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Elternabende sind so langweilig …

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Manche Dinge machen mehr Spaß als andere. Zunehmen ist zum Beispiel lustiger als abnehmen, und im Kino zu sitzen ist sehr viel unterhaltsamer als beim Elternabend.

Genau darauf konzentriere ich mich gerade. Ich befinde mich mit eingeschlafenem Gesäß auf einem viel zu kleinen Kinderstühlchen und nehme an Mäxchens Kindergarten-Elternabend teil. Es geht gerade um die Zweckmäßigkeit von Schutzimpfungen. Offenbar ist das ein hoch emotionales Thema. Kann ich nicht verstehen. Wer will sich heutzutage noch mit Mumps, Masern und Röteln rumschlagen, wenn er nicht muss? Aber die Mutter von Lotte sieht das anders.

»Man muss den Körper selbst reagieren lassen«, erbost sie sich. »Impfungen können sehr gefährlich sein!«

Aus meinem Mund dringt ein Gähnlaut, der jäh unterbrochen wird von der vor Empörung zitternden Stimme von Mimis Vater. Er hält einen Vortrag über die Masern. Ich nutze die Zeit, um ein Schälchen Erdnüsse quer über den (niedrigen!) Tisch in meine Nähe zu ziehen.

»Möchte noch jemand eine Tasse Kräutertee?«, fragt die Mutter von Malve.

Nee, denke ich und gehe zu Gummibärchen über, ich hätte lieber ein Glas Rotwein.

Als die Gummibärchen alle sind, hat die Erzieherin wieder das Wort. »Das Sommerfest ist noch zu planen«, sagt sie gerade. »Wir brauchen viele, viele gute Ideen.«

Energisch sauge ich an einer Salzstange. Das sieht bestimmt irre kreativ aus. Ist es aber nicht.

»Wir könnten verschiedene Rassel- und Trommelinstrumente herstellen und die Kinder musizieren lassen«, schlägt eine üppige Mutti vor.

»Gute Idee«, murmele ich mit vollen Backen, um auch mal was zu sagen. Nicht, dass ich hier negativ auffalle. Nicht, dass die anderen glauben, ich wäre eine von denen, die sich aus allem raushält. So bin ich gar nicht. Wirklich nicht.

»Prima«, freuen sich Erzieherin und mollige Mutti wie aus einem Munde. »Dann kannst du ja diesen Part übernehmen.«

Ich verschlucke mich an der Salzstange. »Ich?«, rufe ich hustend. »Wieso ich? Es war doch überhaupt nicht meine Idee!«

Die mollige Mutter lächelt mich listig an. »Aber sie hat dir spontan so gut gefallen.«

Toll! Jetzt kann ich mir den Kopf darüber zerbrechen, wie ich heitere Rasseln und Trommeln herstellen werde. Den Rest des Elternabends verbringe ich stumm. Nicht, dass ich auch noch zum Elternbeirat gewählt werde. Das hätte gerade noch gefehlt.

Ein paar Tage später ist wieder Elternabend. Diesmal an Sannes Schule. Wenigstens sind hier die Stühle nicht mehr so zwergenhaft. Dafür gibt es auch keine Gummibärchen.

»Wer führt das Protokoll?«, fragt die Klassenlehrerin Frau Schulz streng.

Alle blicken zu Boden.

Ich fühle den fragenden Blick der Lehrerin auf meinem Scheitel brennen. Und kann es gar nicht mehr aushalten.

Wenn sie mich fragt, werde ich sagen: »Tut mir Leid, Frau Schulz, ich habe heute bereits so viel geschrieben, mir tut schon die Hand weh.« Das kommt doch gut: viel beschäftigte Autorin mit Schreibkrampf.

»Frau Wekwerth, Sie vielleicht?«, höre ich in diesem Augenblick ihre Stimme.

»Ja, o.k.«, flüstere ich ergeben und ärgere mich maßlos über meine Charakterschwäche. Um mich herum wird aufgeatmet.

»Thema Nummer eins: Hausaufgaben«, sagt Frau Schulz, und ich muss schon wieder gähnen. Es geht eine lange Weile hin und her. Zu viele Hausaufgaben finden die einen, zu wenig die anderen. Was denn nun? Sollen sie es mal ausdiskutieren, ich male solange ein paar Blümchen an den Rand.

Irgendwie habe ich auf einmal den Anschluss verpasst, denn inzwischen geht es um die Anschaffung eines Zirkels. Vielleicht bin ich auch kurzfristig eingenickt? Die Ausführung eines schnauzbärtigen Vaters hat mich zu sehr ermüdet. »Meine Güte«, denke ich und male das Haus vom Nikolaus, »kann das Leben langweilig sein.«

»Was erzählen denn die Kinder zu Hause?«, will Frau Schulz jetzt wissen.

»Na«, denke ich. »Das werde ich dir ganz bestimmt nicht sagen.«

»Frau Schulz ist eine blöde Kröte und hat Mundgeruch«, hat Sanne erst heute Morgen am Küchentisch verkündet.

»Frau Wekwerth, Sie lächeln so versonnen«, wendet sich die blöde Kröte, pardon, Frau Schulz an mich. »Was erzählt denn Ihre Sanne so?«

»Ähemmm«, mache ich. Und dann fängt der Schnauzbartvater zum Glück an, über den Sportlehrer zu meckern. Unruhig rutsche ich hin und her. Mir ist so langweilig, dass ich gleich vom Stuhl kippe. Wann war mir das letzte Mal so langweilig? Ich glaube zu Schulzeiten, in der Geschichtsstunde von Frau Drossel.

Zum nächsten Elternabend (dem von Samuel) wird der liebste Ehemann gehen. Ich habe genug. Außerdem muss ich ja noch massenhaft getrocknete Bohnen in Klopapierrollen füllen. Für das Rassel-Trommel-Sommerfest. Schließlich bin ich nicht eine von denen, die sich aus allem raushält.

Tanjas Welt Band 6

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