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Eine schlimme Zeit

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Die zweite Erinnerung des kleinen Giovanni ist die an den Hunger, den er im selben Jahr erleiden musste. Der Weiler Becchi, in dem das Haus der Familie Bosco lag, bestand aus zehn Häusern, die über eine Anhöhe verstreut waren. Die Gegend war hügelig. Der Blick ging über Weinberge und kleine Wälder. Sie gehörten zum Dorf Morialdo, das fünf Kilometer von dem Marktflecken Castelnuovo d’Asti entfernt war.

Im Jahr 1817 wurde das Hügelland des Monferrato, in dessen Norden Castelnuovo lag, zusammen mit dem ganzen Piemont von einer schweren Hungersnot heimgesucht. Im Frühjahr kam zunächst der Frost, dann folgte eine lange Dürreperiode. Die Ernte war verloren. Auf dem Land herrschte Hunger, großer Hunger. In den Straßengräben fand man verhungerte Bettler, die den Mund voll Gras hatten.

Ein Dokument aus dieser Zeit beschreibt, wie Turin, die Hauptstadt des Piemont, damals eine Invasion von geradezu biblischen Ausmaßen erlebte: Züge von ausgemergelten und zerlumpten Menschen, die ihre Dörfer verlassen hatten, Gruppen von Familien, die aus den Tälern und von den Hügeln herab in die Stadt gezogen waren, wo sie sich vor den Kirchen und Palästen niederließen und die Hand nach Almosen ausstreckten.

Gerade in dieser schlimmen Zeit musste Margherita ihre Familie alleine versorgen. Im Haus waren ihre Schwiegermutter, die gelähmt und daher an den Lehnstuhl gefesselt war, Antonio (neun Jahre), der Sohn aus der ersten Ehe ihres verstorbenen Mannes, und ihre beiden eigenen Kinder Giuseppe und Giovanni (vier und zwei Jahre). Sie, die Bäuerin und Analphabetin, bewies in diesen Monaten Charakterstärke.

„Meine Mutter gab der Familie zu essen, solange sie etwas hatte“, erzählte Don Bosco. „Dann bat sie einen Nachbarn, Bernardo Cavallo, ihr Geld zu leihen, damit sie auf die Suche nach Lebensmitteln gehen konnte. Sie ging auf verschiedene Märkte. Aber selbst zu Wucherpreisen konnte sie nichts bekommen. Nach zwei Tagen kehrte sie am Abend zurück, sehnsüchtig von uns erwartet. Als sie das Geld zurückgab und sagte, dass sie nichts bekommen hatte, überkam sie die Angst. Wir hatten schon seitdem sie fortgegangen war nichts mehr zu essen gehabt. Dann aber fasste sich meine Mutter und sagte: ,Francesco sagte im Sterben zu mir, ich solle auf Gott vertrauen. Knien wir nieder und beten!‘

Nach kurzer Zeit stand sie wieder auf. ,In extremen Fällen muss man zu extremen Mitteln greifen‘, meinte sie. Mithilfe von Bernardo Cavallo ging sie in den Stall, um das Kalb zu schlachten. Dann kochte sie etwas Fleisch und gab es uns zu essen. Wir waren erschöpft. In den folgenden Tagen ließ sie von weither Getreide kommen, zu einem teuren Preis.“

In piemontesischen Bauernfamilien war das Schlachten eines Kalbs bis vor wenigen Jahrzehnten ein Akt der Verzweiflung. Denn ein Kalb, das im Stall groß werden konnte, war eine Geldanlage, die es einem erlaubte, eventuell auftretende schwierige Situationen, wie zum Beispiel eine Krankheit, zu überstehen. Es zu schlachten, bedeutete deshalb, sich der letzten Reserve zu entäußern. Tod, Hunger und Schwierigkeiten – das waren also die ersten Erinnerungen eines Kindes, das später einmal der Vater vieler Waisen werden sollte, ein Vater, der in seinen Häusern vielen Jungen Brot geben würde.

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