Читать книгу 2030 - Thomas Flichy De La Neuville - Страница 14
Der Ausschluss der armen Peripherieländer aus der Währungsunion
ОглавлениеVerkörpert Griechenland die Missstände Europas? Indem dieses Land seine Zahlen schönte, um in die Eurozone aufgenommen zu werden, setzte es sich in frevelhaftem Übermut über das rechte Maß hinweg, welches das Schicksal vorgesehen hatte. Für die alten Griechen hatte dieses Verbrechen einen Namen, Hybris, und löste den gerechten Zorn der Götter aus, Nemesis, um das gestörte Gleichgewicht wiederherzustellen.
Doch nicht nur Griechenland ist mit Vermessenheit geschlagen, sondern die ganze Europäische Union. Gefangen in der Schuldenspirale, unfähig zur Wiederankurbelung der Wirtschaft, die möglicherweise nur eine Abwertung des Euro aus ihrer Lethargie holen kann, gebeutelt von sozialen Unruhen, die den Nährboden für Populismen verschiedenster Couleur bilden, beschließen Athen und Brüssel schließlich eine Scheidung in beiderseitigem Einvernehmen. Natürlich ist die Trennung nicht endgültig: Griechenland bleibt in der EU, aber in einem peripheren Maße, das an Margret Thatchers maximale Forderungen für eine Unabhängigkeit Großbritanniens erinnert.
In der EZB-Zentrale in Frankfurt wird das Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone zum Anlass genommen, um die europäische Einheitswährung grundlegend zu überdenken. Als starke Währung orientiert sich der Euro an der Deutschen Mark17, allerdings hat sich gezeigt, dass die Stabilität dieser Euro-Mark mit den weniger wettbewerbsfähigen Volkswirtschaften der südeuropäischen Länder, deren Handelsbilanzen traditionell defizitär sind, nicht zu gewährleisten ist. Ausgehend von der Feststellung, dass 20 Jahre Scheitern und Hyperinflation eine Verarmung der privaten Haushalte mit sich gebracht haben, verkleinert sich die Eurozone auf die verlässlichsten Mitglieder. Griechenland und Portugal scheiden als erste aus, gefolgt von Italien, Spanien und Zypern, wo der Rubel sich im Alltag durchgesetzt hat.
Der Euro bleibt zwar eine starke und stabile Währung, doch der Vertrauensverlust der privaten Haushalte ist groß. Um dem massenhaften Abziehen von Kapital vorzubeugen, werden die Spareinlagen der Bürger teilweise eingefroren, außerdem die Finanzströme erheblich beschränkt, um das Bankensystem vor dem Zusammenbruch zu retten. Zum Ausgleich erhalten die Sparer Staatsanleihen, die nur schwer konvertierbar sind und deren Wert vergleichbar ist mit dem von toxischen Wertpapieren, was teilweise zu heftigen Protesten führt. Doch dessen ungeachtet ergreifen die Regierungen sehr unpopuläre Maßnahmen, um das Währungs- und Finanzsystem zu stabilisieren.
Um Steuerstreiks vorzubeugen, erfolgt der Steuerabzug nun allgemein an der Quelle. Dadurch wird eine Steuerreform möglich, um neue Steuerzahler zu generieren. Neben einer Mehrwertsteuererhöhung und der Einführung eines Sonderbeitrags zur Finanzierung des Gemeinschaftshaushalts kommt es durch die Einführung der Steuerprogression, die 70 Prozent der Haushalte erfasst, zu einer allgemeinen Verringerung der Lasten, da diese jetzt nicht mehr nur von einem Drittel der Steuerpflichtigen getragen werden, von denen sich übrigens viele aus der Mittelschicht der Bewegung der „Steuerflüchtigen“ angeschlossen hatten.