Читать книгу Sisis schöne Leichen - Thomas Brezina - Страница 11

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Der schlichte Ziegelbau, vor dem Ida stand, erinnerte an eine Fabrik. Neben der Tür hing ein blank poliertes Messingschild. Ida studierte die Inschrift. Sie hatte gefunden, was sie suchte. Aber was nun? Sie betrachtete nachdenklich die lange Metallstange mit Griff, die zur Türglocke gehörte.

Ida zögerte. Sie konnte unter keinen Umständen einfach anläuten und nach schönen Leichen verlangen. Schon gar nicht so, wie sie aussah. Ihre feine Kleidung und der Sonnenschirm, den sie auf der Schulter trug, verrieten, dass sie nicht aus dieser Gegend war. Bevor sie ihren Wunsch vortrug, wollte sie Amalie Buback erst einmal kennenlernen und prüfen. Die Frau musste verschwiegen sein. Sie könnte herausfinden, in wessen Auftrag Ida unterwegs war. Unter allen Umständen musste sie Tratsch über Elisabeths Wunsch nach schönen Leichen vermeiden.

Schließlich gab sich Ida einen Ruck und zog am Griff. Drinnen hörte sie eine Glocke schellen. Erwartungsvoll blickte sie zur Tür. Niemand öffnete. Nach einer Minute klingelte sie erneut und schließlich ein drittes Mal. Aber niemand kam.

Was sollte sie tun? Der Fiaker, der sie von Schönbrunn nach St. Marx gebracht hatte, wartete an der Ecke. Der Kutscher lehnte beim Vorderrad und hatte die Arme verschränkt. Er starrte nicht in ihre Richtung, aber Ida war sicher, er beobachtete sie aus den Augenwinkeln. Sie hatte den ganzen Weg vergeblich gemacht.

Ein Bursche kam die Straße heruntergelaufen. Er hielt mit der Hand seine Kappe auf dem Kopf, damit sie nicht herunterfiel. Das einfache, weite Hemd und die etwas zu kurzen Hosen ließen vermuten, dass er ein Handwerker war.

Vor Ida blieb der Bursche stehen. »Wollen Sie zu ihr?« Er deutete mit dem Kopf auf die Tür.

»Ich möchte mit Amalie Buback sprechen«, erwiderte Ida.

»Sie ist auf dem Friedhof.«

»Auf dem Friedhof? Nicht in ihrem Atelier?«

»Wir haben einen, der sich erschossen hat und gleich eingegraben wird. Ich muss die größere Kamera bringen. Was weiß ich, wieso. Sie ist da immer sehr heikel.« Er steckte den Schlüssel ins Schloss und sperrte auf. »Sie können drinnen warten, wenn Sie fotografiert werden wollen.«

»Es geht nicht um ein Foto von mir, sondern…« Ida brach ab und fuhr nach einer kleinen Pause fort. »Ich muss persönlich mit Amalie Buback sprechen. Daher möchte ich, dass Sie mich zu ihr führen.«

Wieder zuckte der Bursche mit der Schulter. »Ich hole die andere Kamera.« Er verschwand im Haus.

Durch die offene Tür sah Ida in einen großen, hellen Raum. Licht flutete durch die hohen Fenster und das verglaste Dach. Verschiedene Sitzmöbel standen herum. Bei einem Stuhl ragte eine Stange aus der Lehne, an deren Ende sich eine halbrunde Halterung befand.

Ida hatte so etwas schon einmal gesehen. Wer sich fotografieren ließ, konnte dort seinen Kopf einspannen lassen, um ihn ruhig zu halten.

Aus einem Nebenraum brachte der Bursche die hölzerne Kamera auf einem Stativ. Schwarzer Stoff hing von ihr herab. »Ich hab’s eilig«, sagte er. Nachdem er abgesperrt hatte, lief er die Straße hinauf.

Ida konnte kaum mit ihm Schritt halten. Das lange Kleid war eindeutig ungeeignet für diesen Ausflug.

Sisis schöne Leichen

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