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13. Hausdurchsuchung
ОглавлениеDie Nachbarin der Familie Milleker hatte eine Freundin, die fast jeden Tag zu Besuch kam. Diese traute ihren Augen nicht, als sie am 10.05.1997 um 17.45 Uhr aus dem Küchenfenster schaute. Auf der anderen Straßenseite, vor dem Haus der Familie Milleker, standen gerade etwa zehn Polizeibeamte und diskutierten. Schnell strich sie sich ihre Bluse glatt, zupfte mit den Fingern ihre Dauerwellenlocken zurecht, räusperte sich und eilte hinaus. Das wollte sich die neugierige Dame ganz bestimmt nicht entgehen lassen. Endlich war mal etwas los in dieser sonst so ruhigen Nachbarschaft, in der sie sich fast wie zu Hause fühlte. Irgendjemand musste diesen netten Beamten ja weiterhelfen. Und da ihre Freundin gerade mit dem Hund unterwegs war, war dies wohl ihre Aufgabe.
„Kann ich Ihnen vielleicht helfen?“, flötete sie dem Beamten ins Ohr, der ihr am nächsten stand und der mit den anderen gerade beratschlagte, wie sie am besten zur Hausdurchsuchung in die Wohnung eindringen könnten. Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr sie fort:
„Also, das ganze Haus gehört dem Ehepaar Anton und Ruth Milleker!“ Sie gab ihrer Stimme einen wichtigen Tonfall. „Die wohnen aber momentan auf La Palma, einer der kanarischen Inseln, nicht zu verwechseln mit Palma de Mallorca, was ja die Hauptstadt von Mallorca ist, wenn sie verstehen, was ich meine.“ Dabei kicherte sie etwas nervös, denn plötzlich waren die Beamten verstummt, schauten erst einander etwas verwirrt an, bevor sich alle Blicke auf die Frau richteten.
„Ach, ich habe mich gar nicht vorgestellt. Ich bin die Freundin der Nachbarin von dort drüben und ich hatte eben durch das Küchenfenster alles gut im Blick!“ Nervös strich sie sich eine Locke aus dem Gesicht.
Der Polizeioberinspektor aus Karlsruhe vom Drogendezernat ergriff freundlich das Wort, stellte sich vor, erklärte, dass die Wohnung von Thomas Milleker durchsucht werden solle.
Das klang spannend und die Gelegenheit wollte sie sich ganz bestimmt nicht entgehen lassen. Sie redete ohne Punkt und Komma: „Wenn Sie wollen kann ich Sie begleiten ich bin sehr gut mit den Millekers befreundet und kenne mich bestens in den Wohnungen aus also die Wohnung ganz oben ist an einen jungen Mann vermietet der meistens nicht da ist in der mittleren Wohnung wohnt eine alleinstehende Frau die mir einen sehr guten Eindruck macht und ganz unten das ist die Wohnung von Herrn und Frau Milleker die aber zur Zeit von ihrem Sohn Thomas bewohnt wird der aber momentan nicht da ist ja ich habe ihn seit ein paar Tagen nicht mehr gesehen.“ Punkt. Frau Nachbarin holte tief Luft. Ihr Gesicht hatte sich bei der Ansprache etwas gerötet.
„Haben Sie einen Schlüssel für die untere Wohnung?“, wollte der Polizeioberinspektor wissen.
„Ach, den brauchen Sie nicht! Der Thomas schließt nie ab. Hier auf dem Lande wird nichts geklaut. Da herrscht noch Vertrauen in die Nachbarschaft!“ Und bei diesen Worten schob sie ihr Kinn ein wenig vor und war innerlich schon ein bisschen stolz auf das, was sie eben gerade sagen konnte – auch wenn sie nur die Freundin der Nachbarin war.
„Gut, begleiten Sie uns gerne. Hat Thomas Milleker noch Familie im Ort?“
„Also, er hat noch vier Geschwister, die Eva, den Christoph, den Michael und die Daniele, aber wo die sich alle gerade aufhalten, da bin ich überfragt.“
„Dann wollen wir mal!“, befahl der Oberinspektor seinen Leuten und die zehn Beamten marschierten auf den Eingang zu, Frau Nachbarin im Schlepptau. Es wäre doch gelacht, wenn sie bei dieser Hausdurchsuchung nichts finden würden.