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Wie wird ein Mensch zu einem Monster? Was bringt jemanden dazu, anderen Menschen Schmerzen zuzufügen, sie so lange zu quälen, bis sie ihren letzten Widerstand aufgeben und froh sind, endlich sterben zu dürfen? Die Sat-1-Doku mit dem reißerischen Titel „Die Bestie in mir“ betrieb Ursachenforschung, stellte Fragen an sogenannte Experten. Verhaltenspsychologen, Profiler und Neurologen standen Rede und Antwort und versuchten, Licht ins Dunkel zu bringen. War Charles Manson bereits als Baby böse? Karl Ressler hatte eine Schüssel Barbecue-Nachos und ein Weizenbier vor sich und schmunzelte. Den letzten Schrei von Silke hatte er vor gut zwei Stunden gehört. Entweder war sie vor Erschöpfung eingeschlafen oder die Messer hatten ihr bereits den Rest gegeben, wobei er eigentlich die Anordnung so konzipiert hatte, dass es noch Stunden dauern musste, bis sie den entscheidenden Stoß verabreicht bekommen sollte. Nun, er musste ohnehin zur Toilette, da konnte er ja auch mal einen Blick in sein Spielzimmer werfen.

Karl legte fast zärtlich ein Ohr an die Tür und lauschte. „How deep is your love?“ klang es aus dem Raum, Karl musste sich ein paar Tränen verdrücken. Dieser Song hatte eine fast magische Wirkung auf ihn. Als Take That sich an „How Deep Is Your Love?“ vergingen, war Karls Wut so groß, dass er eines Nachts bei „Jellineks Record Store“, dem größten CD-Händler im Kreis Unna, einbrach und sämtliche Take-That-Alben kurz und klein schlug.

Silke lag flach atmend auf dem Bett. In ihrer linken Wade steckte immer noch das erste Messer, die Wunde um die Einstichstelle herum sah mittlerweile entsetzlich aus. Immer wieder trat frisches Blut hervor, gemischt mit einer hellen, eitrigen Flüssigkeit. In ihrer rechten Schulter steckte ein zweites Messer, das keine größeren Gefäße verletzt hatte. Karl blickte nach oben zur Decke. Das nächste Messer würde, wie er es ganz richtig berechnet hatte, Silkes Unterleib treffen. Die Wunde würde zwangsläufig dazu führen, dass sie langsam ausblutete …

In diesem Moment erwachte Silke und sah ihn an. Ihr Blick war stark, hatte nichts von Unterwerfung, kein Flehen war in ihren Augen zu sehen. „Ich werde dich niemals in Ruhe schlafen lassen, du widerwärtiges Stück Scheiße! Und auch dann, wenn ich das hier nicht überlebe, wird meine Seele wie ein Damoklesschwert über dir baumeln. Du wirst mein Gesicht niemals vergessen, Karl Ressler!“ Woher wusste sie seinen vollen Namen? Karl hatte ihn nie erwähnt; für einen kurzen Moment beschlich ihn blanke Panik. Wie von Sinnen knallte er die Tür zu und rannte die Treppe hinunter in Richtung Wohnzimmer. Durch die Erschütterung lösten sich drei Messer auf einmal und trafen Silke in Brust, Bauch und Unterleib. Als Karl sie am nächsten Morgen bestrafen wollte, war Silke längst tot. Zum ersten Mal empfand Karl kein Hochgefühl, keinen Triumph, sondern eher einen dumpfen Schmerz, der ihn kurzzeitig ohnmächtig werden ließ.

Karlchen

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