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9. Pläne schmieden

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Beim Frühstück am nächsten Morgen auf der Restaurantterrasse direkt am Pool kam bei mir so richtig Urlaubsstimmung auf. Die Sonne brannte schon ganz schön heiß, obwohl es gerade erst 9.30 Uhr war. Für mich als Mitteleuropäer war das sehr ungewöhnlich, zumal es von der Jahreszeit her hier in Brasilien fast Winter war.

Das Buffet ließ keinen Wunsch offen. Es gab alles, was das Herz begehrte, und selbst der Kaffee schmeckte vorzüglich. So ließ ich mir das Leben schmecken, aber leider nur wenige Augenblicke. Denn sobald Heiko und Melvin auf der Bildfläche erschienen, ging es ums Geschäft. Heute wollten wir uns verschiedene Häuser in der Umgebung von Recife ansehen. Melvin hatte hier bereits eine Vorauswahl getroffen.

Und dann hörte ich zum ersten Mal den Plan, wie insgesamt zwei Tonnen Kokain nach Deutschland geschmuggelt werden sollten: Eine Planierraupe sollte gekauft werden, deren Rahmen aufgeschweißt, mit Kokain gefüllt und wieder verschweißt werden sollte. Dazu hatte Heiko bereits zwei Schweißer-Kollegen engagiert, die abrufbereit in Holland auf ihren Einsatz warteten und sich, sobald wir die Raupe hatten, in das nächste Flugzeug nach Recife setzen würden. Das präparierte Baufahrzeug sollte dann als Hilfsgut deklariert werden, um so zu Aufbauzwecken ins ehemalige Jugoslawien verschifft werden zu können. Mir blieb der Mund offen stehen. Heiko war ein echter Fuchs und hatte wirklich an alles gedacht.

Dafür bewunderte ich ihn.

Zuerst ging es zu Hausbesichtigungen auf die nahegelegenen Hügel des brasilianischen Berglandes, nur wenige Kilometer ins Landesinnere hinein. Das sei viel zu weit ab vom Schuss, schimpfte Heiko. Auch die Häuser zwischen den Zuckerrohrplantagen gefielen ihm nicht, auch wenn der Anblick des tiefgrünen und äußerst fruchtbaren Hinterlandes nahezu paradiesisch war.

Ich genoss die Fahrt in unserem gemieteten Chevrolet. Wir fuhren entlang des Capibaribe-Flusses, der hier in Recife in den Atlantik mündet und bereits einen Weg von rund 240 Kilometern hinter sich hat. Auch weitere Flüsse und ein Kanal prägen das Stadtbild. „Man sagt, Recife sei das Venedig des Südens“, erzählte Melvin und machte mit uns neben den Häuserbesichtigung auch gleichzeitig eine Stadtrundfahrt. Dass er in Brasilien schon öfters Auto gefahren war, merkte man direkt. Er fuhr nach der Devise: Wer zuerst fährt, hat Vorfahrt, und wer zuerst fährt und dabei hupt, braucht gar nicht mehr nach rechts und links zu schauen. Ich versuchte, mich weder auf Melvins brasilianische Fahrweise noch auf den lauten und stinkenden Straßenverkehr zu konzentrieren, sondern die Schönheit der Umgebung in mich aufzusaugen und zu genießen.

Ein Haus als Geschäftszentrale fanden wir an diesem Tag nicht, aber eine Planierraupe, die Melvin auf dem entlegenen Gelände einer Werkstatt entdeckt hatte. Wir wurden mit dem Besitzer schnell handelseinig und somit konnten wir diesen Tag doch noch unter „erfolgreich“ verbuchen. Das müsse gefeiert werden, schlug Heiko vor. Am schönsten Strand der Stadt, dem Praia da Boa Viagem, mit seinen ausgezeichneten Fischrestaurants und den exklusiven Partylokalen. Doch irgendwie hatte sich Unruhe in mir eingenistet und ich konnte noch nicht einmal erklären, warum. Sie war einfach da und trieb mich buchstäblich aus unserem 5-Sterne-Hotel Atlante Plaza hinaus: Sobald wir bei unserer Nobelherberge angekommen waren, packte ich meine Sachen und zog in das einige Kilometer entfernt gelegene Shelton Inn Mar Hotel um. Heiko und der Surinamese fassten sich an den Kopf und fragten sich, ob mir die Sonne ein paar Gehirnzellen zu viel weggebrannt habe, aber das war mir egal. Eine für mich bis dahin namenlose, unsichtbare Fügung geleitete mich zu meiner neuen Unterbringung, und das sollte im Nachhinein auch mein Glück sein.

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