Читать книгу Tanjas Welt Band 6 - Tanja Wekwerth - Страница 8

7
Ein schrecklich netter Hochzeitstag …

Оглавление

… sollte es werden. Doch Hoffnung und Enttäuschung folgen einander leider oft, besonders bei feierlichen Anlässen. Anders herum funktioniert es manchmal auch: Man erwartet gar nichts und alles wird toll. Nicht an diesem Tag.

Der Abend, den ich neulich mit Robert in einem Restaurant verbracht habe, war nämlich alles andere als märchenhaft. Er lässt sich eher unter der Kategorie »Zu hohe Erwartungshaltung mit automatisch anschließendem Ehekrach« einstufen.

Es war unser Hochzeitstag und wir hatten uns ein französisches Restaurant ausgesucht, in dem wir viel Gutes essen und mehrmals mit Champagner auf unsere glückliche Ehe anstoßen wollten.

»Der passende Rahmen«, flüsterte Robert, als wir Platz genommen hatten. Wie richtig. Und eben weil der Rahmen passen musste, ärgerte ich mich über seine Platzwahl. Wir saßen in unmittelbarer Nähe zu den Toiletten, Ich glaubte sogar die Spülung hören zu können, aber es war dann doch der Kellner, der gerade den Champagner in zwei Gläser füllte.

»Auf unser Wohl.« Wir prosteten uns zu, tranken einen Schluck und ich versuchte, mich zu entspannen. Was ist schon eine Toilettentür, wenn man einem so netten Mann gegenübersitzt, der der eigene Ehemann ist.

Was hat er denn da bloß für eine Krawatte ausgesucht, fragte ich mich plötzlich. Ich hasse karierte Krawatten!

»Wieso hast du keine andere Krawatte um?«, quoll es aus meinem Mund.

Erstaunt sah mich Robert an. »Die hast du mir doch zu Weihnachten geschenkt.«

Ich konnte mich nicht erinnern. Solch eine Scheußlichkeit sollte ich verschenkt haben? Wahrscheinlich hatte ich im Weihnachtsstress des vergangenen Jahres einige Päckchen vertauscht, und Onkel Kurt in Darmstadt wundert sich heute noch über die sexy-rote Herrenunterwäsche, die er damals von mir erhalten hat.

Wie dem auch sei – gegenüber einer Klotür und einer karierten Krawatte kann ich mich nicht entspannen. Hochzeitstag hin oder her. Jetzt soll es endlich perfekt sein. In meinem nervösen Magen rumpelt die saure Kohlensäure des Champagners. Gleich bekomme ich Bauchweh.

»Deine Frisur ist ja heute lustig«, murmelt Robert, bevor er sich auf die Speisekarte konzentriert.

MEINE FRISUR IST LUSTIG? Das sagt ausgerechnet einer, der solche Krawatten trägt?

Und was sagt er noch? »Dass die hier nicht Deutsch auf den Speisekarten schreiben können! Das ist reine Angeberei.«

»Wenn man kein Französisch spricht, hat man es eben schwer«, erwidere ich spitz.

»So, so, Madame«, gibt Robert beleidigt zurück. »Was sollen denn bitte ›Cailles au chou‹ sein, hm?«

Ich nehme zu hastig einen Schluck Champagner, verschlucke mich prompt, huste eine Weile herum, ruiniere mir das Augen-Make-up und bekomme Bauchschmerzen.

»Cailles sind … hm … Tauben, glaube ich. Und chou … ah, da kommt ja die Bedienung, dann frag doch die am besten.«

Komplizenhaft grinst Robert eine puppenhaft kleine Kellnerin an. »Meine Frau empfiehlt mir die Täubchen, was meinen Sie dazu?«

»Wir abben keine Taubäään«, näselt die perfekte Kreuzung von Audrey Tautou-Hepburn und bedenkt mich mit einem giftigen Blick aus rehbraunen Scheinwerfer-Augen. Ich verdrehe meine kleinen, ausdruckslosen Schweine-Augen in Richtung der sich immer wieder öffnenden und schließenden Klotür. Als ich wieder hinsehe, hat Audrey all ihre Aufmerksamkeit meinem Mann geschenkt.

Die beiden palavern eine anstrengende Weile lang über Weine, über Vor- und Nachspeisen. Wäre doch Robert mit Audrey essen gegangen, er hätte sich ganz sicher besser unterhalten als mit mir.

»Aaah, Robäääär«, höre ich sie gerade rufen. »Sie sind ein Kenner!« Und dann entschwebt sie endlich elfengleich in die Küche, wo sie hingehört.

»Was sollte das denn?«, gifte ich eifersüchtig über den Tisch. »Seid wann stehst du auf magersüchtige Teenager?«

»Hä?«, macht Robääär mit der karierten Krawatte und geht mir auf die Nerven. In diesem Moment knallt die Toilettentür besonders laut zu, mir fällt auf, dass am Nebentisch geraucht wird, dass ich im Zug sitze, dass ich immer noch nicht weiß, was ›Cailles au chou‹ nun sein sollen. Und dass ich ganz dolles Bauchweh habe und nach Hause ins Bett will. Allein!! Nur mit meiner herzförmigen Wärmflasche. So ist das eben nach zehn Jahren Ehe. Bu-hu-hu, jetzt kriege ich meinen Moralischen.

Robert hat kurz darauf unsere Bestellung wieder annulliert, hat den Champagner bezahlt und dann seiner unter schmerzhaften Blähungen leidenden Ehefrau aus dem Stuhl geholfen. Dass es Blähungen waren, habe ich ihm natürlich verschwiegen, habe etwas vom Blinddarm geflüstert und war sehr zufrieden zu beobachten, wie besorgt mein lieber Mann um mich war. Zu Hause angekommen hat er mir Kamillentee gekocht und ich habe ihm die karierte Krawatte abgenommen und dann war es auf einmal ein richtig netter Hochzeitstag. Auch ohne Wachteln mit Kohl (Cailles au chou). Wer mag denn so was? Und ohne Audrey Tautou-Hepburn.

Tanjas Welt Band 6

Подняться наверх