Читать книгу Karlchen - Thomas Matiszik - Страница 13
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ОглавлениеAls sie erwachte, lag Silke gefesselt und geknebelt auf einem Bett in einem abgedunkelten Raum. Die Schmerzen in ihrem Kopf waren kaum auszuhalten; entweder sie hatte deutlich zu viel Alkohol intus oder jemand hatte ihr … da ging die Tür auf und Karl Ressler stand vor ihr. Er grinste triumphierend. Silke konnte, nachdem sie ein paar Mal gezwinkert hatte, wieder einigermaßen klar sehen und erkannte in seiner linken Hand einen Messerblock. „Du krankes Schwein“, wollte sie sagen, aufgrund des Knebels in ihrem Mund kamen allerdings nur ein paar zusammenhanglose Gutturallaute heraus. „Na, na, wer wird denn gleich so aus der Haut fahren?“, rügte Karl sie. „Immerhin hatten wir in der letzten Nacht doch jede Menge Spaß, und ich finde, du solltest dich etwas dankbarer zeigen, hm?“ Silke verspürte ein Brennen zwischen ihren Beinen; je mehr sie aus ihrer Ohnmacht erwachte, umso schlimmer wurden die Schmerzen. Vor allem aber erinnerte sie sich nun Stück für Stück immer deutlicher an das, was letzte Nacht vorgefallen war.
Es war ihr alles zu schnell gegangen. Karl hatte bereits nach wenigen Sekunden seine Hand in ihrem Schritt und begann zu sabbern. Es war widerwärtig, und Silke hatte sehr, sehr schnell eingesehen, dass es eine Fehlentscheidung war, mit diesem Freak mitzugehen. Er hieß offenbar Karl Ressler, wenn das Namensschild an der Haustür nicht log. Allerdings, und das war das eigentliche Problem, war dieser Freak sicher vierzig Kilo schwerer und zwei Köpfe größer als sie. Ihm mit physischer Kraft entgegenzutreten, war also von vornherein zum Scheitern verurteilt. So versuchte sie es mit Worten: „Hey Cowboy, zieh mal die Handbremse. Wir haben doch noch die ganze Nacht!“ „Du hast recht! Trinken wir auf diese Nacht. Möge sie für uns beide unvergesslich werden!“ Silke leerte das Sektglas in einem Zug und bemerkte dabei, dass sich Karls flirrender Blick zu einer Grimasse verzog.
Die Wirkung der K.-o.-Tropfen setzte schneller ein, als Karl es erwartet hatte. Um ein Haar wäre sein Opfer mit dem Hinterkopf auf den kleinen Marmortisch in seinem Schlafzimmer geknallt und dann wäre es womöglich vorbei gewesen mit der „unvergesslichen Nacht“.
„Was hast du mit mir vor, du Scheusal?“ Karl stakste durch den Raum und ahmte eine helle, panische Frauenstimme nach. Er brach in schallendes Gelächter aus. „Ja, was habe ich wohl mit dir vor …?“ Nachdem Silke das Bewusstsein verloren hatte, legte Karl „Massachussettes“ auf, entledigte sich seiner Kleidung und verging sich an seinem wehrlosen Opfer. Das Gefühl der Macht, das er dabei empfand, war das schönste, das vollkommenste, was Karl jemals erlebt hatte. Er konnte sie biegen wie eine Puppe, konnte ihr Dinge ins Ohr flüstern, sie anschreien, sie schlagen. Was auch immer er tat: Niemand widersprach, niemand leistete Widerstand. Als Barry Gibb den Refrain sang, explodierte Karl und hatte Tränen in den Augen.
Karl stand breitbeinig über Silke und hatte ihr den Rücken zugewandt. Den Messerblock hatte er vor sich aufs Bett gestellt. Nach und nach nahm er die Messer heraus und warf sie, mit gleichbleibendem Schwung, in Richtung Decke. Silke beobachtete das Ganze mit einem immer konkreter werdenden Gefühl von Ohnmacht und Panik. Zwei der Messer prallten von der Decke ab und fielen zurück. Dabei verfehlten sie Karl nur um Haaresbreite. „Eieiei,“ gluckste er, „das wäre fast ins Auge gegangen. So eine Keramikklinge kann böse Wunden verursachen“. Mit höhnischem Gelächter zielte er erneut und warf die beiden Messer abermals Richtung Decke. Diesmal blieben sie stecken. Als Karl vom Bett hinabstieg, hatte Silke freie Sicht auf sein perfides Werk. Die Messer steckten, ovalförmig angeordnet, allesamt in der Holzdecke, direkt über dem Bett, in dem Silke hilflos lag. Wie lange würde es wohl dauern, bis sich die Schwerkraft des ersten Messers bemächtigte?
„Ich werde für ein paar Tage verreisen“, säuselte Karl. „Die letzten Tage waren sehr anstrengend für mich. Du warst nur eine von vielen Kandidatinnen für das hier; letzten Endes hast du mir bei der finalen Entscheidung sehr geholfen. Dafür hab ich mich ja auch schon erkenntlich gezeigt … gewissermaßen. Wie du an den Einstichlöchern in der Decke unschwer erkennen kannst, habe ich diese ,Fallstudie‘ hier schon einmal praktiziert. Das arme Tier sah danach ziemlich schlimm aus. Es hat fast 48 Stunden gedauert, bis das entscheidende Messer hinabgefallen ist und den finalen Stoß gesetzt hat. Ich habe heute versucht, die Anordnung der Messer und die Tiefe der Löcher so hinzukriegen, dass es bei dir nicht ganz so lange dauert. Schließlich bist du kein Tier und warst mir eine wirklich gute Tanzpartnerin. Nun denn: au revoir, cherie!“ Die Tür fiel wenig später wuchtig ins Schloss und löste das erste Messer, das sich in Silkes Wade bohrte.