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Ein Tag am Meer und die Wahrheit

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Neulich war ich mit meiner Familie am Meer. Mir schwebte ein romantisches Picknick vor, mit ausgedehntem Strandspaziergang, heiteren Ballspielen und abschließendem Sonnenuntergang …

So etwas hatte ich gerade in einer Zeitschrift gesehen: Artige Kinder sammelten da Muscheln in entzückende Blecheimerchen, und glückliche Erwachsene tranken Champagner aus blau getönten Kelchen.

»Das ist nicht das wahre Leben«, sagte Robert, der manchmal sehr fantasielos sein kann. Aber da ich manchmal sehr hartnäckig sein kann, fuhren wir letzten Sonnabend mit voll gepacktem Auto los in Richtung Ostsee.

»Ich habe sogar Windlichter dabei«, schwärmte ich, und Robert verdrehte die Augen.

Als wir endlich angekommen waren, hatte sich die Sonne hinter einer dicken Wolke versteckt, aber sie würde schon wieder hervorkommen. Eifrig stakste ich durch den Zuckersand, mit Korb, Decken und Windlichtern beladen.

»Nun sucht ein paar Strandschätze!«, schrie ich meinen Kindern gegen den böig aufgekommenen Wind entgegen.

Dann versuchte ich vergebens, die karierte Decke auszubreiten, die zuerst immer wieder auf mir kleben wollte und schließlich, nach hartem Kampf, völlig zerknüllt auf dem sandigen Boden lag.

Eine weitere dunkle Wolke schob sich in diesem Moment über den Himmel. Hatte der Wetterbericht nicht etwas von »heiteren fünfundzwanzig Grad« gesagt?

»Da hinten wird es schon hell«, rief ich gut gelaunt und setzte mich auf die beulige Decke, um unser Picknick vorzubereiten. Leider vergeudete ich viel Zeit bei dem Versuch, die Kerzen in den Windlichtern anzuzünden. Robert sah mitleidig auf mich hinab. »Die Fotos in deiner Zeitschrift wurden wahrscheinlich in der Karibik aufgenommen«, sagte er. »Komm, wir suchen uns ein Café und trinken Glühwein!«

»Sei nicht albern«, rief ich, dabei geriet mir etwas Sand in den Mund, und ich knirschte eine Weile mit den Zähnen, bevor ich weitersprechen konnte. »Gleich kommt die Sonne wieder durch.« Dann begann es zu nieseln. Wenn das kein echter deutscher Sommer war! Wenigstens hatten wir den Strand für uns allein.

»Ihr könnt essen kommen!«, rief ich betont munter und goss Apfelsaft in Gläser, die ich dann in den Sand bohrte. Hübsch sah das aus!

Mühsam kamen die windzerzausten Kinder zurückgestapft. »Max hat nasse Füße bekommen«, murrte Sanne. »Und ich kriege gleich Ohrenschmerzen von dem schwachsinnigen Wind.«

»Gehen wir bald nach Hause?«, fragte Samuel und ließ sich erschöpft auf die Decke fallen. Dabei stieß er leider die Schüssel mit dem Nudelsalat um. Während ich das Durcheinander in Ordnung brachte, wurde ich von meinen drei frierenden, aneinander geklammerten Kindern beobachtet. Mein Ehemann starrte derweil verbissen in den Nieselregen.

»So!«, rief ich, und es klang nicht mehr ganz so motiviert. »Das Büffet ist eröffnet.«

»Mir ist kalt!«, nölte Max, und ich sah klares Ostseewasser aus seinen Gummistiefeln schwappen.

»Robert«, flötete ich, so sanftstimmig es ging. »Würde es dir etwas ausmachen, zum Auto zurückzugehen und Mäxchens Ersatzschuhe zu holen?«

Mir die Antwort schuldig bleibend, kämpfte sich mein Mann mit Mäxchen auf dem Arm durch die nächste Windböe, die Dünen hinauf zum Auto.

»Wer will ein Brötchen?«, fragte ich die Übriggebliebenen.

»Wenn wir gegessen haben, dürfen wir dann nach Hause?«, ignorierte auch Sanne meine Frage und beäugte skeptisch die Schicht Sand, die sich am Boden ihres Saftglases abgesetzt hatte.

Der Regen wurde stärker. Die Sonne hatte sich wohl für heute verabschiedet. »Warum ist die Karibik so weit?«, fragte ich mich und wollte heulen. So laut wie der Wind, der die Papierservietten mit sich fortriss und sie übermütig über den einsamen Strand tanzen ließ, was eigentlich ganz hübsch aussah.

»Wo sind Papa und Max?«, fragte Samuel nach einer Weile. Eine gute Frage. Wo waren sie geblieben? Sie hätten längst zurück sein müssen.

Hatte der Wind sie ins offene Meer hinausgetrieben? Traurig stand ich auf.

»Kommt«, sagte ich gegen das Wüten der Wellen. »Wir fahren nach Hause.«

»Jaaaa!«, jubelten die Kinder, und es war der glücklichste Moment des Tages.

Hastig sammelten wir unsere Habseligkeiten zusammen und marschierten durch peitschenden Regen die Dünen hinauf zum Auto, das mollig beheizt war und in dem Robert und Mäxchen gemütlich Musik hörten und Äpfel aßen.

»Da seid ihr ja endlich«, freute sich Robert und ließ den Motor an.

Eilig warf ich die nassen Kinder, den ramponierten Picknickkorb, die karierte Decke und vier nicht benutzte Windlichter ins Auto, und dann fuhren wir ganz schnell davon, bevor ein Orkan uns auf den Meeresgrund ziehen konnte.

Alles, was wir hinterließen, waren ein paar sandige Nudeln am Strand, über die sich die Möwen sicherlich sehr gefreut haben …

Tanjas Welt Band 4

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