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Können Sie noch richtig flirten?

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Neulich habe ich seit Jahren mal wieder geflirtet. Es war ganz harmlos. Natürlich! Als verheiratete Frau kenne ich ja meine Grenzen …

Wie es dazu kam? Ich stand mit meinem Auto an einer roten Ampel. Da hupte es neben mir. Ich drehte den Kopf und blickte in die strahlend blauen Augen eines gut aussehenden Mannes in den besten Jahren, der in einem feschen Cabrio saß.

»Hm!«, dachte ich. »Ist irgendwas? Hängt mir eine Wäscheklammer im Haar, oder tropft mir mein Lippenstift übers Kinn?«

Es dauerte eine Weile, bis ich begriff, dass der Mann mit mir flirtete. Er lächelte, dann zwinkerte er mir zu. Und das würde er ja wohl nicht tun, wenn ich ein rotes Kinn hätte oder mein Mantel in der Autotür eingeklemmt wäre. Ich räusperte mich, gab Gas und beschloss, mich wieder auf meine Fahrkünste zu konzentrieren. Kurz darauf überholte mich das Cabrio. Also, dieser Kerl übertrieb es jetzt aber! Gleichzeitig musste ich ein bisschen grinsen. Da wurde ich tatsächlich in meiner zerbeulten Familienkutsche, in der sich Kindersitze und Kuscheltiere stapelten, von einem Oberhecht angebaggert!

Aber nicht mit mir. Ich gab Gas, warf ihm zum Abschied ein Kusshändchen zu, damit er auch verstand, dass jetzt Schluss war, und brauste hupend davon. Bis zur nächsten roten Ampel, an der ich unfreiwillig zum Stehen kam und der Hecht kurz darauf auch. Er deutete mir an, die Fensterscheibe herunterzulassen. Er wollte mir was sagen. Panik!

Einmal zwinkern verpflichtet doch nicht zu einem Gespräch! Was sollte ich tun? Ich beschloss, ihn zu ignorieren und starrte versunken auf die Ampel. Wahrscheinlich fand er das sehr neckisch. Aus dem Augenwinkel sah ich ihn aus seinem Wagen steigen. Noch mehr Panik. Da sprang die Ampel um, und ich raste los, als wäre der Teufel hinter mir her, hetzte in eine kleine Nebenstraße, wie eine Agentin in geheimer Mission, und erreichte über Umwege den Kindergarten meiner Söhne. Ich hatte den Blauäugigen abgehängt und das Gefühl, ein großes Abenteuer bestanden zu haben.

Am Abend erzähle ich Robert, dem liebsten Ehemann, von meinem Erlebnis. Ein wenig geschmeichelt bin ich nämlich, und Robert soll ruhig mal erfahren, dass ich noch einen gewissen Marktwert besitze. Er macht schmale Lippen. »So, so«, sagt er. »Blaue Augen, rote Ampel, weißes Cabrio!«

»Genau!«, rufe ich begeistert. »Bist du eifersüchtig?«

»Ach, i wo!«, knurrt Robert. »Aber dass du dich von so einem … so einem … Machotyp anbaggern lässt, das wundert mich doch.«

»Er hat ja nur gehupt«, verteidige ich meine Ehre und freue mich, dass mein Mann sich ärgert. Aber diese Lektion muss er lernen. Ich bin eine gut aussehende Frau in den besten Jahren, die selbst in einem zerbeulten Auto überzeugt. Eine Frau mit Ausstrahlung und Wirkung.

»Hörst du mir zu?«, fragt Robert und unterbricht damit den Strom meiner Gedanken.

»Was würdest du denn sagen, wenn ich dir erzähle, dass mich heute in der Kantine so eine Grünäugige mit großem Busen angesprochen hat?«

»Waaas?«, kreische ich empört. »Und wie hast du reagiert?«

Er lächelt. Ein bisschen einfältig kommt es mir vor. »Ich habe ihr geantwortet.«

Grüne Augen, großer Busen. Wenn ich das schon höre! Dass Männer immer wieder auf so etwas hereinfallen. Mehr als Kontaktlinsen und eine Hand voll Silikon stecken doch niemals dahinter.

»Bist du eifersüchtig?«, fragt Robert, und am liebsten würde ich ihm dieses selbstgefällige Grinsen aus dem Gesicht kratzen.

»Quatsch!«, schnauze ich. »Was hat sie überhaupt gefragt?«

Bevor Robert antworten kann, klingelt das Telefon. Er geht ran, spricht kurz, legt wieder auf.

»Na?«, stichele ich. »War das Miss Wonderbra?«

»Nein«, antwortet Robert und grinst immer noch so blöd. »Das war der Vater vom kleinen Paul.«

Paul ist ein Kindergartenfreund meiner Söhne. »Na und?«, frage ich desinteressiert.

»Er wollte wissen, ob unsere Jungs nächstes Wochenende bei Paul übernachten dürfen. Und er sagte, dass er dich heute auf der Straße getroffen und mehrfach versucht hat, mit dir darüber zu sprechen …« Robert prustet los. Mein Herz rast, Schamesröte legt sich auf mein Gesicht. Bitte nicht!

»Aber du wärst ihm immer hupend davongefahren und hättest komische Grimassen geschnitten, bis du plötzlich in einer Seitenstraße verschwunden warst!«, fährt Robert erbarmungslos fort. Dann lacht er eine Weile laut vor sich hin.

Ich bin blamiert bis auf die Knochen, dunkelrot angelaufen, eine Frau ohne Ausstrahlung und Wirkung. Nur eine Mutti in einem zerbeulten Auto.

»Lenk nicht ab!«, kreische ich meinen frohlockenden Mann wutentbrannt an. »Wer ist die dicke Schlampe aus der Kantine? Und was hat sie dich gefragt?«

Robert wischt sich Lachtränen aus dem Gesicht. »Sie hat gefragt, ob sie abräumen darf«, kichert er. »Sie ist eine Kellnerin und könnte meine Mutter sein!«

An diesem Abend war es wohl an mir, eine Lektion zu lernen. Wenn mich das nächste Mal einer anhupt, dann starre ich taubstumm auf die Ampel, bis sie wieder Grün zeigt. Und meine Wirkung hebe ich mir für andere Anlässe auf.

Tanjas Welt Band 4

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