon könnte man theoretisch vielleicht sogar schwanger werden. Wer weiß das schon so genau? Und wie sollte ich das dann Robert, dem liebsten Ehemann erklären? Ich würde mich auch nicht zu nackten Frauen in solch einen Bottich hocken, um mich mit ihnen gemeinsam diesen wilden Wasservibrationen auszusetzen. Niemals!

Während ich verkrampft in mein Badetuch gehüllt dastand, winkte Marie vergnügt. Und mir war so, als zwinkerte mir der nackte Zahnarzt zu. So ein Wüstling. Jetzt erhob er sich. Bitte nicht. Eigentlich wollte ich es nicht, aber dann taten meine Augen einfach, was sie wollten und ich starrte ihm … Na ja. Machen wir uns doch nichts vor. Man guckt eben mal eine Etage tiefer, wenn es sich ergibt. Halleluja, mein Zahnarzt war – wie soll ich mich ausdrücken – gut bestückt. Jetzt ging er kalt duschen. Besser so. Eingehend betrachtete ich seine Hinterseite: ein bisschen zu flach für meine Begriffe. Fest stand, dass ich nie wieder seine Praxis betreten würde. Wie könnte ich?

Da kam Marie wieder auf mich zu. »Hier«, rief ich und bedeckte hastig ihre Blöße. »Dein Handtuch.«

»Ich brauche es doch noch gar nicht«, rief sie fröhlich und hüpfte vor mir auf und ab.

»Lass das!«, zischte ich. In diesem Augenblick kam Jens wieder auf uns zu. Bestimmt würde er mir jetzt den Bikini vom Leibe reißen. Denn Vorschrift ist Vorschrift. Doch ich war bereits auf der Flucht. Zurück in die Umkleidekabine. Später, in der Cafeteria, in der ich mich angezogen herrlich entspannen konnte, sagte Marie zu mir, ich wäre prüde. Und Nacktheit wäre etwas Schönes. Na ja. Ich weiß nicht so recht … ich habe lieber etwas an.

Mit herzlichen Grüßen, Ihre verklemmte Tanja Wekwerth

Tanjas Welt Band 6

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