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Elisabeth liebte die kleine Gloriette. Hier konnte sie den Menschen entfliehen, die im Park spazieren durften. Der Zutritt zum Pavillon war nur ihr gestattet und selbst im Hochsommer blieb der Innenraum angenehm kühl. Sie saß an einem kleinen weißen Tisch, der die Form eines Seerosenblattes hatte. Die Sitzfläche der beiden Stühle war ebenso gestaltet. Jedes Mal, wenn sie sich hier zurückzog, bewunderte sie die kunstvollen Wandgemälde und das rosafarbene Marmorbecken an der Wand, aus dem ständig Wasser plätscherte.

»Majestät?«

»Latour, treten Sie ein.«

»Der Gardist bei Ihrem Appartement hat mir gesagt, Sie wären hier.«

»Mein Schicksal ist es, auf Schritt und Tritt beobachtet zu werden.« Sie deutete Latour, Platz zu nehmen. »In diesem Fall ist es ausnahmsweise ein Glück. Wie geht es Gisela und Rudolf?«

»Giselas Aja hat beide zu Bett gebracht. Ich werde später noch einmal nach ihnen schauen.« Latour rang noch ein wenig nach Luft. »Verzeihen Sie, Majestät, aber der Weg herauf ist recht steil.«

Houseguard kratzte an der Tür. Latour stand auf, um ihm zu öffnen. Der riesige Wolfshund ließ sich zu Füßen seiner Herrin auf den Boden sinken. Er seufzte tief und legte den Kopf zwischen die Pfoten.

»Nun erzählen Sie«, verlangte Elisabeth. Ihre Betroffenheit wurde immer größer, je länger Latour sprach.

»Dieses Leid«, sagte Elisabeth leise, nachdem der Lehrer geendet hatte. »Die arme Familie. Ich werde ihnen eine Unterstützung in dieser schweren Zeit zukommen lassen.«

»Ich habe dem Naturkundelehrer den morgigen Tag frei gegeben.«

»Das ist gut so.« Elisabeth seufzte tief und faltete die Hände im Schoß. Als sie aufsah, bemerkte sie Latours besorgte Miene. Sie neigte fragend den Kopf.

»Majestät, ich hoffe, Sie haben nicht den Eindruck, ich hätte meine Kompetenz überschritten.«

»Ich finde diese Art des Lernens ausgezeichnet. Der fürchterliche Vorfall war von niemandem vorherzusehen.« Elisabeth sah die Erleichterung in Latours Gesicht. Sie seufzte. »Der 29. Mai ist also nicht nur für mich ein Trauertag.«

Eine Pause entstand.

»Es war genau heute, am 29. Mai, vor neun Jahren«, sagte Elisabeth, ohne den Oberst anzusehen, »als meine erste Tochter Sophie auf einer Reise durch Ungarn Fieber bekam. Kurz darauf starb sie. Sie war zwei Jahre alt.« Leise fügte sie hinzu: »Ich mache mir bis heute Vorwürfe deswegen.«

»Majestät…« Latour suchte nach Worten.

Elisabeth hob die Hand. »Es gibt keinen Trost. Nur Trauer, mit der man zu leben lernt.«

Sie erhob sich. Houseguard war sofort auf den Beinen. Latour öffnete ihr die Tür und Elisabeth verließ die kleine Gloriette. Während sie ihren Sonnenschirm aufspannte, fragte die Kaiserin: »Ich will Anweisung geben, dass die Familie des Imkers eine Unterstützung erhält. Wie ist der Name?«

»Habe ich das nicht erwähnt?«, fragte Latour zerstreut. »Der Imker hieß Oberland. Alfred Oberland. Er hat in der Hofbibliothek gearbeitet und den Kronprinzen in Musik unterrichtet. Und manchmal«, Latours Stimme wurde leiser, als er sich erinnerte, »spielte er für die kaiserlichen Hoheiten auf der Geige.«

Sisis schöne Leichen

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